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Sturm über Freistatt

Titel: Sturm über Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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ungesehen und ohne Licht durch die dunklen Gänge des Aphrodisiahauses huschte.
    Es mußte späte Nacht sein, denn auf der Straße war es still geworden und der Mond untergegangen. Nebel zog aus dem Hafen herauf. Er betonte die Stille, die Dunkelheit und die Gefahren. Illyra, die die Stadt nicht mochte und sich so wenig wie möglich auf die Straße begab, schritt nun voll Selbstvertrauen zur Garnisonkaserne, wo ihr Halbbruder, der Standortkommandant, zu finden sein würde. Vage entsann sie sich all des Geredes im Basar, daß es auf den Straßen Freistatts jetzt noch gefährlicher war denn je, seit so viele Faktionen, Söldner und Soldaten hergekommen waren. Sie erinnerte sich auch, daß noch keine S’danzo je das Gesicht wie sie benutzt hatte, um in völliger Dunkelheit, völlig allein und völlig sicher durch die Straßen zu schreiten. Sie hätte ihren sich entfaltenden Kräften mißtrauen können, da sie ihr gegeben worden waren, während ihr Sohn von einem unerkennbaren Sturmgott berührt war. Doch voll Vertrauen auf das Gesicht lehnte sie solche Gedanken ab und ging geschickt um silberumzeichneten Schmutz herum.
    »Ischade?«
    Illyra drehte sich um. Weder der Name noch die heisere Stimme, die ihn flüsterte, waren ihr bekannt. Ihre Sicht fiel auf einen zerlumpten Bettler.
    »Warum wandert Ihr heute nacht herum?« fragte der Mann.
    So, wie sie bei Dubro gesehen hatte, sah sie nun den Bettlerkönig – und ebenfalls viel über die Nekromantin Ischade, für die er sie gehalten hatte.
    Sie wich vor ihm zurück und er vor ihr, obgleich er sie in der Dunkelheit nicht gesehen, sondern nur gespürt haben konnte, daß sie etwas in ihm sah, dem gegenüber sogar Ischade blind war.
    Die neuen Seiten des Gesichts wurden Illyra rasch vertraut. Sie setzte ihren Weg fort, ohne ihr Gesicht des Bettlerkönigs zu einem Raben formen zu müssen, um es loszuwerden. Und als der Posten am Kasernentor sie nicht einlassen wollte, benutzte sie, was sie gelernt hatte, und blickte ihm im Fackelschein ins Gesicht, bis er bestürzt über seine innere Entblößung zur Seite trat und sie in den Aufenthaltsraum einließ.
    »Cythen?« rief Illyra. Sie wußte, daß die Frau sich in der rauchigen Stube aufhielt.
    »‘Lyra?« Die Söldnerin erhob sich aus einer Gruppe Männer. Sie legte einen Arm fest um die Schultern der S’danzo und führte sie in einen Alkoven. »‘Lyra, was machst du … ?«
    Illyra blickte der anderen ins Gesicht. Cythen zuckte zurück, dann funkelten ihre Augen verärgert, und nun war Illyra es, die den Blick abwandte.
    »Ist etwas passiert?« erkundigte sich Cythen.
    »Ich muß mit Walegrin sprechen.«
    »Sein Dienst beginnt bei Morgengrauen. Er ist eben erst hochgegangen, um sich schlafen zu legen.«
    »Ich muß ihn sofort sprechen!«
    Cythen zupfte an einem abgegriffenen Amulett. »Lyra, was hast du?«
    »Ich muß meinen Bruder sprechen, Cythen!« Illyras Stimme zitterte im Bewußtsein des Gesichts und vor Entschlossenheit, mit Walegrin zu sprechen, ehe das erste Grau des Morgens auf Zips Altar fiel.
    Sie wartete in der oberen Kammer des Offiziers, während Cythen Walegrin weckte, der darüber nicht sehr erfreut war. Wie der verkörperte grünäugige Grimm stürmte er in die Kammer, doch sie blickte ihm mit dem Gesicht ruhig entgegen.
    »Ich brauche deine Hilfe«, erklärte sie ihrem bestürzten, abergläubischen Halbbruder. »Mein Sohn, den ihr zu einem rankanischen Bürger gemacht habt, wurde gestohlen!«
    »Die Wache zieht ihre Streife in der Straße der Roten Laternen. Es ist dort so sicher wie im Palast.« Er verteidigte die Tüchtigkeit seiner Männer, während er eine mit Bronze verstärkte Beinschiene um die Wade befestigte. »Hast du es der Streife gemeldet? Haben die Männer die Suche sogleich aufgenommen?«
    »Es gibt nichts, was sie tun könnten.«
    Walegrin legte die zweite Beinschiene zur Seite und starrte sie an. »Illyra, was hast du?«
    Nun, da sie bei ihm war, stellte sie fest, daß das Gesicht nicht sehr deutlich war. Sie sah ihn ihre Botschaft weitergeben, aber nicht, daß er seine Männer zu Zips Altar führte, um ihn zu zerstören.
    »Heute nachmittag kam ein Bursche zu mir, mit einer Geschichte über einen Altar am Schimmelfohlenfluß und dem Geist des Sturmgottes, dem er dort Opfer darbringt …«
    »Arton … ein Opfer?«
    Menschenopfer waren verboten trotzdem kam es dann und wann dazu.
    Illyra schüttelte den Kopf. »Dieser Bursche – er nennt sich Zip – brachte diesen gräßlichen,

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