Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
Vom Netzwerk:
leeren Flasche. »Sämtliche Gäste des Roten Fetzens sind unsere Zeugen! Ich fordere diese Frau zu einem Trinkwettkampf heraus. Wer zuerst auf den Arsch fällt, nimmt seine erbärmliche Crew und verpisst sich in die untere Etage.«
    »Ich hatte gehofft, du würdest dir einen Wettkampf ausdenken, der nicht schon nach zehn Minuten entschieden ist!«, höhnte Rance. »Aber ich nehme an. Bedien dich aus dieser Flasche.«
    Zamira blickte in die Runde, dann schnappte sie sich zwei gleich große Tonbecher, die auf dem Tisch standen. Den Inhalt kippte sie über die Tischplatte und füllte die Becher aus der Flasche neu auf. Jean sah, dass es weißer Kodari-Brandy war, hochprozentig und mit einem Geschmack wie Terpentin. Rances Crew wich an die Fensterfront zurück; Rance selbst kam um den Tisch herum und stellte sich neben Zamira.
    Schwungvoll nahm sie einen der Becher.
    »Eine Bedingung«, rief Zamira. »Den ersten Becher trinkst du nach Syruner Art.«
    »Was zur Hölle ist das?«
    »Das heißt, dass du ihn durch deine beschissenen Augen trinkst.« Drakashas linker Arm schnellte vor, als sie blitzschnell nach ihrem eigenen Becher griff und Rance den Inhalt ins Gesicht schleuderte. Noch bevor Rance vor Wut und Überraschung aufschreien konnte, fuhr Drakashas rechter Arm in die Höhe. Ihre behandschuhte Faust mitsamt den Goldringen traf mit einem lauten Knall auf Rances Kiefer; die jüngere Frau schlug so heftig auf dem Boden auf, dass die Becher auf dem Tisch klapperten.
    »Ist das dein Arsch, auf dem du da unten gelandet bist, meine Teure, oder dein Kopf?
    Sieht jemand den Unterschied?«
    Drakasha stand breitbeinig über Rance und goss sich langsam den Inhalt des zweiten Tonbechers in den Mund. Ohne mit der Wimper zu zucken, schluckte sie das grässliche Zeug und warf dann den Becher über ihre Schulter. »Du sagtest, es sollte ein…«
    Ehe ein wütendes Mitglied aus Rances Besatzung, vermutlich ihr Erster Maat, seinen Protest beenden konnte, trat Locke mit erhobener Hand vor.
    »Zamira hat sich an die Abmachung gehalten. Es sollte ein Trinkwettkampf sein, und dein Käpt’n liegt auf dem Arsch.«
    »Aber …«
    »Dein Käpt’n hätte so schlau sein müssen, die Regeln des Wettkampfes eindeutiger festzulegen«, fuhr Locke fort. »Sie hat verloren. Oder bist du anderer Ansicht?«
    Der Mann packte Locke an der Tunika. Es gab ein kurzes Gerangel, und Jean eilte herbei, doch ehe die Situation eskalieren konnte, wurde Rances Matrose von seinen Maaten erbost, aber energisch zurückgerissen.
    »Wer zur Hölle bist du überhaupt?«, brüllte der Mann.
    »Orrin Ravelle«, antwortete Locke.
    »Diesen beschissenen Namen hab ich noch nie gehört.«
    »Ich glaube aber, dass du ihn nie mehr vergessen wirst.« Locke ließ einen kleinen Lederbeutel vor der Nase des Matrosen baumeln. »Ich habe deine Geldkatze, du Wichser.«
    »Du verdammter …«
    Locke schleuderte den Beutel mit aller Kraft nach hinten, und er landete irgendwo zwischen den rund hundert Gästen, die mit großen Augen und offenen Mündern die Vorgänge auf dem Balkon beobachteten.
    »Ups«, sagte Locke entschuldigend. »Ist mir doch glatt aus der Hand gerutscht. Aber bei so vielen ehrlichen Menschen da unten kannst du sicher sein, dass du deine Geldkatze wiederbekommst.«
    »Das reicht!« Zamira bückte sich, packte Rance beim Kragen und hievte sie in eine sitzende Position. »Dein Kapitän hat mich herausgefordert, und dein Kapitän hat verloren. Ist sie dein Kapitän?«
    »Ja«, antwortete der Mann mit finsterer Miene.
    »Dann bist du ebenfalls an ihre Entscheidung gebunden.« Zamira schleifte Rance zur Treppe und kniete dann vor ihr nieder. »Bist wohl doch keine königliche Kanaille, was, Chay?«
    Rance holte aus, um Drakasha Blut ins Gesicht zu spucken; doch deren Hand war schneller, sie verpasste der am Boden hockenden Frau eine Ohrfeige, und das Blut ergoss sich über die Treppenstufen.
    »Noch zwei Dinge«, fuhr Zamira unbeeindruckt fort. »Erstens rufe ich morgen den Rat zusammen. Ich erwarte dich zur üblichen Zeit am üblichen Ort. Nick mit deinem dämlichen Kopf.«
    Rance nickte langsam.
    »Zweitens habe ich keine Bälger. Ich habe eine Tochter und einen Sohn. Und solltest du das noch ein einziges Mal vergessen, dann schnitze ich aus deinen verdammten Knochen neues Spielzeug für sie.«
    Dann stieß sie Rance die Treppe hinunter. Noch ehe sie wie ein nasser Sack unten landete, hetzte ihre gedemütigte Crew unter den triumphierenden Blicken von Drakashas

Weitere Kostenlose Bücher