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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Zeugen!«, wiederholten die anderen. »Brichst du sofort nach Tal Verrar auf?«, erkundigte sich Colvard. »Meine Mannschaft braucht eine Nacht an Land, das bin ich den Leuten schuldig. Ich gebe jeweils der halben Besatzung Landurlaub und verkaufe schnellstmöglich den Rest meiner Prise. In zwei, drei Tagen verlasse ich den Hafen.« »Bis Tal Verrar sind es drei Wochen«, sagte Rodanov.
    »Richtig«, erwiderte Zamira. »Der ganze Plan ist nichts wert, wenn dieser Bursche unterwegs tot umfällt. Ich werde mich beeilen.« Sie trat an Rodanov heran, legte eine Hand an seine rechte Wange, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die linke Wange. »Jaffrim, habe ich dich schon einmal enttäuscht?«
    »Nicht seit dem Krieg. Äh … Scheiße! Das hätte ich nicht sagen dürfen. Setz mich nicht so unter Druck, Zamira. Ich bitte dich nur um eines … vermassle die Sache nicht.« »Hey«, rief Colvard, »was muss ich tun, um von dir geküsst zu werden, Zamira?«
    »Ich bin ja tolerant, aber behalte deine Hände bei dir, wenn du nicht willst, dass ich sie dir abhacke.« Sie lächelte, drückte Colvard einen Kuss mitten auf die runzlige Stirn und umarmte die alte Frau. Mit der gebotenen Vorsicht, wegen der vielen Schwerter und Dolche, die die beiden trugen.
    So ist es immer, dachte Zamira. Es ist immer dasselbe.

3
     
     
    Utgar wartete an der Fallreepspforte, um ihnen über die Seite zu helfen, als Zamira und Ezri wieder an Bord der Orchidee kletterten. Es war genau zwischen der zehnten und elften Abendstunde.
    »Willkommen an Bord, Käpt’n. Wie geht’s?«
    »Ich habe den Tag damit verbracht, mit dem Schiffsmakler und später mit dem Rat der Kapitäne zu streiten«, ächzte Zamira. »Ich will meine Kinder, und ich will was zu trinken. Ezri …«
    »Ja?«
    »Du, Ravelle, Valora. In meine Kajüte, sofort!«
    Kaum hatte Zamira ihre Kajüte betreten, warf sie ihren Rock, die Säbel, die Elderglasweste und ihren Hut achtlos in ihre Hängematte. Stöhnend ließ sie sich auf ihrem Lieblingsstuhl nieder und ließ Paolo und Cosetta auf ihren Schoß klettern. Sie verlor sich in dem vertrauten Duft ihrer krausen schwarzen Haare und betrachtete glücklich die kleinen Finger, die sich an ihren schwieligen Händen festklammerten.
    Cosettas Händchen – noch so winzig und unbeholfen; Paolos waren schon ein bisschen größer und wurden mit jeder Woche geschickter. Götter, wie schnell die Kinder heranwuchsen … viel zu schnell.
    Ihr fröhliches Geplapper beruhigte ihre zum Zerreißen gespannten Nerven; offenbar hatte Paolo den Nachmittag damit verbracht, gegen Monster zu kämpfen, die in ihrer Schiffstruhe hausten, während Cosetta plante, König des Reichs der Sieben Ströme zu werden, wenn sie groß war. Zamira überlegte kurz, ob sie ihr den Unterschied zwischen einem König und einer Königin erklären sollte, dann fand sie, es sei der Mühe nicht wert; Cosetta zu widersprechen würde nur zu tagelangen Diskussionen führen, die sich immerzu im Kreis drehten.
    »Will König sein! Sieben Tome!«, verkündete die Kleine, und Zamira nickte ernst.
    »Aber vergiss deine arme Familie nicht, wenn du erst dein Königreich regierst, mein Liebling.«
    Die Tür ging auf, und Ezri erschien mit Kosta und Valora … oder war es de Ferra? In Gedanken verfluchte sie diese falschen Namen.
    »Schließ die Tür«, befahl Zamira. »Paolo, hol Mami vier Gläser. Ezri, kannst du uns aus diesen Flaschen mit Blauem Lashani einschenken? Du findest sie direkt hinter dir.«
    Paolo, im stolzen Bewusstsein seiner Verantwortung, stellte vier kleine Trinkgläser auf die lackierte Tischplatte über den Schiffstruhen. Kosta und de Ferra hockten sich auf Sitzkissen, und Ezri entfernte flink den mit Wachs umhüllten Korken einer Flasche.
    Das Aroma frischer Zitronen breitete sich in der Kajüte aus, und Ezri füllte jedes Glas randvoll mit Wein von der Farbe der Tiefsee.
    »Leider fällt mir kein Trinkspruch ein«, bekannte Zamira. »Manchmal braucht man eben nur einen Schluck zur Stärkung. Wohl bekomm’s.« Cosetta in ihrem linken Arm haltend, leerte Zamira ihr Glas in einem Zug; sie genoss die Geschmacksmischung aus Gewürzen und Zitrus und fühlte, wie ein kaltes Feuer prickelnd ihre Kehle hinunterrann.
    »Will haben«, krähte Cosetta.
    »Das ist ein Getränk für Mami, Cosetta, es würde dir gar nicht schmecken.« »Will haben!«
    »Ich sagte – na schön. Man kann das Feuer nicht fürchten, wenn man sich noch nie die Finger verbrannt hat.« Sie

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