Sturm ueber roten Wassern
Leuten hinterher.
»Mit dir bin ich noch nicht fertig … Orrin Ravelle«, zischte der um seine Geldkatze erleichterte Matrose.
»Valterro«, schnauzte Zamira ihn an, »das hier gehört zum Geschäft. Mach keine persönliche Sache daraus.«
Der Mann funkelte sie wütend an, aber er trollte sich zusammen mit dem Rest von Rances Crew.
»Das mit Ihren Kindern klang aber sehr persönlich«, murmelte Jean.
»Also gut, ich bin eine Heuchlerin«, entgegnete Drakasha.
»Wenn du aufmucken willst, dann kannst du gleich auch auf die Syruner Art trinken.«
Zamira trat an das Geländer, von dem aus man die Gaststube überblickte, und brüllte:
»Zacorin! Versteckst du dich irgendwo da unten?«
»Was dachten Sie denn, Drakasha?«, antwortete jemand hinter den Fenstern der gepanzerten Bar. »Ist der Krieg schon vorbei?«
»Wenn du ein Fass mit einem Tropfen hast, der nicht wie Pferdeschweiß schmeckt, schick es hoch. Und Fleisch. Und Rances Rechnung. Der armen Kleinen muss doch geholfen werden.«
Einige der Gäste unten brachen in brüllendes Gelächter aus. Rances Matrosen, die ihren Kapitän an Armen und Beinen nach draußen schleppten, sahen allerdings nicht so aus, als würden sie sich amüsieren.
»Das war’s dann wohl«, meinte Zamira und setzte sich auf den Stuhl, den Rance für sie freigemacht hatte. »Macht es euch gemütlich. Willkommen an der Hohen Tafel des Roten Fetzens .«
»Tja«, sagte Jean, als er zwischen Locke und Ezri Platz nahm, »lief das so ab, wie ihr es gehofft hattet?«
»Und ob.« Ezri grinste Drakasha an. »Ich würde sagen, wir haben unsere Flagge ganz ordentlich geschwenkt.«
8
Fast eine Stunde lang bemühten sie sich, entspannt und vergnügt dreinzuschauen, tranken das mittelmäßige dunkle Bier, das im Roten Fetzen ausgeschenkt wurde, und hielten sich an den besseren Likören schadlos, die Rances Crew zurückgelassen hatte. Eine in Fett schwimmende Ente war das Gericht des Abends; die meisten von ihnen verschmähten den öligen Fraß, doch Rask und Konar der Riese verputzten ihre Portionen bis auf die blanken Knochen.
»Und was machen wir jetzt?«, erkundigte sich Locke.
»Die üblichen Geier, die hier herumschwirren, werden erfahren, dass wir wieder zurück sind«, erklärte Drakasha. »Ab morgen, spätestens übermorgen, scharwenzeln sie um uns herum. Spirituosen und Lebensmittel gehen zuerst weg; diese Sachen verkaufen sich immer am leichtesten. Die nautische Ausrüstung und das Ersatzmaterial an Segeln und Tauen behalten wir selbst. An den Seidenstoffen und den anderen edleren Dingen sind sicher die Händler interessiert, die an den Hospitalkais liegen. Sie werden versuchen, uns das Zeug für fünfzehn bis zwanzig Prozent des tatsächlichen Marktwerts abzuluchsen. Uns reicht das, und sie transportieren es übers Meer zurück und verscherbeln es mit einem unschuldigen Lächeln zum vollen Preis.« »Was wird aus der Roter Kurier?«
»Wenn das Schiff einläuft, wird der Schiffsmakler uns einen Besuch abstatten. Er bietet uns Pisse in einer Tonschüssel an, und wir schrauben ihn hoch zu Pisse in einem Holzkrug. Was er dann mit der Kurier anstellt, ist sein Problem. Mit intakter Takelage wäre sie an die sechstausend Solari wert; ich kann von Glück sagen, wenn er etwas unter zweitausend abdrückt. Seine Mannschaft segelt dann das Schiff in den Osten und verhökert es für rund viertausend an irgendeinen interessierten Händler. Damit hat er seine Konkurrenz unterboten und gleichzeitig einen fetten Gewinn eingeheimst.« »Zur Hölle«, meinte Leutnant Delmastro, »einige der Schiffe, die die Routen des Messing-Meers befahren, sind drei bis vier Mal gekapert und danach wieder verkauft worden.«
»Dieser Schiffsmakler …«, warf Locke ein, in dessen Kopf ein Plan Gestalt annahm. »Er scheint gar keinen Namen zu haben … wenn man von ihm spricht, nennt man immer nur seinen Beruf. Ich nehme an, das heißt, dass er in dieser Gegend ohne Konkurrenz ist.«
»Mittlerweile sind die anderen Schiffsmakler alle tot«, klärte Delmastro ihn auf. »Man hat an jedem einzelnen von ihnen ein Exempel statuiert.«
»Käpt’n«, wandte sich Locke an Drakasha, »wie lange wird das Ganze dauern? Der Monat ist bald zu Ende und …«
»Ich weiß sehr wohl, welcher Tag heute ist, Ravelle. Diese Dinge kann man nicht beschleunigen. Sie dauern so lange, wie sie dauern. Vielleicht drei Tage, vielleicht auch sieben oder acht. Und während unseres Aufenthalts hier erhält jedes Besatzungsmitglied
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