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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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war in etwa genauso tief; die weit schwerere Aufgabe war es gewesen, die Felsen aus der Eisschicht loszubekommen und sie vom seichten Ufer hinüber zu ihrer Grube zu schleppen, wo sie sie mit etwas Schlamm als Mörtel zu einer wackeligen, ringförmigen Mauer übereinanderschichteten. Eigentlich sah die Konstruktion aus wie ein verfallener Brunnen, bei dem das Wasser aus allen Ritzen schießen würde, aber sie sollte auch kein Wasser drinnen, sondern den Sand draußen halten, damit er die brennende Kohle in dem Steinrund nicht ersticken würde.
    Von der Grube weg hinunter zum Strand hatten sie mehrere Rinnen gegraben, die zu einem etwa einen Quadratmeter großen, rechteckigen Loch im Eis führten. In diesen Rinnen lagen die Rohrleitungen, die sie aus den Kunststoffrohren von der Anhängerladung zusammengesteckt hatten. Sie führten von der Feuerstelle hinunter zum See, unter das Eis, wo ihre rechtwinkligen Enden aus dem Loch ragten wie Schornsteine. Auch der Deckel mit dem Belüftungsloch für den Feuerbrunnen war fertig, und nun würde sie entweder ihren Seetang retten oder die Hoffnung endgültig fahren lassen.
    »Reicht das jetzt?«, fragte Mare. Er und Darren waren über und über mit schwarzem Kohlestaub bedeckt.
    »Zumindest fürs Erste … glaube ich«, erwiderte Evelyn. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so nervös gewesen zu sein. »Vielleicht nur noch ein bisschen …«
    »Wir sind so weit!«, rief Mare zum Eingang der Höhle und schnitt ihr mitten im Satz das Wort ab. Sie hatte ihn schon zweimal mehr holen lassen, als sie eigentlich brauchten, und seine Schicht war seit mindestens zehn Minuten vorüber, aber er wollte auf jeden Fall wissen, ob sich die Schufterei gelohnt hatte.
    Jill stand im Eingang der Höhle, wo sie vor dem Schneesturm sicher war, hielt einen brennenden Ast in der Hand und wartete auf ihr Zeichen. Sie wusste, dass der starke Wind die Flamme sofort ausblasen würde, sobald sie die Höhle verließ, aber sie hofften darauf, dass die verbleibende Glut zumindest ausreichen würde, um die Kohle anzuzünden. Als sie Mares Ruf hörte, rannte sie den Fußspuren der anderen folgend hinaus in die Nacht, wobei sie die Flamme so gut wie möglich mit ihrem Körper gegen Wind und Schnee abschirmte. Sie bremste nicht einmal ab und rammte ihre Fackel sofort in einen Spalt zwischen den um die Grube herum aufgetürmten Steinen.
    Das Ende des Astes glomm kaum noch, doch hier und da sah sie ein paar tiefrote Funken aufleuchten. Dünne Rauchfäden krochen mühsam über den Rand des Abluftlochs, wo sie sofort vom Wind fortgerissen wurden. Keiner von ihnen wagte auch nur zu atmen, aus Angst, der zarten Flamme mit diesem Lufthauch den endgültigen Todesstoß zu versetzen. Sie konnten zwar jederzeit eine neue Fackel entzünden oder einfach ein paar Brocken brennender Kohle von drinnen holen, aber sie hatten so lange und so hart an diesem Projekt gearbeitet, dass keiner von ihnen auch nur eine Sekunde länger warten wollte.
    Mit einem leisen Knistern schlug eine kleine Flamme aus dem schwelenden Ende des Astes, wurde zunehmend größer und vereinigte sich mit den anderen Stellen, an denen das Feuer zu neuem Leben erwachte. Dicker, schwarzer Rauch stieg von der Kohle auf, und trotz des Windes mussten sie husten.
    »Nur noch ein kleines bisschen«, flüsterte Evelyn und griff nach dem Deckel, um damit im richtigen Moment die Feuerstelle abzudecken.
    »Wird der Rauch nicht einfach durch das Loch abziehen?«, fragte Jill.
    »Eigentlich soll es nur genug Luft hineinlassen, damit das Feuer weiterbrennen kann, und gleichzeitig für ausreichend Überdruck sorgen, dass der Rauch in die Rohre gepresst wird.«
    »Ich glaube trotzdem nicht, dass der Rauch heiß genug ist«, meinte Darren.
    »Er muss nur warm genug sein, um das kleine Loch eisfrei zu halten und das Wasser an der Stelle auf wenigstens zehn Grad aufzuheizen.«
    »Na ja, aber …«
    »Psst!« Vielleicht hatte er ja recht, aber sie waren jetzt so nah dran. Unglaublich nah, und bevor sie es nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, war Evelyn nicht bereit, an ein Scheitern zu glauben.
    Flammen leckten über die raue Oberfläche der Kohlebrocken, und sofort spürten sie die Wärme, die über den Rand der Feuerstelle kroch.
    »Okay.« Evelyns Herz schlug so heftig, dass sie kaum atmen konnte. »Los geht’s.«
    Sie schob den Holzdeckel über den Felsenring, und ein letzter Schwall Rauch quoll unter dem Rand hervor, bevor er richtig saß. Dann stieg eine dünne,

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