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Sturm ueber Cleybourne Castle

Sturm ueber Cleybourne Castle

Titel: Sturm ueber Cleybourne Castle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Jessica erhielt den Auftrag, die anderen Gäste inzwischen zu beschäftigen, und sie tat dabei ihr Bestes, obwohl ihre Gedanken ständig um die beiden Reiter und den geflohenen Radfield kreisten. Warum nur war er heimlich weggelaufen? Es sah ja fast aus wie eine Flucht, was ihn verdächtig machte - so als habe er irgendein Verbrechen begangen. Vielleicht war er gar kein Geistlicher?
    In dem unberührten Schnee war die Spur des Flüchtigen leicht zu verfolgen, und die beiden Reiter kamen natürlich auch viel schneller vorwärts als ein Mann zu Fuß und mit Gepäck. So dauerte es denn nicht lange, bis der Duke und Mr. Cobb mit dem geistlichen Herrn nach Cleybourne Castle zurückkehrten. Jessica saß mit den Gästen in dem großen Wohnzimmer, und auch Rachel, der es wieder besser ging, hatte sich heute dazugesellt.
    Richard ließ sich und seinen Begleitern kaum Zeit genug, um die dicken Mäntel abzulegen. Dann schob er Radfield vor sich her in das Wohnzimmer und drückte ihn dort in einen Stuhl. Der vermeintliche Pfarrer hockte wie ein Häufchen Elend auf seinem Sitz und bemühte sich nur, nicht allzu laut mit den Zähnen zu klappern.
    „Nun, Mr. Radfield, falls Sie in der Tat so heißen", begann Richard mit grimmiger Miene, „ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie uns die Wahrheit sagen. Haben Sie Mrs. Woods getötet?"
    „Nein!" rief Mr. Radfield entsetzt. „Nein! Ich hätte ihr nie etwas zuleide getan."
    „Ihre seltsame Flucht sieht aber ein bisschen verdächtig aus. Warum machen Sie sich in tiefem Schnee auf den Weg, riskieren dabei sogar Ihr Leben, wenn Sie nicht der Mörder sind? Wenn Sie nicht Angst davor haben, entlarvt zu werden?"
    „Natürlich habe ich Angst gehabt!" schrie Radfield außer sich. „Es war doch offenkundig, dass Sie und dieser Polizist dort", er wies mit dem Kopf auf Mr. Cobb, „mir den Mord anhängen würden."
    „Und warum sollten wir das tun?"
    „Weil Sie Mrs. Woods Zimmer durchsucht haben. Und dabei mussten Sie etwas finden ..." Radfield hielt inne und ließ sich mutlos zurücksinken.
    „Was mussten wir finden?" half Richard nach. „Den Schmuck?"
    „Ja, den Schmuck." Radfield warf ihm einen wütenden Blick zu. „Und dann haben Sie mich beobachtet und darauf gewartet, dass ich einen Fehler mache. Und sie ... sie ist nicht mehr!" Unvermittelt füllten sich seine Augen mit Tränen.
    Jessica musterte den gut aussehenden Mann, und eine vage Vermutung kam ihr bei seinem Anblick. Ihre Gedanken begannen, fieberhaft zu arbeiten.
    „Sie wusste immer, was zu tun war", jammerte Radfield. „Ohne sie war ich... verloren. Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte."
    „Sie waren Partner, nicht wahr?" mischte sich jetzt Mr. Cobb ein und stellte sich kampflustig vor Radfield. „Sie haben den Diebstahl bei Mr. Gilpin gemeinsam begangen. So war es doch? Also handelte es sich doch um einen Tanzmeister in mittleren Jahren. Sie und dieses Flittchen ..."
    Radfield sprang abrupt auf. „Ich verbiete Ihnen, so von ihr zu reden!"
    Cobb grinste herausfordernd und zog an den Fingern, dass die Gelenke knackten. „Wollen Sie sich mit mir anlegen? Nur zu!"
    „Setzen Sie sich doch wieder, und lassen Sie diese Albernheiten", sagte Richard ärgerlich und drückte Radfield auf den Stuhl zurück. „Sie würden ja doch den Kürzeren ziehen." Und zu Cobb gewandt fügte er hinzu: „Und Sie müssen die Informationen nicht aus ihm herausprügeln."
    „Warum gehen Sie so rücksichtsvoll mit ihm um?" brauste Cobb auf. „Es ist doch klar, dass er sie umgebracht hat. Die beiden waren Partner und haben sich in die Haare bekommen. Da hat er sie die Treppe hinuntergestoßen. Er ist zwar nicht besonders kräftig, aber dafür würde es allemal reichen."
    „Ich habe sie nicht getötet!" schrie Radfield. „Warum können Sie das nicht begreifen?" Jetzt liefen dicke Tränen über seine Wangen. Mit zitternden Händen fuhr er sich immer wieder durch das Haar und gab ein Mitleid erregendes Bild der Verzweiflung ab. „Sie war die Letzte, der ich etwas angetan hätte. Ja, wir waren Partner. Aber sie war auch der einzige Mensch auf der Welt, dem ich vertraut habe. Ich habe sie geliebt." Schluchzend bedeckte er das Gesicht mit den Händen.
    Richard betrachtete ihn voller Mitgefühl. „Sie waren mit ihr verheiratet?"
    „Nein." Radfield schüttelte heftig den Kopf, und in sein Schluchzen mischte sich etwas, das wie ein unterdrücktes Lachen klang. „Nein, wir waren nicht verheiratet. Und sie war auch nicht meine Geliebte.

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