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 Sturm im Elfenland

Sturm im Elfenland

Titel: Sturm im Elfenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill,
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die ihren, brannten sich einen Weg hinunter in ihr Innerstes und sogen ihre Gedanken heraus. Alana ächzte und schloss die Augen. »Lass mich«, brachte sie heraus. »Wie könnte ich dir vertrauen? Lass mich gehen, böser Zauberer!«
    Er ließ sie mit einem Ruck los, sodass sie taumelte. »Böser Zauberer«, wiederholte er bitter. »Du weißt nichts, du dummes Kind. Nichts!« Er wandte sich ab und ging davon. »Immer geradeaus, durch den zweiten Torbogen rechts«, rief er über seine Schulter. »Du kannst dich jetzt nicht mehr verlaufen.«
    Alana sah ihm nach, und dann wurden ihre Knie plötzlich weich und sie musste sich gegen die Wand lehnen. Sie rieb sich über die Augen, die sich heiß anfühlten und seltsam rau, als wären sie mit Sand gefüllt. »Ivaylos Eltern sind nicht tot, hat er gesagt«, flüsterte sie.
    Aber was war mit ihnen geschehen? Wo verbargen sie sich ‒ oder wurden sie gefangen gehalten? Der böse Zauberer wusste es und sie hatte ihn nicht danach gefragt!
    Alana rieb verbissen über ihre Augen, die zu tränen begonnen hatten. Sie würde ihm wieder über den Weg laufen, ob sie nun wollte oder nicht. Und dann würde sie ihn nicht mehr davonlaufen lassen, ohne dass er ihr sagte, wo Ivaylos Eltern waren. Sie hatte keine Angst vor Munir.
    Alana stieß sich von der Mauer ab und ging mit harten, schnellen Schritten weiter. Sie wollte keine Angst vor ihm haben. Er war böse, aber er hatte keine Macht über sie. Das würde ihr Stein nicht zulassen. Ganz sicher würde er das nicht zulassen ...

Kapitel 17

    Alana fand Ivaylo nach längerem Suchen durch den Hinweis eines menschlichen Bediensteten, der sich mit Besen und Eimer durch einen ellenlangen Gang arbeitete, den sie entlangging. »Munirs Mündel? Der Junge, der hier gewohnt hat? Ja, den hab ich gesehen. Warte, junges Fräulein.«
    Er lehnte den Besen an die Wand und kratzte sich ausgiebig den kahlen Schädel, was ihm anscheinend dabei half, sich zu erinnern. »Der kleine Gartensalon«, sagte er schließlich, als das Kratzen wohl die gewünschte Wirkung getan hatte. »Weißt du, wo der ist?«
    Alana verneinte. Das Schloss war wirklich zu weitläufig, um es in ein paar Tagen erkundet zu haben und sich dann noch daran zu erinnern, welcher Salon sich in welchem Flügel und in welcher Etage des Gebäudes befand.
    Der Mann stellte nun auch seinen Eimer ab, aus dem schmutziges Wasser herausschwappte, weil er beide Hände zum Erklären des Weges brauchte. Alana lauschte ihm mit steigender Verzweiflung, aber dann erkannte sie, dass sie den beschriebenen Weg durchaus finden würde, denn er führte an dem freundlichen Speiseraum vorbei, in dem sie am Vortag das späte Frühstück eingenommen hatte. Erleichtert dankte sie dem Diener und lief zur Treppe.
    Als sie die Tür zum kleinen Gartensalon öffnete und eintrat, war sie einen Moment lang davon überzeugt, der Salon sei leer und sie habe Ivaylo verpasst.
    Schatten nisteten in den Ecken des Raumes, und es war kühl, denn im Kamin brannte kein Feuer und keine Lampe war entzündet. Es war ein wolkenverhangener Tag, dessen trübe Stimmung gar nicht recht zum bevorstehenden glanzvollen, lichtersprühenden Winterjahrfest und dem abendlichen Maskenball passen wollte. Die schneebedeckten Bäume im Park standen wie schweigende Giganten da, die das Schloss bewachten.
    Alana warf einen Blick rundum ‒ eine kleine Sitzgruppe stand vor dem bodentiefen Fenster, eine zweite an der Wand links von der Tür ‒ und wollte wieder gehen, als sie innehielt. Ihr Sternenstein war mit einem Mal so kalt geworden, dass sie erschauerte. Es war ein Zeichen, das sie nicht deuten konnte.
    Sie ließ ihren Blick ein zweites Mal durch den Salon wandern und fuhr zusammen. Dort, auf der Chaiselongue, saß doch jemand. Eine schmale, dunkle Gestalt, die die Hände im Schoß zusammengelegt hatte und vor sich hinblickte. Nicht auf ein Buch ‒ dazu war es auch schon viel zu dämmrig geworden ‒, nicht träumend vor sich hin, nicht zu ihr oder in den Garten. Nein, es war einfach nur ein Blick ohne Ziel und ohne Leben.
    »Ivaylo?«, sagte Alana erschrocken und machte einen Schritt auf ihn zu. Schlief er mit offenen Augen? War er krank?
    Der Junge regte sich nicht. Starr ruhte sein blinder Blick auf einem Punkt im Raum, an dem sich nichts Beachtenswertes befand.
    »Ivaylo!«, wiederholte Alana drängend. Sie hob die Hand, um seine Schulter zu berühren.
    Sein Kopf fuhr zu ihr herum. Die toten, leblosen Augen glänzten in einem hellen Gelb, als

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