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Sturm der Barbaren

Titel: Sturm der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Ser«, meint der Haupttruppenführer.
    »Das könnte sein. Es könnte aber auch schon in ein paar Achttagen geschehen.« Lorn hält inne. »Sagt den Männern von der Zweiten noch nichts davon.«
    »Nein, Ser. Am besten soll Dielbyn es ihnen sagen.« Dubrez lächelt ironisch. »Eine weitere Einheit, eine ganze noch dazu, kann nicht schaden.«
    »Das stimmt.« Lorn wirft einen Blick auf die Ställe, wo einige Lanzenkämpfer noch immer die Pferde striegeln, und dann zu Dubrez. »Ich gehe jetzt zur Krankenstation. Dann suche ich Dielbyn.«
    »Ja, Ser.«
    Lorns Stiefel sind kaum zu hören auf den harten Steinen des Innenhofes, als er an der Nordseite der Unterkunftsbaracken entlanggeht. Er tritt durch die verwitterte und mit der Zeit dunkel gewordene Tür aus Weißeiche. Die Krankenstation besteht aus einem lang gestreckten Raum am Nordende der Unterkünfte mit jeweils zwölf Betten auf jeder Seite. In den mehr als zwei Jahren, die Lorn nun in Isahl stationiert ist, hat er niemals mehr als zwanzig Lanzenkämpfer auf einmal in der Krankenstation gesehen. Seine Heilkräfte hat er immer insgeheim und sehr sparsam angewendet, denn dazu bedarf es ungeheurer Energien, und außerdem möchte er nicht, dass seine Begabung bekannt wird. Mit seinem Vorhaben geht er ein ziemlich großes Risiko ein, aber wenn all die Verwundeten sterben, riskiert er noch größeres Missfallen vonseiten des Majors.
    Drei Lanzenkämpfer sind ausgelagert worden aus der Krankenstation und liegen auf Ersatzliegen vor der Südmauer. Lorn lässt den Blick über den ersten Mann schweifen, der ausgestreckt auf dem Rücken liegt; die Untertunika hat man ihm halb vom Leib gerissen. Mit jedem Atemzug gurgelt es im Rachen des Lanzenkämpfers heftig und er zuckt. Seine Augen stehen weit offen und starren ins Nichts. Der Hauptmann erkennt das weißliche Rot des Chaos, das den Mann umgibt, ein Chaos, so rau und allgegenwärtig, dass Lorn sofort weiß: Der Mann wird noch vor Ende dieses Tages sterben.
    Langsam geht Lorn an dem röchelnden Soldaten vorbei und lässt auch das nächste Bett hinter sich; bei der dritten Liege bleibt er schließlich stehen, dort liegt ein stämmiger blonder Lanzenkämpfer auf einem Pferdehaarkissen, das man mit einem zerschlissenen grauen Baumwolltuch bedeckt hat.
    »Ser?«, fragt der Lanzenkämpfer, der eine Schiene aus Holz und Leder um den linken Unterschenkel trägt.
    »Ich wollte nur sehen, wie es dir geht, Eltak.« Lorn lächelt.
    »Ich werd schon wieder, Ser.«
    »Da bin ich sicher.« Lorn nickt und beugt sich hinunter, damit seine Finger die Schiene berühren können. »Tut es weh?«
    »Nein, Ser.«
    Nur mit Mühe kann Lorn ein klein wenig dunkle Ordnung in sich sammeln, die stark im Gegensatz steht zu dem Klumpen aus rotem Chaos, der genau an der Bruchstelle des Knochens wächst und den es zu verdrängen gilt. Er lächelt immer noch, als er sich wieder aufrichtet. Der Knochen ist zwar eingerichtet und wird heilen und Eltak wird auch wieder gesund werden, aber ein leichtes Hinken wird ihm bleiben. »In einer Jahreszeit reitest du wieder.«
    »Dachte ich mir, Ser.«
    Lorn nickt und geht weiter, vorbei am nächsten leeren Bert zum dritten Lanzenkämpfer. Der knochige junge Mann mit schwarzen, störrischen Haaren sitzt aufrecht in den Kissen, ein Verband ist um seine rechte Schulter gewickelt. Lorn muss tief im Gedächtnis graben, um sich an den Namen des Jungen zu erinnern, obwohl er zu Shofirgs Einheit gehört. Nur wenige Sekunden verstreichen, dann fragt Lorn: »Wie geht es dir, Stynnet?«
    »Hab mich schon besser gefühlt, Ser, und mir ginge es noch besser, wenn ich hier raus könnte.«
    Lorn spürt die roten Chaos-Punkte unter den Narbenstichen und dem Verband. Sie sind zwar noch klein, aber ohne Heiler werden sie wachsen und Stynnet wird sterben wie der ältere Lanzenkämpfer im ersten Bett.
    »Es geht dir nicht so gut, wie du glaubst, Lanzenkämpfer«, meint Lorn freundlich. »Schließ die Augen. Halte sie geschlossen, bis ich es dir sage.«
    »Ser?« Stynnet runzelt die Stirn. Er öffnet den Mund, als wollte er dagegen protestieren.
    »Wenn du willst, natürlich nur …« Lorn hält inne und richtet den Blick fest auf Stynnet. »Lanzenkämpfer … wehr dich nicht. Tu es einfach.«
    Stynnet schluckt. »Ja, Ser.« Er schließt die Augen.
    Lorn legt die Fingerspitzen der linken Hand sanft auf Stynnets Haut über dem oberen Rand des Verbandes. Er versucht sich an das wenige zu erinnern, das er von Myryan und Jerial gelernt hat.

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