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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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einer unkalkulierbaren Gefahr. Sollte es eine Lüge sein, war er sogar noch gefährlicher.
    Tam konnte ihn und seine Organisation nicht auf ihre Freunde loslassen, während sie tranken, feierten, tanzten und ihre Babys zwischen ihren Füßen herumkrabbelten. Sie durfte ihm nicht zeigen, in wessen Obhut sie ihr Kind geben würde. Das konnte er nicht von ihr erwarten. Er würde es an ihrer Stelle auch nicht tun. Niemand mit einem halbwegs funktionstüchtigen Hirn würde das. Es wäre dumm von ihm, die Sache persönlich zu nehmen. Und Val Janos war alles andere als dumm.
    Trotzdem rannen ihr unaufhaltsam die Tränen übers Gesicht und zogen einen Erdrutsch aus Grundierung und Wimperntusche hinter sich her.

11
    Das Satellitentelefon in Vals Tasche vibrierte. Er zählte die Klingeltöne – es waren zwanzig – und blieb dabei jedoch reglos liegen, unfähig, seine Muskeln zu koordinieren. Er war lediglich in der Lage, zu zucken, vor Wut zu kochen und zu warten, stinksauer auf sich selbst, weil es Steele gelungen war, ihn zu überlisten. Und das auch noch mit derart demütigender Leichtigkeit. Es hatte nicht mehr gebraucht als ihren kurzen Rock, die langen Beine, die glänzenden Lippen, die erigierten Brustwarzen.
    Er kämpfte mit sich selbst, bis ihm seine schwachen, bebenden Gliedmaßen wieder gehorchten, dann stemmte er sich in eine sitzende Haltung hoch. Vornübergebeugt kauerte er auf der Bettkante. Wieder meldete sich sein Handy.
    Val ging sofort ran. » Si? Was hast du für mich?«
    Henry antwortete mehrere Sekunden nicht. »Val? Bist du das?«
    »Wer sonst sollte an dieses Handy gehen?«, knurrte er.
    »Deine Stimme hört sich irgendwie merkwürdig an.« Henry konnte sein Misstrauen nicht verbergen. »Was zum Henker ist los mit dir? Bist du betrunken?«
    »Steele hat mir einen Elektroschock verpasst«, gestand er grimmig. »Dann ist sie abgehauen.«
    »Oh.«
    Weiter sagte Henry nichts, trotzdem sah Val vor seinem geistigen Auge, wie sein Freund versuchte, nicht zu grinsen. Das Bild trug nicht dazu bei, seine Stimmung zu heben.
    »Dann hast du sie verloren, wenn ich das richtig verstehe?«, hakte Henry nach.
    »Nicht ganz. Ich habe ihre Wickeltasche mit einem GPS-Tracker verwanzt. Sie sind auf dem Weg zu einer Hochzeit. Ich werde ihnen folgen, sobald ich wieder laufen kann.«
    »Soll ich sie für dich auf dem Monitor observieren?« Henrys Stimme war einen Tick zu beflissen. »Ich habe heute Abend nichts vor, und diese Braut scheint ein echtes Energiebündel zu sein … wenn du mir die Bemerkung gestattest.« Er schmunzelte über seinen eigenen Witz. »Gib mir die Frequenzen, dann werde ich … «
    »Nein«, antwortete Val knapp. »Danke, aber ich übernehme das selbst.«
    »Wie du meinst. Also, willst du jetzt wissen, was ich über Zetrinja in Erfahrung gebracht habe? Oder ist dies gerade ein schlechter Zeitpunkt?«
    Die Aufregung packte ihn und verlieh ihm neue Kraft. »Schieß los.«
    »24. August 1992«, begann Henry. »Oberst Drago Stengl von der Jugoslawischen Volksarmee und seine Geheimpolizei treiben die muslimischen Männer und Jungen in Zetrinja zusammen und erschießen sie. Siebenunddreißig Tote. Die Frauen und Mädchen werden auf Laster verfrachtet und zum Konzentrationslager in Sremska Mitrovica gebracht.«
    Es war eine altbekannte Geschichte. Val hatte zahllose Versionen davon gehört. »Hast du überprüft, ob … «
    »Ja, natürlich. Ich habe im Rathaus angerufen und die Volkszählungslisten gecheckt. Es waren fünf Mädchen im Alter zwischen zehn und zwanzig darunter, alle verwandt mit den Männern und Jungen, die an diesem Tag starben. Bei einer handelte es sich um die Tochter des Goldschmieds Petar Zadro. Sie war damals fünfzehn Jahre alt. Ihr Name lautete – und jetzt halt dich fest – Tamar.«
    Ein Frösteln kroch Val über den Rücken.
    »Aber gerate nicht gleich aus dem Häuschen«, warnte Henry ihn. »Ich persönlich halte das für reinen Zufall. Bei einer Frau wie ihr ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass sie ihren echten Namen behalten hat, vor allem wenn man die vielen verschiedenen Identitäten bedenkt, die sie seither benutzt. Ich müsste selbst dort hinfahren und ein paar Schulfotos aufstöbern, ehe ich mit Sicherheit sagen kann … «
    »Sie ist es«, fiel Val ihm ins Wort. Er war sich hundertprozentig sicher. Und er konnte absolut nachvollziehen, warum Steele es riskieren würde, ihren echten Vornamen zu verwenden. Wenn ein Mensch jahrelang die Existenz eines leeren Blatts

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