Stunde der Wahrheit
durchgebrannt.« James Blick ging ruckartig zu Emma und in diesem Moment hätte sie sich ohrfeigen können, den Lautsprecher angestellt zu haben.
»Also bin ich vorbeigekommen, um nach dir zu sehen. Und was finde ich vor? Eine aufgebrochene Tür. Weißt du, dass ich kurz vor einer Panikattacke stand? Ich dachte schon, Ryan hätte dich entführt oder so was. Bist du etwa bei ihm?« Gott! Konnte sie nicht endlich aufhören, von Ryan zu sprechen?
»Äh nein, ich ...«, sagte Emma und hätte ihrer Freundin am liebsten den Mund zugeklebt. »Ich werde erst mal die Polizei rufen«, unterbrach Rachel sie. Da schüttelte James den Kopf.
»Äh, das ist nicht nötig«, sagte mit einem Blick auf James.
»Wie bitte? Bei dir wurde eingebrochen, Emma.«
»Ich weiß, aber ... hör zu, ich erklär dir alles später, okay? Im Moment ist es wirklich unpassend.« Es war einen Moment still, dann fragte sie.
»Wo bist du?« Und das in einem Ton, als würde sie die Antwort bereits erahnen.
»Bei James.« Wieder Schweigen.
»Oh Mann, ich hoffe, du hast einen triftigen Grund dafür. Gut, ruf mich so schnell wie möglich zurück.« Als sie aufgelegt hatte, sah Emma fassungslos zu James.
»Er hat bei mir eingebrochen. Er …« Sie konnte es nicht glauben. James sprach es nicht aus, doch sein Blick sagte ganz deutlich:
Ich habe dir ja gesagt, mit Liam ist nicht zu spaßen
. Dennoch war Emma schockiert. Klar, er hatte ihr mit einem Besuch gedroht und ja, sie hatte Angst vor ihm, aber dass er seine Drohung wirklich wahr machen würde? Allmählich begriff sie den Ernst der Lage und wie knapp sie einer Entführung seinerseits entgangen war.
»Was wäre passiert, wenn ich zu Hause gewesen wäre?«, fragte sie mit einem flauen Gefühl im Magen.
»Das will ich mir gar nicht vorstellen«, antwortete James mit einem düsteren Blick. Er streckte eine Hand aus, um sie zu berühren, ließ sie dann aber auf halbem Weg wieder sinken, als hätte er es sich anders überlegt.
»Und was machen wir jetzt?«
»Wir treffen uns mit Liam und geben ihm, was er will.« Emma starrte ihn entgeistert an.
»Das ist der einzige Weg, wie er uns in Ruhe lässt«, sagte James achselzuckend. Emma fuhr sich erschöpft durchs Haar und fragte:
»Hältst du es für klug, dich alleine mit ihm zu treffen?«
»Wir werden nicht alleine sein. Als ich dir gesagt habe, dass Liam kein gewöhnlicher Straßengangster ist, habe ich das auch so gemeint. Er will auf meiner Gala heute Abend erscheinen und sich das Geld vor allen Gästen übergeben lassen.« Emma runzelte die Stirn.
»Wie will er das anstellen?«
»Er lässt es sich als Spendengeld überweisen, in Form eines Schecks. So hat er genügend Augenzeugen und ich kann später nicht behaupten, er hätte es mir gestohlen oder mich erpresst.«
»Das glaubt man ja wohl nicht. Dieser verdammte ...«, sagte Emma und ließ den Satz in der Luft hängen. Offenbar hatten sie es hier wirklich mit einem Profi zu tun.
»Wie gesagt. Er weiß, was er tut.«
»Und du traust ihm?«, fragte Emma zweifelnd. »Ich meine, wer sagt dir, dass er nächstes Jahr nicht wieder Geld von dir verlangt?«
»Das mag jetzt vielleicht etwas eigenartig für dich klingen, aber was das angeht, ist Liam ein Ehrenmann. Wenn er ein Versprechen gibt, hält er es auch.« Ehrenmann?, dachte sie skeptisch. Ja, das klang allerdings eigenartig!
»Ich kann nicht zulassen, dass du ihm das Geld gibst, James. Das wäre …«, sagte Emma nach einigen Minuten des Schweigens. Da lehnte sich James nach vorn und zwang ihr Kinn nach oben, so dass sie ihn ansehen musste.
»Was redest du da? Nach allem, was ich dir über Liam erzählt habe und nachdem er bei dir eingebrochen ist? Er wird nicht aufhören, mich zu erpressen und dich zu bedrohen.«
»Aber bisher konntest du dich doch auch vor ihm wehren. Es ist furchtbar zu wissen, dass du ihm das Geld nur wegen mir geben musst.«
»Wegen dir?«, wiederholte er ungläubig.
»Emma, wenn es sein müsste, würde ich ihm mein ganzes Vermögen geben, wenn dich das schützt.«
»Genau das meine ich ja. Wie könnte ich das jemals zulassen?« Er ließ sie los und lehnte sich wieder zurück.
»Ich fürchte, das ist nicht deine Entscheidung.« Da hatte er Recht. Er konnte mit seinem Geld machen, was er wollte. Da konnte sie sich noch so sehr sträuben. Dennoch machte es sie fertig, zu wissen, dass er sich nur wegen ihr breitschlagen ließ. Er hatte sich all die Jahre doch sicher nicht grundlos gegen Liams Forderungen gewehrt
Weitere Kostenlose Bücher