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Sturm ueber Cleybourne Castle

Sturm ueber Cleybourne Castle

Titel: Sturm ueber Cleybourne Castle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Ohne die Anerkennung der Gesellschaft konnte sie leben, und dank der Großzügigkeit des Generals war auch ihr Lebensunterhalt gesichert, selbst wenn ihr Verhältnis mit Richard eines Tages beendet war - und es wäre eines Tages zu Ende, darüber machte sie sich keine Illusionen. Männer waren irgendwann ihrer Geliebten überdrüssig. Außerdem würde Richard später doch wieder heiraten, schon damit seine Familie nicht ausstarb. Spätestens zu diesem Zeitpunkt würde sie den Laufpass bekommen.
    Das waren keine sehr rosigen Aussichten, aber sie schreckten sie dennoch nicht. Die Liebe in ihrem Herzen und das Glück, diese Liebe zum Ausdruck bringen zu können, würde auch ihr späteres Leben erträglich machen.
    Entschlossen erhob sie sich, um dem neuen Tag ins Auge zu sehen. Was er auch immer für sie bereithalten mochte, sie würde es freudig entgegennehmen.
    Zwei Stunden später saß Jessica in Gabrielas Zimmer und war gerade dabei, die Bruchrechnung zu erklären, als in der Halle laute Stimmen ertönten. Offensichtlich unterhielten sich zwei Hausmädchen aufgeregt miteinander.
    Gefolgt von Gabriela lief Jessica hinunter und wurde mit sichtlicher Erleichterung von den beiden empfangen. „Oh, Miss!" rief die eine schon von weitem. „Es geht um den Herrn Pfarrer."
    „Um Reverend Radfield?" wiederholte Jessica erschrocken. „Ist ihm etwas zugestoßen?"
    „Nein, nein ... zumindest weiß ich es nicht. Ich habe vorhin bei ihm angeklopft und wollte ihm das Frühstück bringen, aber er antwortete nicht. Da habe ich die Tür aufgemacht - und niemand war drin. Keine Menschenseele."
    „Vielleicht ist er zeitig aufgestanden und in das Frühstückszimmer gegangen?"
    „Nein, Miss, er war nicht mit den anderen bei Tisch. Und er hat mir ja auch gesagt, dass er gerne in seinem Zimmer frühstückt." Das Mädchen wurde ein wenig rot, und Jessica vermutete, dass es eine Zuneigung zu dem gut aussehenden geistlichen Herrn gefasst hatte. „Ich fürchte, irgendetwas ist nicht in Ordnung mit ihm. Es gehen so seltsame Dinge im Hause vor. Noch nie habe ich so etwas erlebt."
    „Wir wollen noch einmal in sein Zimmer gehen", schlug Jessica vor und machte sich sogleich auf den Weg, gefolgt von den Hausmädchen und Gabriela. Sie klopfte an die Tür, und als niemand antwortete, betrat sie das Zimmer.
    Das Bett war aufgeschlagen. Offensichtlich hatte Radfield in dieser Nacht darin geschlafen. Doch nirgends waren persönliche Dinge zu sehen wie Haarbürsten, Rasiermesser, Manschettenknöpfe oder Ähnliches. Kopfschüttelnd ging sie zum Schrank und öffnete ihn. Er war leer!
    „Wisst ihr, ob der Reverend etwas von seinen Sachen ausgepackt hatte?" erkundigte sich Jessica bei den Mädchen.
    „Oh ja, Miss, da hingen ein paar Hosen und Jacken drin."
    Auch die Schubkästen der Kommode und des Frisiertisches waren völlig ausgeräumt. Jessica blickte in die Ecke, wo ein Koffer und eine Reisetasche standen.
    „Hatte der Reverend noch weiteres Gepäck?"
    „Ja, Miss, eine Reisetasche aus Stoff, kleiner als die hier. Aber sie ist nicht mehr da." „Nun, mir scheint, unser Herr Pfarrer hat sich verdrückt", stellte Jessica trocken fest und eilte aus dem Zimmer.
    Sie fand Cleybourne in seinem Arbeitszimmer. Als sie eintrat, huschte ein Lächeln über seine Lippen, und in seinen Augen lag ein warmer Glanz. „Jessica ... "
    Höflich erhob er sich. Doch als er ihre ernste Miene bemerkte, fragte er besorgt: „Ist etwas geschehen?"
    „Reverend Radfield ist nicht in seinem Zimmer. Er scheint uns verlassen zu haben." Ungläubig starrte Richard sie an. „Willst du damit sagen, dass er nicht mehr im Hause ist?"
    Jessica nickte. „Es sieht so aus. Das Mädchen fand ihn nicht mehr vor, als es ihm das Frühstück bringen wollte. Eine seiner Reisetaschen fehlt. Außerdem sind alle Sachen, die er ausgepackt hatte, verschwunden. Ich glaube, er hat sich aus dem Staube gemacht."
    „Bei diesem Wetter? Das ist doch Selbstmord! Was zum Teufel..."
    Es brauchte nicht viel Zeit, um festzustellen, dass in der Tat keine Spur von Reverend Radfield mehr vorhanden war. Richard schickte zwei Gärtnerburschen hinaus, um nach Spuren zu sehen, und ließ zudem die beiden schnellsten Pferde satteln. Schon bald kehrten die Burschen zurück und berichteten, dass offensichtlich jemand durch den hohen Schnee auf dem Feld in die Richtung der Landstraße gewatet war. Cleybourne ließ Mr. Cobb rufen, und die beiden machten sich auf die Suche nach dem verschwundenen Geistlichen.

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