Sturm der Herzen
war. Wie konnte sie den Ring seiner Großmutter annehmen, wo sie genau wusste, dass es nicht echt war? Wie sollte sie all die Glückwünsche von Freunden und Familie entgegennehmen - in dem Wissen, dass alles Lüge war?
Ihr war das Herz schwer, sie biss sich auf die Lippen und schaute weg. Lug und Trug beginnen gerade erst, dachte sie schmerzlich. Die Erklärung war nur die erste Lüge von vielen, die noch kommen würden. Die wild entzückten Mienen ihres Sohnes und ihres Schwiegervaters schossen ihr wieder durch den Sinn, und sie fühlte sich noch schlechter.
In den vergangenen paar Stunden war Edmund ihr wie ein Hündchen auf Schritt und Tritt gefolgt, er hatte die ganze Zeit von nichts anderem geredet, als davon wie froh und glücklich er sei, dass sie Mr Sherbrook heiraten würde. »Ich mag Mr Sherbrook sehr«, hatte Edmund immer wieder mit einem sonnigen Lächeln auf dem Gesicht gesagt. »Es wird mir zwar fehlen, auf Manning Court zu leben, aber Sherbrook Hall ist auch ganz nett, und ich kann Großvater ja jederzeit besuchen, wenn ich will. Es ist ja nicht so, als lebten wir viele Meilen auseinander.« Er umarmte sie fest und rief: »Oh, Mutter! Das ist einfach großartig! Ich weiß, dass Mr Sherbrook nicht mein echter Vater sein kann, aber wenn ich schon einen Stiefvater bekommen soll, dann will ich lieber ihn als irgendjemand sonst auf der Welt.«
Jedes Wort, das ihr Sohn aussprach, bohrte sich wie ein Dolch in ihr Herz. Sie war nicht länger in der Lage, den entzückten Ergüssen weiter zu lauschen, und hatte sich in ihre Zimmer geflüchtet. Als sie das Gefühl hatte, sich wieder besser in der Gewalt zu haben, hatte sie ein Bad genommen und sich zum Dinner angekleidet, sie war länger als sonst am Frisiertisch sitzen geblieben, in der Hoffnung, so weiteren Gesprächen über die Verlobung aus dem Weg zu gehen. Aber als sie dann am Abend durch das Haus eilte, um rechtzeitig in den Rosengarten zu kommen, hatte ihr Schwiegervater sie abgepasst. Er hatte ihre Hand in seine genommen und sie von Kopf bis Fuß betrachtet, ein belustigtes Funkeln in den Augen. »Du siehst heute Abend wunderbar aus«, hatte Lord Manning sehr schmeichelhaft festgestellt. »Ich glaube, die Verlobung bekommt dir; ich habe dich nie zuvor so gesehen.« Liebevoll kniff er sie in die Wangen und schalt im Spaß: »Unartiges kleines Kätzchen, dass du so eine wichtige Neuigkeit für dich behalten hast.« Seine Züge wurden weicher, und er erklärte: »Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh mich das macht - nicht nur wegen Mrs Appleton. Du bist zu jung und zu hübsch, um den Rest deiner Tage als Witwe zu verbringen. Sherbrook ist ein feiner Kerl, mir fällt niemand ein, mit dem ich dich lieber verheiratet sähe.« Einen Augenblick flog ein Schatten über sein Gesicht, dann riss er sich zusammen und fügte heiser hinzu: »Hugh würde auch wollen, dass du wieder heiratest. Er wäre unglücklich, wenn er wüsste, dass du dich hier vergraben hast, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er Sherbrook billigen würde. Edmund braucht die Hand eines jüngeren Mannes, als ich es bin, um ihn anzuleiten, und für dich ist es höchste Zeit, wieder einen Ehemann zu bekommen. Sherbrook ist der Richtige für dich.«
Isabel, die sich wie die übelste Hochstaplerin vorkam, blinzelte die Tränen fort und hastete in den Garten. Während sie dagesessen und auf Marcus gewartet hatte, waren ihre Gedanken schmerzlich und unangenehm gewesen, aber sie hatten sie nur in ihrem früheren Entschluss bestärkt. Sie konnte Edmund und Lord Manning nicht so feige täuschen. Wenn sie sich ihre enttäuschten Gesichter vorstellte, wenn die Verlobung nicht zu einer Ehe führte, erschauerte sie. Wie sollte sie ihnen je wieder gegenübertreten? Nachdem sie ihnen Hoffnung gemacht hatte, wie konnte sie sie so schnöde enttäuschen? Nein. Das war ausgeschlossen, ging selbst dann nicht, wenn es eine Ehe bedeutete, die sie nicht wollte. Sie schaute auf den Ring, den er in seinen Fingern hielt, und erinnerte sich nicht ohne Verbitterung daran, dass das alles hier allein seine Schuld war. Sie konnte nichts dafür, dass es jetzt unvorhergesehene Folgen gab, die ihm am Ende nicht zusagten. Der Ring war wie ein Siegel auf ihrem Entschluss, sie holte tief Luft; ihr Weg lag klar und deutlich vor ihr. Marcus wusste es noch nicht, aber es würde keine Auflösung der Verlobung geben. Sie würde ihn heiraten. Möge der Himmel ihnen allen beistehen.
Sie schaute auf den Ring, den er ihr hinhielt,
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