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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Gray …
    Bumm!
    Carrie hob ihren Kopf wieder in Richtung Himmel, wo der Knall hergekommen war. Ein Packen Schnee fiel vom Hoteldach herunter auf den Parkplatz. Die Männer und Frauen, die eben noch damit beschäftigt gewesen waren, den Zaun mit Stacheldraht zu umwickeln, ließen alles liegen und stehen und gingen zögernd auf das Hotel zu. Wie neugierige Touristen starrten sie hinauf zu dem zinnenbewehrten Dach.
    Bumm!
    Jemand schrie. Von einem der Fenster im dritten Stock regnete es Glassplitter, die, vermischt mit Blut, bis auf die Motorhaube des Trucks geschleudert wurden.

XXVI
     
    MORMON TEARS
     
    »Was, glaubst du, wird jetzt geschehen?«, fragte Missy. Sie trug so viele Speere auf ihren Armen, wie sie nur irgend konnte.
    »Ich wünschte, ich wüsste es«, erwiderte Phoenix. Er hatte das Gefühl, dass sie seit Stunden nichts anderes taten, als tonnenweise Holzstäbe aus der Höhle hinaus auf den Strand zu schleppen. Er hatte sein gesamtes bisheriges Leben in dunklen Kellern eingesperrt verbracht, er war körperliche Arbeit nicht gewohnt, deshalb taten ihm die Arme weh. Missy, die kleiner und schmaler als er war, schien nicht halb so erschöpft zu sein wie Phoenix. »Ich weiß nur, dass sie bald kommen werden.«
    »Hast du keine weiteren Visionen mehr gehabt?«
    Sie traten aus dem Tunnel heraus und gingen zum Eingang der Höhle, hinter dem sich der Schnee nun fast einen Meter hoch auf dem Strand türmte.
    »Nein«, flüsterte er und ließ seine Ladung klappernd auf den immer größer werdenden Stapel fallen. Die meisten der anderen waren draußen damit beschäftigt, die Speere unterhalb der Felswand, mit der Spitze senkrecht gen Himmel zeigend, in den Boden zu rammen. Die Spieße standen nicht so dicht beieinander, wie sie es sich eigentlich gewünscht hatten – man konnte noch zwischen ihnen hindurchgehen -, aber es würde hoffentlich trotzdem reichen. Es musste einfach reichen.
    Adam war weiter hinten, fast am Ufer des Sees, und lief hinter dem weißen Pick-up her. Sie hatten ein paar der Holzspeere zu einem behelfsmäßigen Pflug zusammengeschnürt, mit dem Adam jetzt eine tiefe Furche in den Strand grub, neben der sich links und rechts Schnee und Sand aufhäuften. Der Rest der Gruppe schob das direkt am Ufer aufgehäufte Baumaterial über die Furche und drückte es mit dem anderen kleinen Kamm zusammen, der jetzt bereits so hoch war, dass der Pick-up mit dem Unterboden daran hängen bleiben würde. Sie würden den mühsamen Prozess noch Dutzende Male wiederholen müssen, bis der Wall hoch genug war. Es ging zwar nicht so leicht, wie sie es sich vorgestellt hatten, aber sie kamen bei weitem besser voran als mit ihren Bemühungen, den Zugang zu blockieren, der durch die Felsen zu ihrer Zuflucht führte.
    Sie hatten keinerlei geeignete Geräte, deshalb war ihnen nichts anderes übriggeblieben, als mit den durchdrehenden Hinterreifen des Pick-up so viel Sand aufzuhäufen wie möglich, was nicht besonders viel war. Der Wall war weniger als zwei Meter hoch – im Vergleich zu dem, was sie eigentlich gebraucht hätten, nicht mehr als eine Fahrbahnschwelle, denn alles, was ein potenzieller Angreifer tun musste, war, daran hinaufzuklettern, um dann auf der anderen Seite bequem hinunterzurutschen. Eigentlich müssten sie in die Stadt fahren, um sich geeignetere Materialien zu besorgen, wenn sie diesen Zugang tatsächlich abriegeln wollten, aber der Tank des alten Ford war schon so gut wie leer. Niemand wagte auszusprechen, was in den Augen aller nur zu deutlich zu erkennen war: dass sie alle kurz davor standen, in völlige Panik auszubrechen. Je mehr sie sich anstrengten und je erschöpfter sie wurden, desto mehr sah es danach aus, dass sie leichte Beute waren.
    »Und?«, frage Missy. »Was meinst du?«
    »Hmm?« Phoenix hatte offensichtlich den letzten Teil ihrer Unterhaltung gar nicht mitbekommen. Er suchte den Schneesturm nach weißen Vogelleibern mit noch weißeren Augen ab, konnte aber nicht das geringste Anzeichen dafür erkennen, dass auch nur ein einziges der Tiere noch in der Nähe war. Die Vorstellung, dass sie irgendwo da draußen waren, hatte etwas Beruhigendes, aber die Tatsache, dass er im Moment keinen Einzigen von ihnen sehen konnte, brachte unweigerlich das beängstigende Gefühl vollkommener Verlassenheit mit sich.
    »Ich meinte, ob du bereit für die nächste Ladung bist?« Missy lächelte amüsiert über den peinlich berührten Ausdruck auf seinem bis zur Nasenspitze feuerrot angelaufenen

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