Sturm ueber Cleybourne Castle
verbringen."
„Ich habe sie nicht eingeladen. Sie sind mir sehr lästig, und ich wünschte, sie würden so schnell wie möglich wieder verschwinden."
„Ich glaube Ihnen gern, dass die Leute Sie stören. Aber sie können nun einmal nicht von hier fort, und deshalb sollte man versuchen, das Beste aus dieser Situation zu machen. Und Sie müssen dabei auch an Gabriela denken. Soll das Mädchen Weihnachten in düsterer Stimmung verbringen, nur weil Sie zu selbstsüchtig sind, um andere Menschen froh sehen zu können?" Jessica hatte sich in Rage geredet, und ihre Augen blitzten kämpferisch.
„Jetzt reicht es! Was nehmen Sie sich heraus?" Wütend trat Cleybourne näher an sie heran, doch sie wich ihm nicht aus, sondern sah ihn herausfordernd an.
„Ich nehme mir heraus, die Wahrheit zu sagen. Der Anblick von Weihnachtsschmuck macht Sie traurig, und deshalb verbieten Sie ihn im ganzen Hause - nicht für ein Jahr oder auch zwei, nein, für immer."
„Ich verbiete niemandem, Weihnachten zu feiern. Sie können gern ..."
„Was? Und wo? Die Leute leben und arbeiten hier. Wenn sie das Weihnachtsfest so begehen wollten, wie sie es sich wünschten, müssten sie von hier fort, und das wollen sie nicht, weil sie an Ihnen hängen. Gabriela und ich aber sind nicht Ihre Angestellten. Warum sollen wir unter denselben Beschränkungen leiden wie Ihre Dienerschaft? Es gibt keinen Grund, Gaby das bisschen Freude an ein paar weihnachtlichen Girlanden und Mistelsträußen zu nehmen, nur weil Sie es nicht übers Herz bringen, einen solchen Schmuck im Hause zu erlauben."
„Ein paar weihnachtliche Girlanden? Jedes Zimmer ist voll von diesem Grünzeug!" brauste Richard auf. Diese Frau war ein einziges Ärgernis! Und trotzdem musste er ständig an den gestrigen Abend denken. Wenn er sie nur ansah, spürte er wieder die Rundung ihrer Brüste in seinen Händen, hörte ihren keuchenden Atem ...
Abrupt drehte er sich um und ging zum Fenster, um seine Fassung wiederzuerlangen. Nach einer Weile wandte er sich ihr erneut zu und sagte ruhig: „Sie sind zwar nicht meine Angestellte, Miss Maitland, aber darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass ich Gabrielas Vormund bin."
„Sie haben die Vormundschaft doch abgelehnt."
„Bis ich die Verantwortung auf jemand anderen übertragen habe, bin und bleibe ich Gabrielas Vormund", erwiderte Richard mit unüberhörbarer Schärfe. „Und Sie beide leben in meinem Hause."
Seine Worte blieben in der Luft hängen, denn Jessica sagte nichts dazu, sondern blickte ihn nur schweigend an. Schließlich wurde ihm bewusst, dass seine Bemerkung ein wenig anmaßend geklungen haben musste - fast wie eine Drohung. „Ich weiß", sagte Jessica, als das Schweigen drückend zu werden begann, „dass wir hier nur geduldet sind." Ihrer Miene war anzumerken, dass sie keineswegs bereit war, sich in die Knie zwingen zu lassen. „Und wenn Sie wünschen, dass die Weihnachtsdekoration wieder entfernt wird, können wir beide nichts dagegen tun. Ich werde versuchen, es Gabriela irgendwie zu erklären. Allerdings müssen Sie der Dienerschaft den Auftrag dazu geben, denn ich habe - wie Sie bereits zutreffend festgestellt haben - keine Befehlsgewalt über sie."
Herausfordernd warf sie den Kopf in den Nacken, denn sie war überzeugt, den Duke of Cleybourne inzwischen gut genug zu kennen, um sicher zu sein, dass er es letzten Endes nicht übers Herz bringen würde, seine Leute derart zu enttäuschen.
Mit zusammengekniffenen Augen sah Richard sie an. Er spürte das Pochen seines Blutes und war sich bewusst, dass es nur eine Frage von Minuten war, bis sein Zorn die Schranken zerbrechen und er Jessica in die Arme nehmen und küssen würde. Allein die Götter wüssten dann, wie es enden würde. Scheinbar gleichmütig winkte er ab. „Ach, zum Kuckuck mit Ihren albernen Tannenzweigen!" Ruckartig wandte er sich um und verließ das Zimmer. Im Korridor stieß er auf ein gutes halbes Dutzend aufgeregter Lakaien und Hausmädchen.
Er nickte ihnen im Vorübergehen zu und sagte kurz: „Warum macht ihr nicht weiter? Vorwärts!"
Während er die Halle durchquerte, blickten ihm die Bediensteten verblüfft und sprachlos nach.
13. KAPITEL
Jessica brauchte eine Weile, um sich so weit zu beruhigen, dass sie ebenfalls das Zimmer verlassen konnte. Sie wusste, dass die Dienerschaft sie genau beobachten würde. Deshalb war sie fest entschlossen, völlig unberührt von ihrem Streit mit dem Duke zu wirken.
In der Halle nickte sie einem der Hausmädchen
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