Sturm der Leidenschaft (German Edition)
sicherlich keine Ausreden brauchen würde.
Als sie die Pferdehufe hörte, erhob sie sich vom Schminktisch und trat ans Fenster.
Die Dunkelheit brach langsam herein und Edward hatte den Hof mit Fackeln erleuchten la ssen. So konnte sie Declan gut erkennen. Wie seltsam , dachte sie, er hat noch immer die gleiche Haltung auf dem Pferd. Wie ein Wilder, der eigentlich stets ohne Sattel und Zaumzeug reitet.
Dabei sah er perfekt aus in seinem Anzug in Brauntönen und den eleganten Stiefeln.
Es konnte keinen Zweifel geben: Declan war das Urbild eines Gentlemans.
Er sprang aus dem Sattel und reichte die Zügel einem herbeieilenden Diener.
Seine Beine waren schon lang, aber sein Oberkörper wirkte direkt überlang. Dennoch war dies ein Makel, der essentiell war, um ihn nicht zu perfekt wirken zu lassen.
Dazu das lange, in der Mitte gescheitelte Haar, welches seinen Zügen etwas Träumendes gab. Wie ein verzauberter Waldelf.
Sie ließ ihn keinen Moment aus den Augen, während er mit langen Schritten auf den Eingang zustrebte.
Anne wartete noch einige Minuten, bevor sie sich nach unten begab.
Sie wollte einen richtigen Auftritt haben.
Mit bedächtigen Bewegungen raffte sie ihren weiten Rock vorne und ging dann langsam, Schritt für Schritt die Freitreppe hinunter.
Dies war absolut notwendig, da sie den alten Declan aus ihrer Erinnerung streichen musste. Er musste wieder in sein Grab zurückkehren und sie durfte nur an den Mann denken, der er jetzt war.
Vergangenheit und Zukunft existierten nicht mehr.
Es gab nur noch das Jetzt.
Und in diesem Jetzt öffnete der Diener ihr die Tür zum Landschaftszimmer, wo die beiden Männer in Sesseln saßen, jeder mit einem Glas in Händen, und sich unterhielten.
Als sie Anne bemerkten, sprangen sie auf und küssten ihr die Hände.
„Du siehst bezaubernd aus, meine Liebe!“, lobte Edward und Declan lächelte.
„Dem kann ich mich nur anschließen, Mylady.“
Im gleichen Moment hob Edward eine Braue.
„Wir sollten doch weniger förmlich sein … Anne … Edward … Michael …“
Sie zuckte zusammen.
Wieso hatte er seinen Namen geändert?
Der Herr des Hauses reichte seiner Gattin ein Glas und sie tranken auf die neue Unkonve ntionalität.
„Nun … Dieses Kleid kenne ich ja noch gar nicht“, erklärte Edward aufgeräumt. „Was halten Sie da … Ah, nein. Was hältst du davon, lieber Michael?“
„Es ist umwerfend. Wenn ich auch sicher bin, dass Anne selbst in einem Sack wundervoll aussehen würde.“
Er sprach und seine Miene war unbewegt.
„Hast du auch eine Frau?“, hakte Edward nach.
Michael quittierte die Frage mit einem geheimnisvollen Lächeln.
„Wieso sollte man es sich um einer willen mit allen anderen verderben?“, sagte er süffisant.
Edward lachte laut auf und auch Anne schmunzelte, wenn es sie auch große Überwindung kostete.
Er trieb sich also in allen möglichen Betten rum.
„Ja jaaa …“, sagte Edward mit breitem Grinsen … „Dir eilt da ja ein gewisser Ruf voraus …“
Anne glaubte, es nicht mehr ertragen zu können. Sie leerte das zweite Glas und hoffte auf die betäubende Wirkung des Alkohols.
Als sie bei Tisch saßen, führte Edward die schlüpfrige Unterhaltung fort. Wobei sie ihn wie einen Artisten beobachtete, der dabei war, ein Kunststück zu vollführen. Wusste sie doch, dass es noch während des Essens geschehen sollte.
„Man munkelt, dass keine Frau, jung oder alt, ledig oder vergeben, vor dir sicher ist …“
Michael schob so reglos sein Essen über den Teller, als sei von einem Fremden die Rede.
„Ich fürchte, ich werde meinem Ruf nicht gerecht. Auch wenn es ein schlechter ist.“
„Also ich gebe ja lieber freiwillig, als dass man mich bestielt“, erklärte Edward und schenkte sich nach.
Die Diener hatte er weggeschickt.
„Und bin dann auch noch Nutznießer …“
Michael blickte auf.
„Habe ich das so zu verstehen, dass du mir deine Frau anbietest?“
Er sagte es ohne jede Wertung, ohne schockiert zu sein.
„Wenn du sie möchtest … Einzige Bedingung ist, dass ich dabei bin, wenn du sie nimmst.“
Jeder andere wäre in diesem Moment aufgesprungen und hätte das Haus wutentbrannt verlassen.
Michael aber blieb ruhig sitzen und aß ungerührt weiter.
„Wie viel kostet sie?“
„Kosten?“, wiederholte Edward spitz.
„Ja. Wenn man mir normalerweise Frauen anbietet, haben sie einen Preis. Und den will ich wissen.“
„Anne ist keine Hure. Ich schenke sie dir.“
„Keine Hure also. Aber ein
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