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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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offensichtlicher Erleichterung zu. »Wie trinken Sie Ihren Kaffee? Ich kann Ihnen Honig und Sahne anbieten.«
    »Honig, bitte.«
    Baumondain goss aus der Silberkanne dampfenden Kaffee in eine Tasse aus dickem Glas und löffelte Honig hinein, bis Locke abwinkte. Locke nippte an seiner Tasse, während Baumondain so viel Sahne in seinen eigenen Kaffee gab, dass er eine lederbraune Farbe annahm. Es war ein köstliches Getränk, aromatisch und sehr heiß.
    »Mein Kompliment«, nuschelte Locke mit leicht verbrühter Zunge.
    »Die Bohne stammt aus Issara. Lady Saljescas Haushalt kann von diesem Zeug nie genug bekommen«, erklärte der Schreiner. »Wir anderen kaufen den Kaffee grammweise, wenn ihre Händler hier vorbeikommen. Also, die Botin, die Sie zu mir schickten, sagte, Sie wünschten einen Auftrag zu erteilen, der, in ihren Worten, sehr individuell sei.«
    »Ja, das ist er wohl«, bekräftigte Locke. »Das Design und der Zweck werden Ihnen vielleicht exzentrisch vorkommen. Aber ich versichere Ihnen, dass ich es ernst meine.«
    Locke stellte seine Tasse hin, griff nach der Mappe und legte sie auf seinen Schoß; mit einem kleinen Schlüssel, den er aus seiner Westentasche zog, öffnete er das Schloss. Er fasste in die Mappe und holte ein paar zusammengefaltete Pergamentblätter heraus.
    »Ich nehme an«, fuhr Locke fort, »dass Sie mit der Stilrichtung der letzten Jahre des Theriner Throns vertraut sind … ich spreche von der Zeit, kurz bevor Talathri in der Schlacht gegen die Soldmagier fiel …« Er reichte Baumondain eines der Blätter; der Tischler nahm seine Brille ab und nahm das Pergament in Augenschein.
    »Oh ja«, antwortete er dann gedehnt. »Der Talathri-Barock, auch die Letzte Blüte genannt. Ja, ich habe bereits Stücke in diesem Stil angefertigt … Lauris ebenfalls. Sie interessieren sich für diese Kunstrichtung?«
    »Ich benötige einen Satz Stühle«, erwiderte Locke. »Vier an der Zahl, mit lederner Rückenlehne, lackiertem Holzschaum und Intarsien aus echtem Gold.«
    »Holzschaum ist ein sehr empfindliches Material, nicht für den praktischen Gebrauch bestimmt. Wenn die Stühle tatsächlich als Sitzmöbel dienen sollen, empfehle ich Hexenholz.«
    »Mein Dienstherr«, erklärte Locke, »hat sehr konkrete Vorstellungen von dem, was er will, auch wenn sein Geschmack mitunter etwas seltsam anmutet. Er besteht auf Holzschaum, das betonte er ausdrücklich und mehrere Male, um sicherzugehen, dass es keine Missverständnisse gibt.«
    »Tja, wenn er wollte, dass die Stühle aus Marzipan angefertigt werden, müsste ich seinen Wünschen wohl auch nachkommen … natürlich mit der entsprechenden Warnung, dass die Möbel einem Dauergebrauch nicht standhalten würden.« »Das versteht sich von selbst. Ich versichere Ihnen, Meister Baumondain, dass man Sie für nichts verantwortlich machen wird, was mit diesen Stühlen passiert, sowie sie Ihre Werkstatt verlassen haben.«
    »Oh, ich garantiere für die Qualität unserer Arbeit, aber selbst ich kann aus weichem Holz kein hartes machen, Meister Fehrwight. Nun denn, ich verfüge über mehrere Bücher mit ausgezeichneten Illustrationen dieser Stilrichtung. Der Künstler, von dem Sie diese Skizzen anfertigen ließen, hat für den Anfang gute Arbeit geleistet, aber ich möchte Ihnen doch gern eine größere Auswahlmöglichkeit bieten …« »Das wäre vortrefflich«, stimmte Locke zu und nippte zufrieden an seinem Kaffee, während der Tischler aufstand und an die Tür zur Werkstatt trat. »Lauris«, rief Baumondain, »meine drei Bände von Velonetta … ja, genau die!« Kurz darauf kam er zurück, in den Armen drei schwere, ledergebundene Wälzer, die nach Alter und einem würzigen, alchemischen Konservierungsmittel rochen. »Velonetta«, erklärte er und legte sich die Bücher auf den Schoß. »Kennen Sie sie? Nein? Sie war die bedeutendste Gelehrte der Epoche, welche man später die Letzte Blüte nannte. Soweit ich weiß, gibt es auf der ganzen Welt nur sechs Ausgaben ihrer Werke. In diesen Büchern befasst sie sich zumeist mit Bildhauerei, Malerei, Musik und Alchemie … aber sie enthalten auch herrliche Passagen über Möbel oder Edelsteine. Wenn Sie bitte einmal hineinschauen würden …«
    Eine halbe Stunde lang brüteten sie über den Skizzen, die Locke vorgelegt hatte, und den Buchseiten, die Baumondain ihm zeigte. Gemeinsam erarbeiteten sie einen akzeptablen Kompromiss bezüglich der Konstruktion der Stühle, die »Meister Fehrwight« in Auftrag gab. Baumondain

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