Sturm der Seelen: Roman
sie nicht mehr abwehren. Ihre blutdurchtränkte Kleidung krachte klatschend gegen seine Brust, dann krallte sie sich fest und griff mit zu Klauen verkrümmten Fingern nach den Stellen, die nicht mehr von seiner roten Panzerung geschützt waren, wo das schwarze, verbrannte Gewebe freilag. Schreiend schlug sie nach seinem Gesicht und seinen Augen, nach allem, was sie mit ihren Nägeln erreichen konnte. Krieg riss seinen Kopf nach hinten und stieß ein so lautes Brüllen aus, dass Missy Angst hatte, es würde den Himmel selbst zum Einsturz bringen. Flammen verbrannten ihre Hände, doch sie ließ nicht ab, bis Krieg sie zu fassen bekam und mit einem gewaltigen Fausthieb von sich schleuderte. Rückwärts fiel sie über Adam, dann sank sie hinter ihm zu Boden.
Missy rappelte sich auf alle viere hoch und saugte die eiskalte Luft zurück in ihre Lunge, die Kriegs Faustschlag gerade aus ihr herauskatapultiert hatte. Der Hass und die Wut, die sie befeuert hatten, waren weg, und jetzt war sie nur noch ein kleines, vor Kälte und Angst zitterndes Mädchen, das Krieg durch seine tränenverschmierten Augen anstarrte. Sie hatte alles gegeben, und immer noch stand das Monster vor ihnen. Ihre Attacke hatte nichts gebracht, außer Krieg noch wütender zu machen. Sie waren verloren. Sie waren zu ihrer letzten Schlacht angetreten und hatten verloren. Jetzt blieb ihnen nichts mehr als der sichere Tod.
Missy war so erschöpft, dass sie sich nicht einmal mehr bewegen konnte. Krieg machte einen Schritt auf sie zu, stieg über die rote Pfütze auf dem Boden hinweg, in der gerade noch Adam gelegen hatte. Schwarze Rauchfäden stiegen von seiner Rüstung und den sich langsam auflösenden Panzerplatten auf. Dann sprang Adam mit einem Speer in der Hand zwischen sie. Krieg hielt inne und schlug sich mit beiden Händen auf die Brust, aus der immer dichter werdender Rauch quoll. Gezackte Risse breiteten sich über seinen Brustpanzer aus und entblößten die verkohlte, schwarze Haut darunter. Der Rauch verwandelte sich in Flammen, die auf die gesamte Rüstung übergriffen. Die Panzerplatten knisterten und krachten wie eine zerbröselnde Eierschale, während ganze Stücke herausbrachen wie Glieder aus einem Kettenhemd. Immer mehr schwarze Haut wurde sichtbar. Sie warf Blasen in der Hitze des Feuers, die schließlich aufplatzten und eine gelbliche, eitrige Flüssigkeit verspritzten.
Brüllend warf Krieg sich nach hinten und zog die Blitze auf sich, die jetzt dicht an dicht über die gesamte Länge des Strandes einschlugen und eine der schwarzen Echsen nach der anderen niederstreckten. Wie Feuerwerkskörper zerplatzten sie in Fontänen aus gegrilltem Fleisch und kochendem Schleim, der auf ihre Artgenossen herabregnete und sie in endgültige Raserei versetzte. Kriegs riesiger Brustkorb hob und senkte sich, und er riss seinen Kopf wieder nach vorn, während die Flammen sich immer tiefer in den Körper fraßen, der einmal Peter Keller gewesen war. Wild schlug er seine Klauen in sein eigenes Fleisch, was seine Qual noch vergrößerte, da der Sauerstoff die Flammen in seinem Inneren jetzt nur noch mehr anfachte. Er schmetterte einen Fluch gen Himmel, dann sank er auf die Knie.
Adam ergriff die Gelegenheit und stürzte sich auf Krieg. Mit all seiner Kraft rammte er die Spitze seines Spießes in den ungeschützten Hals, und durch die Wucht des Aufpralls wurde Kriegs Oberkörper so weit nach hinten gerissen, dass sein Kopf beinahe die Absätze seiner Stiefel berührte. Adam trieb den Speer noch tiefer in die Wunde, bis die Spitze schließlich auf der anderen Seite wieder austrat und sich zwischen Kriegs Unterschenkeln in den Sand bohrte. Die Flammen züngelten immer höher, groß und mächtig loderte der Scheiterhaufen – so groß, wie Krieg einst gewesen war -, während seine Körpersäfte zischend und blubbernd aus den Wunden sprudelten, die er sich selbst beigebracht hatte.
»Los!«, schrie Adam und riss sich von dem Anblick von Kriegs zuckendem Körper los, der immer noch versuchte, den Speer aus seiner Kehle zu ziehen. Der Kontakt mit Phoenix’ Blut hatte den Verwesungsprozess ausgelöst, der so lange gebannt gewesen war. Kriegs Körper löste sich einfach auf, und während er noch mit beiden Händen nach dem Speer in seinem Hals griff, wurden seine Finger steif, dann brachen sie an den Gelenken.
»Ich kann nicht … kann nicht …«, keuchte Missy, die einfach keine Luft in ihre Lunge bekam. Doch Adam humpelte zu ihr hinüber, packte sie unter den
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