Sturm ueber den Highlands
„Vorsicht... ich bin nun bewaffnet.“
Keine freche Erwiderung folgte, und Elspeths Ausdruck, als sie sich wieder ihrer Aufgabe zuwandte, war zu kummervoll für Lucais’ Gefühl. Was schmerzt sie? fragte er stumm Wee Wat.
Der kleine Mann zuckte die Schultern, seufzte und legte dann den Dolch auf die Decke. „Das ist alles, was mir von meinem Vater geblieben ist“, sagte er leise und heftete den Blick auf Elspeths gesenkten Kopf. „Er hat ihm gehört und davor seinem Vater und seinem Großvater, und so weiter.“
Lucais sah ihre Finger zittern und wollte zu ihr gehen, sie in die Arme nehmen und Antworten fordern. Geduld, riet ihm eine innere Stimme. „Er war ein Highlander?“ fragte er Wat indessen.
„Ja, vom frostigen Norden der Orkneys. Er kam nach Süden, traf meine Mutter und blieb eine Zeit lang.“ Er drehte den Dolch in seinen Fingern und ließ das Licht der Kerzenflamme neben seinem Bett auf das matte Metall fallen. Obwohl er schwarz und vom Alter gezeichnet war, hoben sich die eingravierten Symbole auf dem Heft scharf ab.
„Warte, ich habe noch etwas, das dir gehört.“ Lucais griff in den Beutel, der an seinem Gürtel hing, und holte die beiden alten Münzen hervor, die neben dem Messer gelegen hatten. Vom Schlamm des Schlachtfeldes befreit, funkelten sie im flackernden Licht.
„Ich gebe dir Recht, die Zeichen darauf sind denen meines Dolches ähnlich“, stimmte Wee Wat zu und stieß eine davon mit seinem Finger an. „Doch sie gehören nicht mir.“
„Ich habe sie unter deiner Klinge gefunden.“
Wee Wat runzelte die Stirn. „Die können da seit Jahren gelegen haben und kamen bei dem Handgemenge mit Seamus Munro zu Tage.“
„Vielleicht hat er sie verloren“, rief Lucais aus, und sein Blick verfinsterte sich.
„Kann sein.“ Auch Wee Wats Blick verdüsterte sich. „Doch diese Münzen sind alt, und nach dem, was ich von Seamus gehört habe, kann er Gold nur so lange bei sich behalten, bis er es für Ale und Pferde ausgegeben hat.“
„So ist es.“ Beklommen nahm Lucais eine der Münzen wieder an sich. Sie waren dick und schwer, mit fremdartigen Symbolen in jede Seite gekerbt. Hatte Seamus sie verloren? Und woher hatte er sie?
„Könnte sein, dass die Wikinger sie zurückgelassen haben“, grübelte Wee Wat.
„Wikinger!“ riefen Lucais und Elspeth gleichzeitig.
„Oder die Pikten.“
„Pikten“, hauchte Elspeth. Die Legenden, die Megan ihnen beiden erzählt hatte, waren voll von Geschichten der wilden piktischen Vorfahren, von denen die Schotten abstammten. „Oh, Lucais, nimmst du an, dass diese von den Pikten stammen, die Broch Tower erbaut haben?“ fragte sie mit leuchtenden Augen.
„Wahrscheinlich, doch warum findest du das so aufregend?“
„Die Urbewohner könnten sie verloren haben, und sie sind nun all die unzähligen Jahre verborgen gewesen und haben nur darauf gewartet, dass du sie hervorholst.“ Sie sah Lucais an, als ob er sie vor dem Untergang gerettet hätte, doch er wusste es besser.
Tausende von Pferden und Tieren des Waldes waren durch die Schlucht gekommen seit der Generation, die den Turm zuletzt genutzt hatte. Die Münzen wären entweder schon früher entdeckt oder längst im Schmutz für immer vergraben worden. Nein, diese waren erst kürzlich dahin gelangt. Doch wie? Die feinen Haare in seinem Nacken sträubten sich, als er über die Möglichkeiten nachdachte, doch wagte er sie nicht auszusprechen. Nicht, dass er den beiden nicht traute, und sein Blick ging von Wee Wats gespitzten Lippen zu Elspeths ehrfurchtsvollem Ausdruck. Er respektierte den Mann und war schon auf halbem Wege, auch seiner Frau zu trauen.
Und darin lag die Schwierigkeit. Sie hatte ihn so schnell in ihren Bann gezogen, dass es ihm jedes Mal den Atem raubte, wenn er sie ansah. Doch sie hatte ihn belogen, hatte ihm den wahren Grund verschwiegen, warum sie nach Kinduin gekommen war. Und da war auch noch ihr Besitzanspruch an den Turm.
„Am besten ist es, kein Wort über den Fund zu verlieren, oder jeder gierige Bastard im Umkreis von Meilen trampelt mit einer Schaufel in der Hand in dieser Schlucht herum und gräbt nach dem Schatz“, sagte Wee Wat bedeutungsvoll.
Lucais ergriff den Vorwand rascher als ein Ertrinkender die Rettungsleine. Eine passende Darstellung, denn wenn Elspeth ihn an die Munros verriet... Er dachte, dass er das nicht überleben könnte. „Ja. Ich werde sie wegschließen“, sagte er, erfreut, dass seine ruhige Stimme nichts von seiner inneren
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