Sturm der Leidenschaft: Er suchte einen verborgenen Schatz - und fand die Liebe seines Lebens (German Edition)
verwundert.
»Genau wie eine Kuh«, antwortete Graham, nahm die Tasse, die Katherine ihm reichte, und bedankte sich mit einem Kopfnicken. »Außer dass man dabei steht, die Schale auf dem linken Bein balanciert und mit der rechten Hand melkt.«
Katherine goss einen Schluck von der Milch in eine leere Tasse. »Probier sie.«
Jillian betrachtete die schaumige Flüssigkeit und nippte vorsichtig daran. Sie schmeckte sahnig. »Sie ist köstlich«, gestand sie.
»Und gesund. Auf einer meiner Exkursionen tief in die Wüste lebte ich wochenlang ausschließlich von Kamelmilch«, erzählte Graham.
»Ich dachte, du wärst hauptsächlich in den Städten gewesen und hättest nur hin und wieder kurz diesen Stamm besucht.«
Ramses und Katherine schienen plötzlich ganz auf ihre Teetassen konzentriert, während Grahams Züge sich verfinsterten. »Zu wissen, wie man in der Wüste überlebt, kann in einem Notfall sehr nützlich sein.«
»Nun, dann solltest du mir unbedingt beibringen, wie man ein Kamel melkt. Ich will dir auf unserer Reise schließlich helfen können.«
Graham sah sie streng an. »Nein, Jillian, das ist nicht nötig. Ich will nicht, dass du Kamele melkst oder dich wie eine Beduinenfrau anziehst. Du bist Engländerin.«
»Und du Engländer«, entgegnete sie ruhig. »Trotzdem kleidest du dich wie ein Khamsin-Krieger und sprichst fließend Arabisch. Das gibt mir zu denken, Graham. Wurdest du wirklich von einem freundlichen englischen Paar großgezogen?«
Graham wurde kreidebleich und umklammerte seine Teetasse so fest, dass das feine Porzellan zu zerspringen drohte – wie er.
»Du stellst meine Kindheit in Frage?«, raunte er angespannt. »Falls du dich mit mir über meine Vergangenheit streiten willst, sollten wir das besser unter vier Augen tun.«
»Ich will nicht mit dir streiten, Graham.«
»Und ich nicht mit dir. Entschuldigt uns, Katherine, Ramses.«
Er stand auf und ging geräuschlos weg. Ramses seufzte und folgte ihm. Verlegen stammelte Jillian eine höfliche Entschuldigung. »Ich will ihm doch nur helfen. Aber wie kann ich das?«
Die hübsche Frau sah Jillian nachdenklich an. »Zeig ihm, dass du alles tun würdest, um mit ihm zu gehen. Er sollte nicht allein in der Wüste sein, Jillian. Er braucht dich.«
»Wie schaffe ich es, dass er seine Meinung ändert?«
»Wenn er dir nicht beibringt, ein Kamel zu melken, versuch es allein. So schwer ist das nicht.« Katherine schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.
Jillian ließ sich ihre Verzweiflung nicht anmerken, obwohl Graham distanzierter denn je war. Diese dunkle Wolke, die ihn umgab, seit er beschlossen hatte, nach Ägypten zu reisen, wurde immer finsterer. Ihr Ehemann verwandelte sich vor ihren Augen in einen Fremden.
Später, als sie sich in ihrem Zelt ausruhte, kämpfte sie mit ihren Ängsten. Könnte sie es tun? Oder würde sie ihn mit ihrem hartnäckigen Insistieren erst recht dazu bringen, sich noch weiter von ihr zu entfernen? War ihr Selbstvertrauen eben noch erblüht, als sie mit dem großen Scheich persönlich zusammensaß und über die Finanzen des Stammes sprach, so verblasste es nun rapide, je klarer sie erkannte, wie wenig sie über dieses lebensfeindliche Terrain wusste. Ihre blasse englische Haut verbrannte in der Sonne. Mit ihrem roten Haar fiel sie überall auf. Sie gehörte einfach nicht hierher. Aber im Grunde wusste Jillian ohnehin nicht mehr, wo sie hingehörte.
Sie stand auf, machte sich frisch und ging nach draußen. Ihr Mann saß vor dem Zelt auf dem Boden. Er strahlte eine strenge Entschlossenheit aus, wie er dahockte und seinen Krummsäbel an einem Stein schliff. Jillian nahm all ihren Mut zusammen und näherte sich ihm. Als sie vor ihm stand, blickte er zu ihr auf.
»Graham, wir sollten uns unterhalten. Du musst mich in die Wüste mitnehmen, denn ich werde nicht hierbleiben.«
Er konnte sie unmöglich mitnehmen.
Sein Brustkorb schnürte sich vor Angst zusammen, als er seinen Krummsäbel ablegte. Er würde in der Wüste ihrem Vater gegenübertreten und die Sache ein für alle Mal beenden. Welches Ende sie fand, konnte er allerdings noch nicht sagen. In der Wüste blieb nichts lange verborgen. Der Wind hob den Sand und entblößte Knochen, die in der Sonne ausgeblichen waren. Es gab weder Schatten noch Dunkelheit in der gnadenlose Wüste – keine Geheimnisse.
Nein, die Wüste erlaubte ihm nicht, sich zu verstecken. Sie würde die Dunkelheit aus ihm hervorlocken, sie herauspressen wie den letzten Tropfen Wasser
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