Stunde der Vergeltung (German Edition)
besteigen, und so, wie die Dinge lagen, könnte sich das eine oder andere Stück noch als nützlich erweisen. Außerdem blieb ihr notfalls immer noch die Option, den Schmuck einzuschmelzen und sich einen Geheimvorrat an Gold und Edelsteinen zu sichern. Da ihr das Geld derzeit nur so durch die Finger flutschte, wurde diese Möglichkeit sogar immer wahrscheinlicher.
Sie musste sich eine Waffe besorgen, vorzugsweise mehr als eine. Die McClouds könnten ihr helfen, aber sie hasste die Vorstellung, sie in diese Sache hineinzuziehen. Sie waren so neugierig, so sehr um Tams Sicherheit besorgt. Sie wollte die Familien der McClouds nicht in Gefahr bringen, doch sie würde es tun müssen, für Rachel.
Mit der Verantwortung für eine neugierige Dreijährige, die ständig an ihr klebte, hatte Tam es sich abgewöhnt, verdeckt eine Waffe zu tragen, doch was in dem Bus passiert war, holte sie brutal auf den Boden der Realität zurück. Sie war nachlässig geworden. Sie verpasste sich eine mentale Ohrfeige, als sie mit dem schweren Sitz im Arm neben Janos herlief.
Rachel war schlaff wie eine Puppe. An Janos’ breiter Brust zusammengerollt, sah sie unglaublich klein aus. Er blieb vor einem schwarzen Van mit getönten Scheiben stehen und sperrte ihn ohne Zuhilfenahme eines Schlüssels auf. »Ist das dein Wagen?«, fragte sie.
Sein Blick sprach Bände. »Nein.«
Tam zog die hintere Tür auf, wuchtete den Kindersitz auf seinen Platz und plagte sich wieder mit Gurten und Verschlüssen ab. »Gestohlen?«
Ein weiterer »Was denn sonst?«-Blick zwischen seinen falschen, ungepflegten Fransen hervor. »Geliehen«, sagte er. »Wir werden ihn zu dem Kaufhausparkplatz zurückbringen, wo ich ihn gefunden habe, der Eigentümer muss anschließend nur die Schlösser und die Lenksäule richten lassen. Vielleicht hinterlasse ich sogar etwas Geld für die Reparaturen.«
»Wie nobel von dir.« Tam nahm ihm Rachel aus den Armen. »Man trifft nicht oft einen Autodieb und Mörder mit so viel bürgerlichem Anstand.«
Val hob eine Braue. »Ich tue mein Bestes.«
»Wie bist du vom Parkplatz zum Terminal gelangt?«, fragte sie. »Du warst nicht in meinem Zubringerbus. Und auch nicht auf dem Parkplatz.«
»Ich hatte ein Motorrad im Laderaum des Vans. Und das ist die letzte Frage, die ich im Augenblick beantworte, darum sei einfach still. Versuch, keine Fingerabdrücke an dem Wagen zu hinterlassen, okay? Die Dinge sind schon kompliziert genug. Setz das Kind noch nicht in den Autositz. Hockt euch auf den Boden, bis wir auf der Straße sind.«
Das klang vernünftig, darum setzte sie Rachel vor der Rückbank auf den Boden und kauerte sich neben sie, bis sie spürte, dass der Van anhielt. Das Fenster fuhr summend nach unten, er zahlte die Parkgebühr. Eine Kehrtwende, eine geschmeidige Beschleunigung, und weg waren sie. Tam wurden vor Erleichterung die Knie weich.
»Die Luft ist rein«, sagte er.
Tam hob Rachel in den Autositz und schnallte sie an. Sie nahm ihre feuchtkalten Händchen und rieb sie warm. Es alarmierte sie, wie der Kopf der Kleinen hin und her rollte. Ihr Herz schlug rasend schnell, wie das eines kleinen Vögelchens. Tam fühlte sich schrecklich hilflos.
»Janos, hast du einen Plan?«, fragte sie schroff. »Und beinhaltet er, dass du mir endlich erklärst, was zur Hölle da eben passiert ist?«
»Ja und noch mal ja.« Er schlug wieder diesen supercoolen, unaufgeregten Ton an. »Wir stellen diesen Van auf dem Parkplatz ab, holen mein Auto und fahren auf direktem Weg zu einem komfortablen Hotel, wo wir uns gefahrlos ausruhen und ausführlich über viele Dinge sprechen können, die dich interessieren werden. Das ist der Plan.«
»Warum erzählst du mir nicht jetzt von den Dingen, die mich interessieren, und ich entscheide dann, ob ich Lust habe, mit dir in dieses Hotel zu gehen?«
»Nein«, sagte er. »Jetzt fahre ich. Keine Gespräche.«
»Das ist doch Schwachsinn«, brauste sie auf. »Du scheinst mir ein sehr begabter Multitasker zu sein. Und ich bin jetzt neugierig. Nicht später.«
»Du wirst später noch genauso neugierig sein. Wie geht es dem Kind?«
Ha! Der Meister der Ablenkung. Tam streichelte über Rachels kühle Wange. »Sie ist eiskalt, ihr Herz rast, sie spricht nicht mit mir, sieht mich nicht an. Sie steht unter Schock. Warum fragst du? Mach mir bloß nicht weis, dass du dich um sie sorgst.«
Val fing ihren Blick im Rückspiegel auf und erwiderte ihn mit einem missbilligenden Stirnrunzeln. »Das ist nicht fair.«
Sein
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