Sturm der Verfuehrung
weiteres Wort zu wechseln, gingen sie zum Herrenhaus zurück.
Zu ihrer Überraschung schlief Sarah auch in dieser Nacht tief und fest.
Sie wachte spät auf, und dann musste sie sich beeilen. Die Vorbereitung auf die Essenseinladung bei Lady Farthingale und die Fahrt nach Gilmore, ihrer Ladyschaft Haus, ließen ihr keine Zeit, über das nachzudenken, was sie in der Nacht zuvor erfahren hatte.
Als Sarah den Salon betrat, sah sie Charlie am Kamin mit Lady Considine plaudern. Sie hatte nicht erwartet, ihm hier zu begegnen -nicht bei einem solchen Anlass -, und musste sich sehr beherrschen, ihn nicht verblüfft anzustarren.
Die Tatsache, dass all die anderen älteren Ladys und ihre Töchter sie anstarrten, machte es nicht einfacher. Offenbar wussten alle, dass er um sie warb, obwohl sie offiziell nichts hatten verlauten lassen.
Charlie, der dem Kamin zugewandt stand, spürte die plötzliche Spannung im Raum offenbar, denn er drehte sich um. Einen Moment lang standen sie sich wie versteinert gegenüber, dann setzte er ein freundliches Lächeln auf und streckte ihr die Hand entgegen.
Sarah ließ ohne Zögern Mutter und Schwestern stehen und hoffte inständig, dass ihr niemand ansah, wie es um sie bestellt war.
Er ergriff ihre Hand und beugte sich nonchalant darüber. Die Berührung machte ihren Puls rasen. Ob es Charlie wohl ebenso erging? Als er sich aufrichtete, schaute er ihr kurz in die Augen, legte dann ihre Hand auf seinen Arm und wandte sich wieder seiner Gesprächspartnerin zu. »Mrs Considine erzählte mir gerade von der Züchtung einer neuen Schafrasse, mit der sich ihr Sohn beschäftigt.«
Obwohl es in der ganzen Grafschaft von Schafen wimmelte, wusste Sarah wenig über deren Haltung, die Rassen, die Zucht, das Weiden, die Schur. Aber sie wusste eine Menge über das Spinnen und Weben.
Da Mrs Considine dies bekannt war, warf sie ihr einen fragenden Blick zu. »Die neue Rasse liefert eine gänzlich andere Wolle. Sie ist wesentlich feiner als die übliche. Welche der Spinnereien würden Sie fürs Verarbeiten empfehlen, meine Liebe?«
Sarah war sich Charlies interessierten Blicks deutlich bewusst, als sie antwortete: »So, wie Sie das Haar beschreiben, würde ich die Vliese nach Wellington zu Corrigan’s bringen. Das ist zwar nur ein kleiner Betrieb, aber er ist auf die Aufbereitung wie das Verspinnen verschiedenwolliger Provenienzen spezialisiert. Die anderen Spinnereien würden die Schur ihren regulären Produktionsprozess durchlaufen lassen, ohne Unterschied.«
»Corrigan’s«, wiederholte Mrs Considine sinnend und sagte dann: »Ich werde es Jeffrey ausrichten. Er wird erfreut sein, dass ich mich erkundigt habe.« Nachdem sie Charlie empfohlen hatte, es auch einmal mit der neuen Rasse zu versuchen, entfernte sie sich.
Sarah drehte sich ihm zu. »Was machen Sie hier?«
Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert, aber in seine Augen trat, nur für Sarah sichtbar, Verärgerung. »Es war mir nicht klar, dass es so eine Einladung ist.« Frustriert schaute er um sich. »Ich dachte, es wären noch andere Gentlemen anwesend.«
Er meinte offenbar Gentlemen seines Alters und seiner Klasse. Sarah sparte sich den Hinweis, dass es davon in der näheren Umgebung nicht viele gab.
»Es sind doch sieben männliche Wesen da, und jeder ist ein Gentleman.«
»Zwei alte und fünf, die noch feucht hinter den Ohren sind«, grollte er leise. »Ich komme mir vor wie eine Jahrmarktsattraktion.«
Sarah lächelte. »Warum sind Sie überhaupt hier?«
Sie las die Antwort in seinen Augen, und für einen Moment dachte sie, er würde ...
Stattdessen antwortete er: »Sie wissen genau, warum. Ich dachte ...« Er schnitt eine Grimasse. »Es war ein Irrtum.«
Sie verstand ihn nur zu gut, denn sie empfand die gleiche Sehnsucht nach einer Berührung, einem Kuss ... Plötzlich war sie atemlos, als wäre sie gerannt. »Wie auch immer - jetzt, da Sie hier sind, müssen Sie das Beste daraus machen, denn Sie können sich nicht einfach fortstehlen.«
»Genauso sehe ich es auch.« Er ließ den Blick über die interessierten Beobachter schweifen. »Wenn ich die allgemeine Aufmerksamkeit richtig deute«, sagte er aus dem Mundwinkel, »müssen wir wenigstens nicht unverbindliche Höflichkeit heucheln.«
»Den Eindruck habe ich auch.«
»Wie kommt es, dass Sie so viel über die Wollherstellung wissen?« Um zu verhindern, dass sich jemand zu ihnen gesellte, begann er, mit Sarah durch den Raum zu schlendern.
»Ich habe doch erwähnt, dass,
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