Sturm im Elfenland
Zunge.
»Izar, habt ihr den Weg erkundet?«, fragte Auberon. Die Jägerin nickte. Sie kam dicht an seine Seite und er neigte ihr den Kopf entgegen. Wie es ihre Art war, erstattete sie ihrem Herrn im Flüsterton Bericht.
Derweil rollte ich mich in meine Decke ein und ließ meine Gedanken schweifen. Seit wann waren wir unterwegs und wie viele Tore hatten wir geschlossen? Ich konnte es nicht mehr zählen. Ich war so müde. Hätte er mir doch zumindest erlaubt, Audras Jungen auszubilden. Er besaß eine Stärke, die wir gut an unserer Seite hätten brauchen können.
War es denn wirklich richtig, allem und jedem zu misstrauen?
Ich verbot mir energisch jede weitere Grübelei. Morgen würden wir die Zwergenstadt erreichen. Dafür musste ich ausgeruht und wach sein. Trond Hammerschlag, der König der Zwerge, war ein reizbarer und schwieriger Gesprächspartner und wie alle Zwerge kein Freund des Elfenvolks. Es würde ein harter und langer Tag werden.
Mit einem tiefen Seufzen entließ ich mich in den Schlaf.
Kapitel 7
Der Sommer ging beinahe unmerklich in einen farbensprühenden, sonnigen Herbst über. Die Geschwister vertieften sich mit wachsender Begeisterung in ihre Studien der alten Kunst, und Ivaylo, der den beiden in diesem Gebiet weit voraus war, beschäftigte sich mit einer Reihe von Büchern, die Erramun ihm aus dem verschlossenen Schrank in der Bibliothek herausgesucht hatte.
Der Schrank hatte Alana schon immer fasziniert. Sie hatte oft davorgestanden, seine dunklen, geschnitzten Türen betastet und sich gefragt, was wohl darin sein mochte. Es war ein großes Möbelstück, das beinahe eine ganze Wand bedeckte, und so hoch, dass sie, selbst wenn sie auf einen Stuhl stieg, nicht an sein oberes Ende reichte. Das hatte sie ausprobiert, denn sie wollte wissen, ob etwas auf dem Schrank lag, das einen Hinweis darauf gab, was sich in seinem Inneren verbarg.
Als Erramun nach einigen Wochen ihres geheimen Unterrichts den großen Schlüssel von seinem Gürtel nahm und in das Schloss der Schranktür steckte, stöhnte sie laut vor Aufregung. Aindru lachte auf, und sogar der düstere Ivaylo verzog die Lippen zu einem schwachen Lächeln.
Die Türen schwangen auf und offenbarten Bücher in allen Größen und Formen. Ein strenger, muffiger Geruch wehte ins Zimmer. Alana war auf den ersten Blick ein wenig enttäuscht. Bücher waren etwas Großartiges, aber die ganze Bibliothek war voll von ihnen, und Alana hatte noch kaum einen Bruchteil davon gelesen.
Doch dann sah sie die Titel und stöhnte ein zweites Mal. Sie ließ ihren Finger über die Buchrücken wandern. Jedes einzelne dieser Bücher handelte von der alten Kunst. Es waren Lehrbücher und Abhandlungen, gelehrte Schriften und Einführungen, Handbücher für einzelne magische Disziplinen, illustrierte Führer durch die Welt der Dämonen und Geister und so weiter. Alana spürte, wie ihre Haut vor Aufregung prickelte. »Dürfen wir all das lesen?«, fragte sie.
Erramun schüttelte den Kopf. »Mit den Büchern könntet ihr jetzt noch nicht viel anfangen«, sagte er. »Das kommt später. Wenn der Winter da ist, werden wir so weit sein, dass ich euch Lektüre aufgebe.« Er lächelte Alana zu, die das Lächeln ein wenig beklommen zurückgab.
Sie war nicht begabt, und das hatte sich an den vergangenen Tagen in jeder Minute des Unterrichts bestätigt. Trotzdem war sie Feuer und Flamme dafür. Diese Begeisterung teilte ihre Freundin Garnet nicht im Mindesten.
Erramun hatte die Erlaubnis Gondiars eingeholt, Garnet ebenfalls zu unterrichten, und Alana war mit der Botschaft zu ihrer Freundin gelaufen. Zu Alanas Enttäuschung reagierte Garnet nicht sonderlich erpicht auf die Aussicht, ab jetzt jeden Tag in der alten Kunst unterwiesen zu werden. »Was soll ich damit?«, hatte sie gefragt.
Alana hatte einiges an Überredungskunst aufwenden müssen, um Garnet dazu zu bewegen, wenigstens gelegentlich am Unterricht teilzunehmen. Den Ausschlag hatte das Argument gegeben, dass Ivaylo auch da sein würde.
Garnets Gesicht nahm bei diesen Worten einen Ausdruck an, der Alana zum Lachen reizte. Sie verbiss es sich, um Garnet nicht zu verärgern, und lockte: »Wenn du dich auch für die alte Kunst interessierst, wird ihm das vielleicht imponieren. Er hat nichts anderes im Kopf, Garnet.«
Ihre Freundin wirkte nicht überzeugt, aber sie sagte widerwillig zu, sich das Ganze einmal anzusehen.
Das hatte sie auch getan, sie war ein paar Mal zum Unterricht erschienen, aber weil Ivaylo keinerlei
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