Sturm der Leidenschaft
flüsterte er heiser, »wie soll ich nur acht Wochen warten, bis du endlich mein bist?«
Er spürte, daß sich ihr ganzer Körper verspannte. Das hatte er zwar nicht gemeint, aber er wußte, daß Whitney vor der Vorstellung körperlicher Liebe zusammengezuckt war. Er hatte noch acht Wochen Zeit, ihr Vertrauen zu gewinnen, ihr diese Angst zu nehmen und sie davon zu überzeugen, daß er ihr nicht wehtun wollte.
»Was hältst du von einem kleinen Spaziergang über den Besitz?« fragte er, als sie ihr Frühstück beendet hatten.
»Sehr viel«, erwiderte sie erfreut.
Es war einer dieser wenigen klaren Novembertage, an denen die Sonne alles erwärmte, was sie berührte. Sie schlenderten durch die Gärten, in denen die Blumen in ihren geometrisch eingefaßten Beeten bereits die Winterruhe angetreten hatten.
»Es gibt da einige Dinge zwischen uns, die noch besprochen werden müssen«, sagte er plötzlich und sah ihr tief in die Augen. »Und je eher wir das tun, desto schneller können wir die Vergangenheit vergessen.«
Whitney wandte den Blick ab, und er fügte leise hinzu: »Ich glaube, du weißt bereits, was ich wissen möchte . . .«
Whitney wußte, daß er eine Erklärung für ihr Verhalten an Elizabeths Hochzeit erwartete. Sie nickte und holte tief Atem. »Als ich dich in der Kirche sah, wußte ich nicht, daß du eingeladen warst. Ich dachte, du wärst gekommen, um dich mit mir auszusprechen . ..« Und dann erzählte sie ihm die ganze Geschichte, ohne auszulassen, wie gedemütigt sie sich gefühlt hatte.
Clayton hörte zu, ohne sie zu unterbrechen. »Und was hat dich bewogen, gestern herzukommen, nachdem du mich all diese Wochen so verabscheut hast?« fragte er dann.
»Emily machte mir bewußt, daß ich dich falsch beurteilt hatte.«
»Was«, fragte Clayton leicht beunruhigt, »weiß denn Emily Archibald von uns?«
»Alles«, gestand Whitney mit ganz kleiner Stimme. Sie sah, wie er zusammenzuckte und fügte zögernd hinzu: »Aber jetzt möchte ich dich gern etwas fragen. Darf ich?«
»Alles«, erwiderte Clayton ernst.
»Alles«, neckte Whitney, »was in deiner Macht steht und einigermaßen vernünftig ist?«
»Alles«, wiederholte Clayton, aber mit einem leichten Grinsen.
»Warum hast du eigentlich so schreckliche Dinge gesagt? Was hat dich zu der Annahme verleitet, ich ... ich hätte mich Paul hingegeben?«
Es fiel Clayton sichtlich schwer, aber er beantwortete ihre Frage.
»Wie konntest du Margaret nur glauben? Du mußtest doch wissen, wie sehr sie mich haßt.« Whitney warf ihm einen verletzten, anklagenden Blick zu, erkannte dann aber, daß sie nur Salz in seine Wunden rieb und setzte leichthin hinzu: »Es ist nicht so wichtig.«
»Doch, es ist wichtig«, widersprach Clayton rauh. »Aber eines Tages werde ich es gutmachen.« Ein Lächeln überzog sein Gesicht. »Ich würde zu gern sehen, wie du mit meiner Lieblingsstute fertigwirst. Laß uns dort den Hügel hinaufreiten - um die Wette!« »Das kann doch nicht dein Emst sein«, ächzte die Herzogin, als Clayton während des Mittagessens verkündete, in acht Wochen heiraten zu wollen.
»Mein völliger Ernst.« Er stand auf und küßte Whitney leicht auf die Stirn. »Die kleinen Einzelheiten überlasse ich euch.« Er ging zur Tür, drehte sich noch einmal um, sah, wie sich Whitney und seine Mutter entgeistert anstarrten, und bekam Mitleid mit ihnen. »Stellt eine Liste der dringenden Erledigungen zusammen und gebt sie Hudgins. Er wird sich um alles rechtzeitig kümmern.«
»Wer ist eigentlich dieser Hudgins?« erkundigte sich Whitney. »Ich habe ihn noch nie zu Gesicht bekommen.«
»Claytons Sekretär und ein wahrer Zauberer«, erwiderte die Herzogin. »Sein Zauberstab ist Claytons Name. Mit ihm kann er wahre Wunder wirken, so daß in acht Wochen wirklich alles fertig sein kann. Aber ich hatte so darauf gehofft, mehr Zeit für Gesellschaften und Einladungen zu haben ...«
Mitten im Satz wurde sie von Clayton unterbrochen. Er steckte noch einmal den Kopf durch die Tür und fragte verschmitzt: »Nun, ist die Liste schon fertig?«
Kapitel fünfzehn
Einen Tag nach Whitneys brieflicher Bitte traf Lady Anne Gilbert ein, um bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen, und fast spontan entwickelte sich eine Freundschaft zwischen ihr und der Herzogin.
Die nächsten vier Tage vergingen für Whitney wie in einem nebelhaften Rausch von Nähe und Zärtlichkeit, von über dem Tisch ausgetauschten Lächeln und verstohlenen Umarmungen.
Getreu den Prophezeiungen
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