Sturm der Barbaren
kannst.«
»Du stinkst schon genug.« Sie rümpft die Nase.
»Gut. Dann werden sie mich bereitwillig verdammen.«
»Und mich auch«, fügt Ryalth hinzu.
»Sie kennen dich nicht und sie müssten schon deinen Namen wissen, um unangenehme Frage stellen zu können.«
Sie schüttelt den Kopf und blickt die Straße hinauf. »Ich glaube, ich bin froh, dass ich nicht aus dem Geschlecht der Magi’i stamme.«
Lorn streicht die blaue Tunika glatt. »Du sagtest, ich könnte mich immer in mein mächtiges Elternhaus flüchten.«
»Das klingt, als wäre es das Haus eines inzüchtigen Klans.«
»So schlimm ist es nicht. Meine Schwestern sind nett und meine Eltern auch.«
»Da bin ich ganz sicher.« Ryalth hält inne, dann fährt sie fort: »Ich werde deinen Teil des Geldes aufheben.«
Lorn schüttelt den Kopf. »Es gehört dir. Ich habe doch schon etwas genommen, du hast schließlich das größere Risiko getragen«, übertreibt er.
Sie runzelt die Stirn, sagt aber nichts.
»Ich werde noch einige Gefälligkeiten in Anspruch nehmen müssen, bevor alles vorbei ist. Nimm die Münzen als Vorschuss.« Er lacht übers ganze Gesicht.
»Ich kann mir keine so teuren Gefälligkeiten leisten.«
»Um etwas so Großes werde ich dich nicht bitten.« Er beugt sich zu ihr hinunter und streichelt ihre Wange.
»Nimm das Gold, um dich selbst zu befreien.« Dann drückt er ihre Hand, tritt aus dem Schutz des Baumes und läuft den Hügel hinauf.
Ryalth schluckt und setzt ihren Weg Richtung Osten fort.
Niemand steht beim Seitentor, als Lorn sich rasch die weiße Schülerkleidung überstreift und die blauen Sachen und Stiefel in den Korb zurückwirft, den er anschließend wieder hinter dem kleinen Baum versteckt. Er rückt das Stoffstück in seiner Gürteltasche zurecht, damit die Münzen nicht klimpern, und marschiert dann flott durch den Garten und die Treppe hinauf.
»Du kommst spät, Lorn.« Sein Vater steht auf der obersten Stufe. »Deine Mutter hat sich schon Sorgen gemacht. Es wäre besser, du würdest uns sagen, wenn du ausgehst.«
»Ja, Ser. Es tut mir Leid. Ich habe die Zeit vergessen. Ich hatte nicht damit gerechnet, so spät zu kommen.« Lorns Aussagen sind alle wahr und er passt auf, dass er nicht einmal in die Nähe der Rauchschwaden blickt, die im Südwesten der Stadt aufsteigen.
Sein Vater rümpft die Nase und schüttelt den Kopf. »Das ist ein Händlerduft, oder?«
Lorn versucht verwirrt dreinzublicken.
»Versuch nicht, es mit einer Lüge zu überdecken, Lorn.«
»Ja, Ser. Ich meine … es stimmt. Ein Händlerduft.«
»Weißt du überhaupt, was du da tust? Was ist, wenn …?« Sein Vater wagt den Satz nicht zu Ende zu sprechen.
»Ich pass schon auf. Es wird kein Kind geben«, sagt Lorn wahrheitsgemäß.
»Lorn …« Der Vater schüttelt erneut den Kopf. »Ich hoffe doch, du hast das Mädchen nicht unter Chaos-Zwang gestellt.«
»Nein, Ser. So etwas würde ich ihr niemals antun.«
»Chaos-Zwänge sind verabscheuungswürdig, und mit der Zeit schwächen sie jene, die sie anwenden, und lassen sie anfällig werden für die Zwänge anderer.« Kien spricht mit strenger Stimme.
»Ich habe ihr nichts dergleichen angetan und werde deinen Rat beherzigen, Vater.«
»Gut. Ich wünsche, dass du dies auch im Hinblick auf dein Studium tust. Wenn nicht, wird dich vielleicht der Lanzenkämpferdienst zur Besinnung kommen lassen … obwohl gegenwärtig nicht die günstigste Zeit dafür ist.«
Lorn weiß, dass er nicht noch größeres Interesse an seinem Studium zeigen kann, obwohl er nun schon so weit ist, dass er gern lernt. Er fühlt die Macht, die die Chaos-Übertragung vom Turm zu den Feuerlanzen in sich birgt, und ist gespannt darauf, wie viel Chaos sich in solch eine Waffe pressen lässt. Andererseits begeistert ihn der Gedanke nicht gerade, dass man ihn an der Grenze postieren könnte, wo er dann ernsthaft mit Lanzen und Schwertern kämpfen müsste – auch wenn er unter seinen Mitschülern zu den besten Schwertkämpfern gehört, wie Dettaur, der wohl schon mit einem Schwert in der Hand geboren wurde. Der Einsatz der Klinge im Ernstfall würde in jedem Fall seine Chancen erhöhen, früher zu sterben, als es ihm lieb ist.
»Dann hat Vernt also Recht gehabt … mit den Barbaren?«, fragt er seinen Vater.
»Es hat mehr Angriffe gegeben als jemals zuvor – oder als aus den Aufzeichnungen zu entnehmen ist«, muss sein Vater zugeben. »Und oben im Nordwesten haben sie sogar Bogenschützen eingesetzt.« Ein schwaches
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