Sturm über Hatton Manor
sich unsterblich fühlte und an dem Nash und sie sich als gleichberechtigte Partner begegneten.
Es gab keine Barrieren mehr zwischen ihnen. Sie hatten nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Seelen entblößt. Und Faith wusste instinktiv, dass es passiert war. Sie spürte Nash in sich, spürte, wie er sie in seinem Verlangen mitriss und auf den Gipfel der Lust entführte, und wusste, dass diesmal ein neues Leben entstanden war.
Nash konnte nicht schlafen. Wut, Schuldgefühle, Verzweiflung und der Wunsch, die Dinge mögen anders sein, versagten ihm den Seelenfrieden, der Faith erfüllte. Genau wie sie war er sich bei ihrem Liebesakt überdeutlich der seelischen Verbundenheit bewusst gewesen. Genau wie sie hatte er das Gefühl gehabt, dass es Schicksal war, das sie beide miteinander verband. Doch nun, da der Moment vorüber war, befand er sich wieder im selben Dilemma wie zuvor. Noch immer konnte er die Liebe, die er für Faith empfand, nicht mit dem, was er wegen ihrer Tat eigentlich für sie hätte empfinden müssen, in Einklang bringen.
Wenn er sich gestattete, Faith zu lieben, würde er sich letztendlich dafür hassen. Wenn er sich zwang, sie zu hassen, würde er …
Nervös stand er auf. Seit er erwachsen war, hatte er seine Entscheidungen immer allein getroffen und auch dazu gestanden. Jetzt musste er sich allerdings eingestehen, dass er Hilfe brauchte. Jetzt brauchte er jemanden, der so weise und mitfühlend war, wie Philip es gewesen war.
Nachdem Nash geduscht und sich angezogen hatte, verließ er das Haus. Faith schlief noch. Er musste allein sein, um mit den Dämonen fertig zu werden, die ihn quälten. Mit ihr zusammen zu sein lenkte ihn zu stark ab und machte es ihm unmöglich, an etwas anderes zu denken als daran, wie sehr er sie liebte.
Da!
Endlich
hatte er es sich eingestanden, hatte den Tatsachen ins Auge geblickt … Ganz gleich, wie schwer es ihm fiel und wie schuldig er sich dabei fühlte, sein Verlangen für sie und seine Liebe zu ihr waren nicht anders als damals, bevor sie die grausame Tat begangen hatte.
Sein Gewissen, sein Verstand und sein Stolz mochten ihm sagen, dass er anders hätte empfinden müssen, dass er sie für ihre Tat verachten sollte und sich, weil er wünschte, er könnte ihr Verhalten rechtfertigen. Aber es war nichts im Vergleich zu seiner Liebe zu ihr. Einer Liebe, die mit Sorgen und Schuldgefühlen belastet sein mochte, die er jedoch nicht ignorieren oder bekämpfen konnte.
Als er sie im Bett in den Armen gehalten und auf ihre Sinnlichkeit reagiert hatte, hatte er die Frau gesehen, zu der sie sich seinen damaligen Vorstellungen zufolge entwickeln würde. Sie war so süß gewesen und hatte sich völlig gehen lassen. Gleichzeitig hatte sie so aufrichtig und unschuldig gewirkt, dass sein Herz sich zusammenkrampfte.
Sie war ein Rätsel, das er nicht ergründen konnte. Es schien, als hätte ein ganz anderer Mensch die Tat begangen, denn es hatte überhaupt nicht zu ihr gepasst.
Grimmig verspottete sich Nash für seine Gedanken, als er in seinen Wagen stieg und den Motor anließ.
Philip war genau wie seine Eltern in der Nähe von Oxford begraben, auf dem idyllischen kleinen Friedhof der Kirche, in der diese auch geheiratet hatten. Auf der Fahrt dorthin erinnerte Nash sich daran, wie er gehofft und gleichzeitig gefürchtet hatte, dass Faith zu Philips Beerdigung kommen würde. Später hatte er dann erfahren, dass ihre Mutter fast zum selben Zeitpunkt gestorben war wie Philip.
Nash erinnerte sich auch daran, wie er kurz nach dem ersten Todestag seines Patenonkels aus New York zurückgekehrt und an dessen Grab gewesen war und festgestellt hatte, dass jemand vor ihm da gewesen war. Dieser Jemand hatte es mit Philips Lieblingsblumen bepflanzt und einen Rosenstrauß hingestellt, der gerade zu verwelken begann.
Er hatte gewusst, von wem dieser Strauß kam, noch ehe er Faith’ Nachricht gelesen hatte:
In stillem Gedenken an Philip.
Ich habe Dich sehr geliebt und vermisse Dich. Dein Vertrauen in mich hat Licht in mein Dunkel gebracht, und Du wirst mich bis an mein Lebensende inspirieren.
Faith.
Nash rieb sich die Augen, als er an die Tränen dachte, die er geweint hatte. Tränen des Zorns und der Selbstverleugnung, Tränen, die ihm vielmehr in den Augen gebrannt hatten, als dass er sie vergossen hatte.
Ihr Doppelspiel hatte ihn wütend gemacht, und er hatte überlegt, ob er sie aufsuchen und ihr erzählen sollte,
wer
ihr die Ausbildung finanzierte und
wem
sie es zu
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