Sturm der Leidenschaft
an diesem Tag griff er ohne viel Umstände zu und hob sie aus der Kutsche. »Möge Gott verhindern, daß ich mir dabei irgendwann den Rücken ernstlich verletze«, witzelte er.
»Möge Gott lieber verhindern, daß Sie ihn jemals wenden«, fauchte sie, »denn irgendwo wartet bestimmt ein verzweifelter Vater oder betrogener Ehemann mit einem Messer - falls ich Sie nicht vorher ermorde.«
»Ich habe weder die Absicht, mit Ihnen zu streiten noch Ihnen zu nahe zu treten«, erklärte Clayton pikiert. »Falls Sie sich die Mühe machen, einen Blick um sich zu werfen, werden Sie sehen, warum ich Sie hierher gebracht habe.«
Whitney tat es - gereizt zunächst, dann überrascht. Das Anwesen der Hodges’, das stets ein wenig heruntergekommen gewirkt hatte, war völlig verändert. Die Hecken waren geschnitten, der Rasen gemäht. Fehlende Platten im Gehweg waren ersetzt und verrottete Holzbalken repariert. Aber die größte Veränderung fiel ihr an der Vorderfront des Hauses auf, wo neue hohe Fenster in die Fassade geschlagen worden waren. »Warum haben Sie sich in diese Unkosten gestürzt?« erkundigte sich Whitney, da er offensichtlich auf irgendeine Reaktion von ihr wartete.
»Weil ich das Haus gekauft habe«, erwiderte Clayton und bedeutete ihr, mit ihm zu dem neuen Pavillon am Ende des Rasens zu gehen.
»Sie haben es gekauft?« Allein die Vorstellung welch ein harmonisches Trio sie bilden würden sie mit Paul und Clayton als nächster Nachbar bereitete ihr heftige Übelkeit. Nahmen die Hindernisse denn nie ein Ende, die dieser Mann ihrem Glück in den Weg legte?
»Das schien mir eine sehr vernünftige Lösung zu sein. Das Land grenzt an Ihren Besitz, und irgendwann können die beiden Anwesen vereint werden.«
»Grenzt an Ihr Land, nicht unseres!« korrigierte Whitney schneidend. »Sie haben dafür bezahlt, genauso, wie Sie für mich bezahlt haben.«
Er betrachtete sie einen Moment lang schweigend, dann sagte er ganz ruhig: »An Margaret Merrytons Kutsche war ein Rad gebrochen, daher bot ich ihr an, sie nach Hause zu fahren, damit sie nicht auf der Straße herumstehen mußte. Ihr Vater hat sich überschwenglich bei mir bedankt und mich zum Abendessen eingeladen, was ich jedoch dankend ablehnte. Das war es. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Es interessiert mich nicht im geringsten, was Margaret Merryton und Sie getan haben!« antwortete Whitney hitzig.
»Lügen Sie doch nicht so schamlos! Sie setzen mir doch seit dem Augenblick zu, seit sie mich fragte, ob sie ihren Sonnenschirm in meiner Kutsche vergessen hat.«
Whitney wandte den Blick ab und fragte sich, ob er die Wahrheit sagte und warum ihr diese Sache so viel ausgemacht hatte.
»Wenn Sie mir schon keine Diskretion Zutrauen«, setzte er gelassen hinzu, »sollten Sie mir nicht auch noch den Geschmack absprechen.« Und nach einer kleinen Pause: »Erhalte ich Absolution, Kleine?«
»Ich denke schon«, erwiderte Whitney erleichtert und kam sich reichlich töricht vor. »Aber wenn Sie Margaret das nächste Mal begegnen .. .« »Fahre ich sie über den Haufen!«
Ein leichtes Lächeln überzog Whitneys Gesicht. »Ich wollte Sie lediglich bitten, Margaret nicht noch zu ermutigen, weil sie sich noch schrecklicher aufführt als ohnehin schon, wenn sie sich einbildet, Sie wären an ihr interessiert. Hatte sie an diesem Tag eigentlich einen Sonnenschirm bei sich?«
»Nein. Nicht, soweit ich mich erinnern kann.«
Whitney sah konzentriert auf ihre rosafarbenen Schuhspitzen und fragte sehr zögernd: »Halten Sie Margaret eigentlich für . . . nun ja, für hübsch?«
»Das gefällt mir schon sehr viel besser!« Clayton lachte auf und zog sie an sich.
»Was meinen Sie damit?«
»Damit meine ich, daß es mir sehr gefällt, wenn Sie sich wie eine Ehefrau verhalten - wenn auch wie eine eifersüchtige.«
Heftig errötend fuhr Whitney hoch: »Ich bin absolut nicht eifersüchtig. Dazu habe ich auch gar keinen Grund, weil Sie mir ebensowenig gehören wie ich Ihnen!«
»Bis auf einen unterschriebenen, rechtsgültigen Vertrag, der Sie an mich bindet.«
»Eines hinfälligen Vertrages, da ich zuvor nicht gefragt worden bin.«
»Aber eines Vertrages, an den Sie sich nichtsdestotrotz halten werden«, verkündete Clayton.
Whitney sah ihn halb verächtlich, halb flehend an. »Wie sehr ich diese ständigen Diskussionen verabscheue. Warum wollen Sie denn nicht einsehen, daß ich Paul liebe?«
»Ihnen liegt nichts an Sevarin. Das haben Sie mir selbst gesagt, und das mehr als
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