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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Hier, nehmen Sie das noch.« Aufs Geratewohl schüttete er Münzen aus. Das Klimpern und Klirren des Metalls hallte im Raum wider.
    »Meister Fehrwight«, keuchte der Schreiner, »wer sind Sie?«
    »Ein Mann, der ganz erpicht ist auf einen Satz Stühle.« Locke ließ die halbvolle Börse auf den Haufen Goldmünzen neben der Kaffeekanne fallen. »Das sind genau einhundert Solari. Verschieben Sie die anderen Aufträge, lassen Sie alles stehen und liegen, denken Sie sich Vorwände aus und erstatten Sie erzürnten Kunden eventuelle Vorauszahlungen zurück. Wie lange wird es dauern, bis die Stühle abholbereit sind, wenn Sie so vorgehen?« »Ungefähr eine Woche«, flüsterte Baumondain resigniert.
    »Dann sind wir uns also einig? Ist das hier die Fehrwight Möbeltischlerei, bis meine vier Stühle fertig sind? Im Tresor der Villa Verdante habe ich noch mehr Gold. Sie müssen mich schon umbringen, wenn Sie mich partout davon abhalten wollen, Ihnen weitere Solari anzubieten. Sind wir im Geschäft?« »Mögen die Götter uns beiden beistehen, ja!« »Dann wollen wir die Transaktion mit einem Handschlag besiegeln. Sie fangen sofort an zu schreinern, während ich in meiner Herberge die Zeit vertrödle.
    Schicken Sie Boten, wenn Sie möchten, dass ich irgendetwas begutachte. Ich bleibe vor Ort, bis Ihre Arbeit getan ist.«

4
     
     
    »Wie Sie sehen, sind meine Hände leer, und es ist unvorstellbar, dass sich irgendetwas in den Ärmeln einer so fein geschneiderten Tunika verbergen lässt.«
    Locke stand vor dem hohen Spiegel in seiner Suite in der Villa Verdante, nur mit Beinkleidern und einer leichten Tunika aus dünner Seide bekleidet. Die Manschetten der Tunika waren hochgezogen, und er starrte aufmerksam sein Abbild an.
    »Natürlich kann ich kein Kartenspiel aus der Luft zaubern … aber was ist das denn?«
    Schwungvoll bewegte er seine rechte Hand in Richtung des Spiegels, ein Kartenspiel rutschte ungeschickt aus seinen Fingern und verteilte sich flatternd auf dem Boden.
    »Verfluchte Scheiße!«
    Eine volle Woche lang hatte er nichts zu tun, und seine Taschenspielertricks verbesserten sich mit quälender Langsamkeit. Schon bald richtete er sein Interesse auf die bizarre Institution im Herzen von Salon Corbeau, deretwegen so viele reiche Müßiggänger hierher pilgerten und die Scharen von verzweifelten und unterdrückten Menschen dazu veranlasste, den Staub der Prunkkarossen zu schlucken, wenn sie wie eine Legion der Verdammten dasselbe Ziel ansteuerten.
    Diese Einrichtung bezeichnete man als »Vergnügungskrieg«.
    Lady Saljescas Stadion war eine Miniaturausgabe des legendären Stadia Ultra von Therim Pel, komplett mit zwölf Marmorstatuen der Götter, welche in hoch angebrachten Steinnischen die äußere Umfriedung zierten. Auf den göttlichen Häuptern und Schultern hockten Raben und krächzten halbherzig auf die hektisch wogende Menge vor den Eingangstoren herab. Als Locke sich einen Weg durch das Gedränge bahnte, bemerkte er jede Art von Dienstleistern, die man überhaupt nur kannte. Ärzte gluckten fürsorglich um gebrechliche ältere Leute herum, Sänftenträger beförderten die Kranken (oder die Gehfaulen, die keinen Hehl aus ihrer Trägheit machten), Musikanten und Jongleure, Leibwächter und Dolmetscher; Dutzende von Männern und Frauen wedelten mit Fächern der schwenkten große seidene Sonnenschirme, zerbrechlichen menschengroßen Pilzen gleich, während sie unter der heißer werdenden Morgensonne auf Kundenfang gingen.
    Es hieß, dass die Kaiserliche Arena so groß war, dass selbst er stärkste Bogenschütze es nicht geschafft hätte, einen Pfeil on einem Ende zum anderen zu schießen; Saljescas Nachbildung hingegen hatte nur einen Durchmesser von fünfzig Yards. Es gab keine Sitzplätze für das gemeine Volk; die glatten Steinwände erhoben sich zwanzig Fuß über den blanken Steinboden und wurden gekrönt von luxuriösen Galerien, deren Sonnensegel sich sanft in der leichten Brise wellten.
    Dreimal am Tag öffneten Lady Saljescas livrierte Wachen die öffentlichen Portale für die gehobeneren Schichten von Salon Corbeaus Besuchern. Das Stadion verfügte über eine einzige Galerie mit Stehplätzen (die sogar eine ganz passable Sicht boten), deren Benutzung kostenlos war; doch für die überwiegende Mehrheit der Zuschauer kam gar nichts anderes infrage als die feudalen Plätze und Logen, die für exorbitante Preise reserviert werden mussten. Obwohl es nicht dem guten Ton entsprach, zog Locke es vor, bei

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