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Sturm der Leidenschaft

Titel: Sturm der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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die sie stets zu dieser Jahreszeit empfand.
    Fast unwillig wandte sie sich vom Fenster ab und der Frage ihrer Kleidung zu. Sie entschied sich für ein altrosafarbenes Wollkleid mit viereckigem Ausschnitt, langen, schmalen Ärmeln und weitfallendem Rock. Clarissa bürstete ihr das Haar aus dem Gesicht und wand ihr Samtbänder in der Farbe ihres Kleides in die Locken.
    Gedanken an Paul und ihre verhaßte Verlobung mit Clayton kamen ihr in den Sinn, doch Whitney verdrängte sie entschlossen wieder. Heute abend war Zeit genug, gründlich über ihre verzweifelte Lage nachzudenken, aber jetzt war sie begierig darauf, in die Sonne hinauszukommen.
    Nichts sollte die Vollkommenheit eines so herrlichen Tages beeinträchtigen.
    Es war fünf Minuten nach elf auf ihrer Uhr, als ein Diener an die Tür klopfte und ihr zurief, daß Mr. Westland auf sie warte. Whitney griff schnell zu einem Schal und eilte die Treppe hinunter. »Guten Morgen«, rief sie fröhlich. »Ist es nicht ein wundervoller Tag?«
    Clayton ergriff ihre Hände und sah ihr ins strahlende Gesicht. »Sie haben ein Lächeln, das jeden Raum erhellen könnte«, sagte er dann ruhig und wie selbstverständlich.
    Es war das erste Mal, daß er eine Bemerkung über ihr Äußeres machte, und obwohl sein Kompliment sehr viel zurückhaltender war als jene, mit denen die Franzosen sie überhäuft hatten, reagierte Whitney mit unbehaglicher Verlegenheit. »Sie haben sich verspätet«, stellte sie fest, weil ihr nichts anderes einfiel, um das Schweigen zu brechen. »In den letzten fünf Minuten bin ich bereits ungeduldig in meinem Zimmer auf und ab gelaufen.«
    Er schwieg, und einen Moment lang unterlag Whitney dem Bann seiner faszinierenden grauen Augen. Seine Hände verstärkten ihren Druck, zogen sie näher an sich heran. Sie hielt den Atem an und erkannte ebenso erregt wie beunruhigt, daß er sie küssen würde.
    »Ich bin pünktlich«, widersprach er. »Aber da ich jetzt weiß, wie ungeduldig Sie mich erwarten, werde ich mich bemühen, auch künftig auf die Minute pünktlich zu sein.« Als sie das Haus verließen, schlug die Uhr in der Halle elf Uhr, und Clayton warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu.
    Sie bestieg seine Kutsche und ließ sich aufatmend in die grünen Samtpolster fallen. »Wohin fahren wir eigentlich?« erkundigte sie sich fast verträumt, als er neben ihr Platz nahm. Seine Antwort ließ sie kerzengerade hochschießen.
    »In den Ort«, sagte er, »zunächst einmal.«
    »Ich ... ich brauche aber gar nichts aus dem Ort«, haspelte Whitney hervor.
    »Aber ich«, beschied er sie knapp.
    Sie fiel in die Polster zurück und schloß verzweifelt die Augen. Man würde sie zusammen sehen, und die Bewohner des Ortes, in dem sich sonst absolut nichts ereignete, hätten ein aufregendes Gesprächsthema für Wochen! Whitney wußte, daß jedermann, mit Ausnahme des Mannes neben ihr, mit der Bekanntgabe ihrer Verlobung mit Paul rechnete. Wenn sie daran dachte, daß Paul bei seiner Rückkehr im Dorf anhielt und sofort eine übertriebene Version ihres heutigen Ausfluges geliefert bekam, wurde ihr schon jetzt ganz übel.
    Die Kutsche ratterte über die steinere Brücke und die kopfsteingepflasterten Straßen. Als Clayton die Kutsche vor der Apotheke anhielt, hätte Whitney am liebsten laut aufgeschrien. Ausgerechnet der Apotheker! Das ärgste Klatschmaul von allen!
    Clayton kam um die Kutsche herum und öffnete ihr den Schlag. »Bitte, ich würde sehr viel lieber hier warten«, sagte sie so normal wie möglich.
    »Und ich hätte es lieber, daß Sie mich begleiten«, erwiderte er mit einer Stimme, die zwar höflich war, aber keinen Widerspruch duldete.
    Dieser autoritäre Ton verfehlte nie seine Wirkung auf Whitney, und ihre versöhnliche Stimmung ihm gegenüber löste sich in nichts auf. »Das ist sehr bedauerlich, weil ich diese Apotheke nicht betreten werde.« Doch zu ihrem Entsetzen griff Clayton sie einfach um die Taille und hob sie aus der Kutsche. Aber wenn sie sich gewehrt hätte, wäre das Aufsehen vermutlich noch größer gewesen als ohnehin schon. »Wollen Sie uns zu einem öffentlichen Spektakel machen?« zischte sie, sobald ihre Füße das Kopfsteinpflaster berührten.
    »Ja«, entgegnete er ungerührt. »Das ist meine Absicht.«
    Whitney bemerkte, wie Mr. Oldenberry neugierig durch das Schaufenster blinzelte, und ließ jede Hoffnung fahren. Der Apotheker begrüßte sie überschwenglich in seiner dämmerigen Offizin, in der es nach medizinischen Tinkturen, den

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