Sturm ueber Cleybourne Castle
Einlass zu bitten?"
Gabriela kicherte. „Oh ja, es ist doch furchtbar interessant!"
Erfreut über die erstaunlich gefasste Haltung des Mädchens, befahl Jessica dem Kutscher, durch die Einfahrt in den Schlosshof zu fahren. Sie hoffte, dass der Duke of Cleybourne nicht zu ungehalten über ihre späte Ankunft sein würde. Es war zweifellos nicht die günstigste Zeit, um in ein fremdes Haus einzudringen, doch der Duke würde sicher Verständnis für die Dringlichkeit der Angelegenheit aufbringen. Zum wiederholten Male stellte sie mit Bedauern fest, dass es weder von Gabrielas Vater noch von dem General eine gute Idee gewesen war, für das Mädchen einen Vormund von so hohem Rang und Namen zu bestimmen. Vielleicht war er so hochmütig und lehnte es ab, sie beide zu empfangen? Jessica war zwar in gehobenen Kreisen aufgewachsen - der Bruder ihres Vaters war Baron und ihr Großvater mütterlicherseits Baronet gewesen - aber das war natürlich kein Vergleich zu einem Duke, dem höchsten Adelsrang nach dem König. Einige Angehörige der königlichen Familie waren ebenfalls selbst Dukes. Jessica fürchtete deshalb, dass der neue Vormund sie wegschicken könnte, weil er sie für ungeeignet hielt, das Mündel eines Duke zu erziehen und in den höfischen Umgangsformen zu unterweisen. Aber sie hatte darüber natürlich nicht mit Gaby gesprochen, um das Mädchen nicht unnötig zu beunruhigen.
Polternd rollte die Kutsche durch das breite Einfahrtstor und dann in den mit Feldsteinen gepflasterten Hof. Offensichtlich gehörte das Tor früher zu der äußeren Festungsmauer, denn es war mit schweren Eisengittern versehen, die nachts verschlossen werden konnten. Aber in heutiger Zeit unterzog man sich dieser Mühe wohl nicht mehr. Mit einem eleganten Bogen lenkte der Kutscher den Wagen vor die Freitreppe an der Haustür und sprang dann vom Bock, um den Damen beim Aussteigen zu helfen.
Das Wohngebäude war genauso beeindruckend wie die gesamte Anlage. Die ausgetretenen Stufen führten zu einer schweren, kunstvoll geschnitzten Eichentür empor. Jessica nahm ihren ganzen Mut zusammen, stieg, gefolgt von ihrem Schützling, die Treppe empor und schlug mit dem schmiedeeisernen Klopfer energisch gegen die Tür. Augenblicklich wurde von einem sehr überrascht wirkenden Lakaien geöffnet.
„Sie wünschen?" „Ich bitte um Entschuldigung für unsere späte Ankunft. Mein Name ist Jessica Maitland, und das ist Gabriela Carstairs. Wir möchten zum Duke of Cleybourne." Der junge Mann starrte die fremden Besucherinnen wortlos an. „Zum Duke?" fragte er schließlich ungläubig.
„Ja, natürlich", erwiderte Jessica kopfschüttelnd, „zum Duke. Miss Carstairs ist die Großnichte von General Streathern. Ihr Vater war ein enger Freund des Duke."
„Oh, ich verstehe." Der Lakai machte zwar nicht den Eindruck, die Zusammenhänge tatsächlich begriffen zu haben, aber er ließ die beiden schließlich eintreten.
„Bitte, nehmen Sie Platz. Ich werde Seine Gnaden von Ihrer Ankunft benachrichtigen."
Das ist nun wirklich kein besonders herzlicher Empfang, dachte Jessica, während ihre Beunruhigung wuchs. Was sollte sie tun, wenn die Post sich verspätet und der Duke ihren Brief noch gar nicht erhalten hatte? Sie waren so schnell gereist, dass sie möglicherweise den Eilboten mit ihrem Schreiben überholt hatten.
Der Lakai blieb eine ganze Weile weg. Als er endlich zurückkehrte, war er in Begleitung eines älteren Mannes, der auf Jessica zuging. „Ich bedaure außerordentlich, Miss ... Miss Maitland, nicht wahr? Mein Name ist Baxter, und ich bin der Butler. Ich fürchte, es ist keine passende Zeit, um Seiner Gnaden die Aufwartung zu machen. Wenn ich mich nicht täusche, ist es bereits neun Uhr und damit keine Besuchszeit mehr."
„Ich habe ihm einen Brief geschrieben", entgegnete Jessica stirnrunzelnd. „Hat er ihn nicht erhalten? Ich habe ihm darin den Grund für unser Eintreffen in seinem Hause dargelegt."
„Ah ... ja ... ich bin mir nicht ganz sicher. Es ist zwar ein Schreiben gekommen, aber ich weiß nicht, ob es der Duke bereits zur Kenntnis genommen hat. Es scheint mir, dass Sie nicht erwartet worden sind."
„Wenn er meinen Brief nicht erhalten hätte, wäre es sehr schade. Wenn er ihn jedoch bekommen, aber nicht gelesen hat, so sollte er es so schnell wie möglich nachholen, denn es würde die Situation klären. Alles Weitere würde ich ihm dann erläutern. Ich gebe zu, dass es ihm etwas seltsam erscheinen mag, aber ich muss ihn
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