Sturm über Hatton Manor
verdanken hatte, dass man ihr eine zweite Chance gegeben hatte. Aber natürlich hatte er es nicht getan.
Auge um Auge, Zahn um Zahn – und Herz um Herz. Hatte Faith überhaupt ein Herz? Er wünschte, er wüsste es.
Ein wenig nervös kam Faith aus ihrem Schlafzimmer und ging zur Treppe. Sie war vor einer Stunde aufgewacht und hatte sich herrlich entspannt gefühlt. Und sie war prompt errötet, als ihr der Grund dafür einfiel. Zuerst hatte sie angenommen, Nash wäre im Bad. Da er allerdings nicht herausgekommen war, hatte sie sich schließlich überwunden und war aufgestanden, um nachzusehen.
Sie hatte keine Ahnung, warum er sie allein ließ, war ihm jedoch sehr dankbar dafür. Sie wollte sich nichts vormachen. Schließlich war
sie
diejenige gewesen, die die Initiative ergriffen hatte. Sie hatte sich ihm zugewandt, ihn berührt, ihn geküsst, ihn …
Inzwischen brannten ihr die Wangen. Verzweifelt versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber was nützte alle Logik, wenn sie die Auswirkungen ihres Liebesspiels immer noch körperlich spürte und ihr das Herz schier überging?
Nash und sie hatten sich geliebt. Sie hatten sich
geliebt
und nicht nur Sex gehabt. Sie hatten sich geliebt, wie es das Schicksal vorherbestimmt hatte. Und sobald sie konnte, würde sie, Faith, Nash dazu bringen, sich hinzusetzen und ihr zuzuhören, während sie ihm erklärte, was sich an jenem schicksalhaften Abend wirklich ereignet hatte. Diesmal würde sie einen Weg finden
müssen
, ihn zur Einsicht zu bringen. Weil … Ein wenig befangen legte sie sich die Hand auf den Bauch, aber ein glückliches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie tief durchatmete.
Sie tat es nicht nur für sich selbst, weil sie endlich bereit war, Nash ihre Liebe zu gestehen. Sie
musste
es dem Kind zuliebe tun, das sie gezeugt hatten. Sie schuldeten es ihrem Kind, es nicht nur jeder für sich, sondern gemeinsam zu lieben. Es
gemeinsam
zu lieben? Faith wollte nicht einmal darüber nachdenken, dass Nash ihre Gefühle womöglich nicht erwiderte. Nach ihrem leidenschaftlichen Liebesspiel konnte es nicht anders sein.
Instinktiv tastete sie nach ihren Ringen und runzelte dann die Stirn. Sie trug ihren Ehering, aber wo war ihr Verlobungsring? Hatte sie ihn während des Gewitters abgenommen, ohne sich dessen bewusst zu sein?
Faith war schon auf der Treppe, als sie die Türklingel hörte, und ging hin, um zu öffnen. Als sie sich Nashs Anwalt gegenübersah, wurde sie ein wenig nervös. Nachdem sie ihn in Philips Büro geführt und ihn gebeten hatte, sich zu setzen, machte sie sich auf die Suche nach Nash. Erst dabei stellte sie fest, dass sein Wagen nicht draußen stand.
“Das macht nichts”, versicherte David Lincoln. “Ich wollte ihm nur einige Unterlagen zurückbringen. Er hat sie gestern Abend vergessen.” Er lächelte sie an. “Er ist überstürzt aufgebrochen, weil er Sie nicht länger allein lassen wollte.”
Plötzlich wurde er ein wenig rot. “Wirklich romantisch – und das, was man als Happy End bezeichnen könnte! Ehrlich gesagt, war ich ein bisschen unsicher, als er mir damals erzählte, was er vorhatte. Aber Sie wissen ja, wie hartnäckig er sein kann. Es war Philips Wunsch, dass Faith ihre Ausbildung beendet, sagte er und wollte es möglich machen, obwohl Philip nicht genug Geld hinterlassen hatte.
Sicher wissen Sie das alles längst”, fuhr er herzlich fort. “Offen gestanden, war ich mir nie sicher, warum er darauf bestand, dass Sie nichts erfahren, und Sie in dem Glauben lassen wollte, dass es mehrere Treuhänder gibt, obwohl er der einzige war und Ihnen die Ausbildung ganz allein finanziert hat.”
Verblüfft lauschte Faith seinem Loblied auf Nash.
Nash
hatte ihr das Studium finanziert, nicht Philip.
Nash
hatte sie all die Jahre unterstützt. Nash … Sie war so schockiert, dass ihr übel und schwindelig wurde und das wohlige Gefühl, mit dem sie aufgewacht war, einer Eiseskälte wich. Sie
gehörte
Nash. Er hatte sie
gekauft
– und letzte Nacht hatte er ihre Schulden eingefordert.
Ein schreckliches Gefühl der Verzweiflung und des Verlusts überkam sie. Es schien ihr, als hätte man ihr etwas unendlich Kostbares weggenommen, obwohl sie einige Minuten brauchte, um es zu ergründen. Sein Geschenk war deshalb so kostbar für sie gewesen, weil es ihr bewies, dass Philip von ihrer Unschuld überzeugt gewesen war. Nun allerdings … Hatte Philip ihr überhaupt je helfen wollen, oder war das auch eine Lüge von Nash gewesen?
Nash atmete
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