Sturm der Barbaren
hinuntersteigt und hinaustritt auf die Straße des Lauteren Handels.
Forschen Schrittes läuft er den Dreizehnten Hafenweg Ost hinauf und biegt dann in die Straße des Fortwährenden Lichts ein. Er hört Hufschläge hinter sich und wirft einen Blick über die linke Schulter; ein Einspänner kommt näher. Darin sitzen eine Frau in Heilergrün und ein Magier in Weiß, beide scheinen etwa zehn Jahre älter als Lorn zu sein. Keiner von beiden würdigt ihn eines Blickes, als die Kutsche vorbeifährt.
Lorn hat schon fast den nächsten Häuserblock erreicht, da kommt ihm eine weitere offene Kutsche entgegen. Diesmal nicken ihm die beiden Passagiere zu. Der Mann trägt eine Lanzenkämpferuniform mit dem Sternabzeichen eines Kommandanten; die Frau ist in eine elegante Tunika aus grünem Schimmertuch gekleidet und an ihrem Hals glänzt eine silberne Kette mit Smaragden, die weit über die Kutsche hinaus glänzen und funkeln. Lorn erwidert den Gruß mit einem Lächeln und nickt.
Die Sonne schickt sich bereits an, hinter den Bäumen oben am Hügel unterzugehen, als Lorn vor dem Eingang zu Myryans Haus angelangt. Eine kühle Brise weht vom Hafen herauf und verspricht einen kalten Abend. Er lächelt, als er die verblichene goldene Lilie auf dem äußeren Wandschirm erblickt, dann läutet er die Glocke.
Erst öffnet sich der Sichtschlitz und dann die Tür. »Komm herein, Lorn«, begrüßt ihn Myryan herzlich, aber sie bleibt sittsam hinter dem äußeren Wandschirm stehen.
Lorn geht um den Schirm herum und ins Haus, wo Ciesrt neben Myryan steht, seine Hand liegt auf ihrer linken Schulter. Die langen Finger erscheinen seltsam schmal im Vergleich zu Ciesrts großer Gestalt und den breiten Schultern.
Myryan rümpft kaum merklich die Nase, als Lorn sich nähert, und plötzlich zwinkert sie ihm zu.
Lorn lacht innerlich, doch äußerlich verneigt er den Kopf mit einem höflichen Lächeln auf den Lippen. »Schön, dich zu sehen, Ciesrt.« Seine Stimme klingt warm und freundlich.
»Ich freue mich auch, Lorn.« Ciesrt rümpft ebenfalls die Nase und er reibt sie geistesabwesend mit der rechten Hand. »Lange her.« Er deutet auf den linken Torbogen im Flur.
»Danke.« Lorn folgt ihm in den vorderen Wohnraum.
Dort setzen sich Myryan und Ciesrt auf das Sofa und überlassen Lorn den Lehnstuhl. Er macht es sich bequem und wendet sich dem Pärchen zu. »Mir gefällt das Haus. Es ist dir gelungen, etwas daraus zu machen, Myryan.«
»Das stimmt wirklich«, antwortet Ciesrt stolz; er legt wiederum einen Arm um ihre schmalen Schultern und drückt sie. »Sie ist eine wundervolle Gemahlin.«
»Sie ist auch eine wundervolle Schwester«, entgegnet Lorn, »und eine ausgezeichnete Heilerin, wie ich vernommen habe.«
»Sie kocht auch gut, aber bald werden wir eine Köchin bekommen, damit sie mehr Zeit für den Garten hat und hoffentlich bald auch für unsere Kinder.«
»Man hört«, sagt Lorn und sieht dabei Myryan an, »dass du schon viel im Garten gearbeitet hast.«
»Die Erde hinten an der Mauer ist wie geschaffen für Brinn und im Herbst habe ich bereits ein paar Astrapflanzen eingesetzt. Sie fühlen sich stark an …« Die Augen der Heilerin strahlen, als sie ihre Gartenpläne in allen Einzelheiten schildert, »… es ist kalt genug für die Wintersaat, aber dazu brauche ich mehr Kalk … Ciesrt hat mir versprochen, dass er ihn für mich zerkleinert …«
Lorn hört zu und genießt die Begeisterung und die Wärme in der Stimme seiner kleinen Schwester und das Funkeln in ihren Augen, während sie von ihrem zukünftigen Garten spricht.
Plötzlich springt Myryan auf. »Oh … ich muss das Abendessen fertig machen … und ich sitze hier und langweile euch mit meiner Gartenarbeit.«
»Ich höre dir gern zu«, sagt Lorn.
»Sie ist so glücklich darüber, dass wir unseren eigenen Garten haben«, fügt Ciesrt hinzu.
»Unterhaltet euch einfach weiter.« Myryan klopft Ciesrt auf die Schulter. »Ich höre euch von nebenan zu«, meint sie und bleibt im Durchgang noch einmal kurz stehen, bevor sie in der Küche verschwindet.
Beide Männer lächeln.
»Sie hat alles, was eine gute Gemahlin braucht«, schwärmt Ciesrt. »Meine Eltern sind begeistert. Besonders Vater schätzt es sehr, dass sie so vieles weiß und versteht und er sich mit ihr unterhalten kann wie mit mir oder anderen Magi’i.«
»Myryan hatte schon immer eine schnelle Auffassungsgabe«, erzählt Lorn. »Sie ist sehr feinfühlig. Man muss ihr nie etwas zweimal sagen oder laut
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