Sturm der Leidenschaft (German Edition)
zwischen uns ist zu groß geworden. Viel zu groß.“
Abermals nickte er und sie sah ihn an. Tränen traten in ihre Augen und tiefste, schwärzeste Verzweiflung zerriss ihre Brust. Wie unfassbar schön und zart er war. Wie edel seine Züge. Sie liebte ihn mit jeder Faser ihres Körpers und jeder Moment, den er fern von ihr war, brachte sie um.
Ohne ihn zu leben erschien ihr sinnlos und nicht machbar. Würde er sie verlassen, sie würde sich töten.
Nicht aus Verzweiflung oder Traurigkeit, nicht weil es ihre Entscheidung wäre, oder – im Gegenteil – etwas das weit jenseits ihres eigenen Willens lag, sondern einfach, weil es eine Notwendigkeit wäre.
Zu leben würde ihr unmöglich.
Als werfe man einen Fisch an Land.
„Ich habe mit zu vielen Männern geschlafen, Declan. Edward hat die Maske von meinem Gesicht gerissen.“
„Du denkst, du bist schlecht? Deswegen? Wie kannst du so etwas sagen? Ein Mensch, den ich liebe, kann nicht schlecht sein.“
Und da legte er seine Hand an ihre Wange. Sacht wie einen Schmetterlingsflügel.
„Declan … zwischen uns ist ein Abgrund und wer versucht, ihn zu bezwingen, wird dabei umkommen …“
„Denkst du so von dir und mir?“
Anne nickte mit gesenktem Kopf.
„Dann will ich dir etwas erzählen … Als ich von hier geflohen bin … Halb totgepeitscht von John, mein Körper ein blutiger Haufen rohes Fleisch, da bin ich bis nach Almsworth gekommen. Dort hat mich ein Mann aufgenommen. Er hat mich gepflegt und mir ein Pferd gegeben, damit ich nach Manchester reiten konnte und dort mein Glück suchen. Aber er wollte einen … Ausgleich für seine Mühen … Und nicht nur er … Es gab einige dieser Männer auf meinem Weg.“
Anne sah ihn verwirrt an.
Das konnte nicht wahr sein.
„Das, was du eben mit Edward getan hast …“, sie konnte nicht weitersprechen.
Sein Blick wurde starr und kalt.
„Ich war schlimmer als du … Ich habe mit diesen Männern geschlafen und habe sie besto hlen. Das ist der Grundstein meines Vermögens geworden. Wie groß ist er jetzt noch, dein Abgrund?“
„Und wieso … wieso hast du es getan?“
Die linke Seite seiner Oberlippe kräuselte sich ein wenig und dann flüsterte er:
„Weil ich zurückkehren wollte und Rache üben. Ich wollte John vernichten und dich holen.“
„Und was willst du jetzt?“, wisperte Anne, erfüllt von Angst und Erwartung.
„Jetzt will ich nur dich. Glaub mir – unsere Bande haben sich gelockert, doch sie sind nie zerrissen.“
Sie wollte ihn nach seiner Rache fragen und wagte es doch nicht. Zu tief die Furcht, er könne ihr sagen, dass er nicht nur an John Vergeltung üben wolle, sondern auch an Edward.
Sie hob stattdessen den Zeigefinger und strich über den schmalen Bart oberhalb seiner Li ppen. Dann glitt sie, an den Haaren entlang zu seiner Kinnspitze.
„Declan … Ich wünsche mir nichts seliger, als bei dir zu sein …“
„Jetzt kommt ein Aber …“, ergänzte er.
„Ich bin verheiratet. Ich bin nicht mehr frei.“
Er trat einen Schritt zurück und betrachtete sie genau von oben bis unten. Gerade so, als müsse er erst begreifen, was er gerade gehört hatte.
„Also tust du das alles freiwillig?“
„Darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich ihm mein Jawort gegeben habe.“
„Ist das eine Frage der Moral, Euer Ladyschaft?“
„Dann wäre ich sicherlich die Falsche, sie zu stellen.“ Anne sah ihn durchdringend an und fragte sich, wie viel noch vom alten Declan in diesem Mann steckte, dessen reine Anwesenheit sie so in ihren Fundamenten erschütterte.
„Warum machst du den gleichen Fehler wie damals? Wieso gehst du nicht einfach mit mir mit? Dieses Schloss, der Titel, der Einfluss … Bedeuten Sie dir so viel? Oder ist es wirklich nur, weil du es genießt, wie dein Mann dich herumreicht? Weil es dich von deiner eigenen Verantwortung löst?“
„Was willst du damit sagen?“, stieß Anne gepresst hervor.
„Damit will ich sagen, dass ich mich frage, ob es sein kann, dass du gerne möglichst viel Sex mit möglichst vielen Männern hast und, dass es du es genießt, wenn dein Mann die Veran twortung für dein Tun übernimmt.“
Anne dachte keine Sekunde lang nach, sondern holte nur aus und schlug Declan mitten ins Gesicht.
Seine Kiefer malten und es war nur zu offensichtlich, dass er sich beherrschen musste, um nicht zurück zu schlagen.
„Also bin ich für dich doch eine Hure …“
Er richtete sich auf.
„Wir sind uns zu ähnlich.“ Damit verschwand er in der
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