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Sturm ueber den Highlands

Titel: Sturm ueber den Highlands
Autoren: Suzanne Barclay
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emporschoss, über ihr Opfer sprang und zur Tür hinauslief.
    Es war späte Nacht und dunkel wie Pech, nur schwache Lichtschimmer drangen durch die Fensterläden, und einige vom Wind gepeitschte Fackeln erhellten spärlich das Dorf. Wo waren ihre Männer? Welcher Weg führte zu den Pferden? Von Panik gepackt lief Elspeth dem Wald entgegen. Sie hatte nur wenige Augenblicke, um die Richtung zu wählen und ihre Freiheit auszukosten, ehe er neben ihr auftauchte.
    „Das war ein gemeiner Trick“, sagte ihr Verfolger, so ruhig und mühelos, als würden sie durch die Palastgärten schlendern und nicht über steinigen Erdboden hetzen. Er griff nach ihr; unwillkürlich sprang sie zur Seite, doch sie verlor den Boden unter den Füßen und stürzte.
    Starke Hände umfingen sie und ergriffen sie, bevor sie aufschlug. Er drückte sie gegen seine feste Brust, als er im Lauf innehielt. Die muskulösen Arme, die sich um sie schlangen, ließen ihren Puls schneller schlagen als die Furcht, die sie zu ihrer Flucht getrieben hatte. Es wäre besser gewesen, hätte er sie fallen lassen.
    Elspeth wand sich unter seinem Griff und wehrte sich.
    „Ruhig, du Balg, oder du tust dir selbst weh“, sagte er. Derber Spott überspielte seine Sorge.
    Diese Stimme, diese Worte. Sie hatte sie schon einmal gehört. Elspeth wurde ruhig, sie wühlte in ihrer Erinnerung und bemühte sich, Bruchstücke aus ihrem Gedächtnis zu holen. „Wer bist du?“ flüsterte sie.
    „Ich bin ein Niemand aus deiner Vergangenheit, Beth.“
    Ihr Kosename, den nur eine einzige Person kannte, ließ sie den Kopf heben. Fragend blickte sie den Mann an, der sie von oben herab ansah. Dunkle Haare, die vom Nachtwind wild zerzaust waren, das Gesicht beleuchtet vom Schein der Fackeln. Unerschütterlich. Stolz. Überheblich. Unter den Händen, die sie auf seine Brust gelegt hatte, spürte sie nicht die knochigen Rippen eines Jungen, sondern feste Muskeln eines Mannes, der gewohnt war zu kämpfen. Es konnte nicht Lucais sein. Er konnte es nicht sein.
    „Du hast oftmals behauptet, ich sei nur ein einfacher Barde ...
    und nanntest mich noch Schlimmeres an dem Tag, als wir uns trennten.“ Die Bitterkeit in seiner Stimme ließ es wie Schuppen von ihren Augen fallen.
    „L...Lucais?“ erklang ihre Stimme. Zögernden Herzens versuchte sie, die Erinnerung an den schlaksigen, überspannten Burschen mit der Gestalt dieses ... dieses Kriegers zu vergleichen. Nein. Es konnte nicht sein. Das Schicksal konnte nicht so grausam zu ihr sein. „D...du hast dich verändert.“
    „Ja.“ Seine Augen suchten nach Antworten, die sie ihm nicht geben konnte, denn er durfte niemals erfahren, wie sie in Wahrheit fühlte. „Du dich nicht“, sagte er.
    Hysterisches Lachen brannte in Elspeths Kehle. Vielleicht konnte er sie doch nicht so gut durchschauen, wie sie immer befürchtet hatte. „Die Zeit verändert uns alle“, sagte sie leise.
    Doch manche Narben waren zu tief verwurzelt, um gesehen zu werden, außer von einem liebenden Herzen. Ihre Familie hatte ihre Qualen erkannt, doch nicht die Ursache dafür erraten. Es war einer der Gründe, warum sie geflohen war ... wie hätte sie auch denken sollen, dass sie einem noch scharfsichtigeren Herzen gegenüberstehen könnte. Demjenigen von Lucais.
    „Hast du uns deshalb gefangen genommen? Weil ich grausam zu dir war?“
    Es tat ihrem Herzen gut, zu sehen, wie sein Blick unsicher wurde, doch ihr Triumph war nur von kurzer Dauer. „Nein, ich könnte nicht so kleinlich sein.“ Das bedeutete, dass er sie dafür hielt. Es war die Wahrheit. Die traurige, schmerzliche Wahrheit. Doch damals hatte sie geglaubt, den richtigen Entschluss für sie beide gefasst zu haben.
    Elspeth hob das Kinn, entschlossen, die Rolle zu spielen, zu der sie sich seit Jahren gezwungen hatte. „Dann lässt du uns also gehen.“
    „Sobald ich weiß, was dich wirklich auf meine Ländereien gebracht hat.“
    O Gott. Er lebte hier! „Das ist dein Dorf?“
    „Es mag dir entfallen sein, dass ich der Laird der Sutherlands in dieser Gegend bin.“
    Es war ihr entfallen. Sie hatte an diesem Tag ihre Ohren für seine Worte verschlossen, damit sie seiner Ankündigung über die Erbschaft des Besitzes, den sein Großvater ihm hinterlassen hatte und mit dem er ihr nun einen Namen und ein Zuhause bieten konnte, gegenüber taub war. Verzweifelt versuchte sie damals, die Unterredung so schnell wie möglich zu beenden, um sicherzugehen, dass er sie niemals wieder aufsuchen würde. So hatte sie
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