Sturm der Leidenschaft: Er suchte einen verborgenen Schatz - und fand die Liebe seines Lebens (German Edition)
unschuldig und verletzlich.
Seinen kostbaren Neffen im Arm, betrat Graham das Babyzimmer mit seinen fröhlichen gelben Wänden und der meisterhaft geschnitzten Wiege, die Kenneth ihm gebaut hatte. Die Kinderschwester, eine junge Frau, die ein freundliches Gesicht hatte, saß lesend in ihrem schlichten grauen Kleid mit der weißen Schürze auf dem Fenstersitz. Als Graham hereinkam, sprang sie auf.
»Euer Gnaden?«
Statt ihr das Kind zu übergeben, bettete er es selbst behutsam in die Wiege. Dann blieb er neben dem Bettchen stehen, wiegte das Baby sanft und kämpfte mit der Angst in seinem Innern. Die Kinderschwester beobachtete ihn stumm.
Als Michael zuckte und im Schlaf wimmerte, legte er ihm sanft die Hand auf das Köpfchen. »Ich werde nicht zulassen, dass er dir wehtut, Michael! Das schwöre ich dir. Ich reiße ihn in Stücke, sollte er dich jemals auch nur berühren!«, flüsterte er auf Arabisch.
Dann sah er zu der Kinderschwester, die schweigend in der Nähe stand. »Achten Sie darauf, dass niemand außer den Eltern, Jasmine und mir dieses Zimmer betritt. Unter keinen Umständen darf Michael das Kinderzimmer ohne meine Erlaubnis verlassen.«
»Sehr wohl, Euer Gnaden.«
Im Geiste dankte er allen englischen Bediensteten, die verlässlich selbst den absonderlichsten Befehlen ihrer Arbeitgeber gehorchten und keine Fragen stellten.
Ein Klopfen kam von der Tür. Sofort spannte sich jeder Muskel Grahams an. Er fuhr herum, die Arme schützend über die Wiege gebreitet. Stumm sah er, wie der Türknauf sich bewegte, und ihm wurde eiskalt. Die Erinnerungen stürmten auf ihn ein wie fliegende Messer. So ein hübscher Junge …
Die Jambiya , die er in seiner Jacke versteckte, seit er Stranton gesehen hatte, glitt in seine Hand. Vor Schreck hielt die Kinderschwester den Atem an, als sie die blitzende Klinge sah, und beugte sich zur Wiege, um Michael aufzunehmen.
Blitzschnell ließ Graham die Klinge durch die Luft sausen, worauf die junge Frau mitten in der Bewegung erstarrte. »Fassen Sie ihn nicht an!«, warnte er sie. Das Baby, das in diesem Moment aufwachte, wimmerte leise.
Unterdessen eilte Graham zur Tür. Der Knauf drehte sich, und langsam öffnete sich die Tür. In Verteidigungshaltung hielt Graham das Messer bereit und wartete darauf, dass der Eindringling hereintrat. Ein Mann kam ins Zimmer, und Graham hob den Dolch.
»Graham, bitte, nimm die Jambiya herunter, bevor du dich oder meinen Sohn verletzt!«
Er war ungemein erleichtert, als er erkannte, dass es Kenneth und Badra waren. Dennoch nahm er weder den Dolch herunter noch verließ er seinen Posten.
Sein Bruder sah ihn mit seinen leuchtend blauen Augen an. »Lassen Sie uns bitte allein!«, sagte er ruhig zu der Kinderschwester.
Sie huschte an ihnen vorbei zur Tür hinaus, ein grauer Geist in einer blitzsauberen weißen Schürze. Grau wie Jillian. Unsichtbar.
»Was war da unten los?«, fragte Kenneth. Badra hingegen legte eine Hand auf Grahams Arm und sah ihn vollkommen ruhig an.
»So ein hübscher Junge«, wiederholte sie in einem leisen Singsang.
Graham zitterte so heftig, dass der Dolch in seiner Hand bebte. »Nein«, sagte er heiser, »er darf Michael nicht berühren. Er darf nicht, er soll ihn nicht anfassen, niemals! Er soll ihn in Ruhe lassen!«
»Graham!«
Er blinzelte und versuchte, sich zu konzentrieren. Seine Schwägerin. Sein Bruder.
»Oh Gott, nein! Er ist es, nicht wahr? Stranton ist der Kerl. Er ist al-Hamra, dein zukünftiger Schwiegervater!« Kenneth stieß einen ganzen Schwall arabischer Flüche aus. »Und du lädst ihn hierher ein!« Angewidert kniff Kenneth den Mund zu. Wer aber widerte ihn an?
Graham machte sich gerade. »Ich würde nie zulassen, dass Michael etwas geschieht.« Nie! Niemals! Weder durch Stranton noch ihn selbst. Plötzlich schnürte ihm ein tiefer Kummer die Brust zu. Dachte Kenneth das?
»Natürlich nicht. Ich glaube, das Baby hat Hunger«, bemerkte Badra und lächelte ihn an. »Darf ich ihn stillen?«
Erst starrte Graham sie verwundert an, doch dann begriff er, dass er immer noch den Dolch in der Hand hielt. Er steckte ihn wieder in die Scheide und zurück in seinen Ärmel. Dann trat er beiseite. Mit bewundernswerter Geschicklichkeit nahm Badra ihren Sohn aus der Wiege und schmiegte ihn an ihre Brust.
»Ich weiß, dass du ihn beschützen wolltest, Rashid …«
Indem sie ihn mit seinem arabischen Namen ansprach, holte Badra ihn wieder in die Gegenwart zurück. Graham schluckte und hatte Mühe,
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