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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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werden können, auf den ausschließlich der Besitzer des Gasthofs Zugriff hat. Für den Fall, dass er einen schwierigen Gast in Schach halten muss, während er die Wache ruft, weißt du.«
    »Jean, öffne die verdammte Tür!«
    »Nein. Mach du sie auf!«
    »Ich kann aber nicht! Du hast doch gerade selbst gesagt, dass man dazu einen Spezialschlüssel braucht!«
    »Der Locke Lamora, den ich früher mal kannte, würde darauf scheißen«, spottete Jean.
    »Priester des Korrupten Wärters. Garrista der Gentlemen-Ganoven. Schüler von Vater Chains. Bruder von Calo, Galdo und Bug! Ich möchte zu gern wissen, was Sabetha jetzt von dir halten würde!«
    »Du … du Dreckskerl! Öffne diese Tür!«
    »Was ist bloß aus dir geworden, Locke? Du solltest dich schämen. Mach die Tür selbst auf!«
    »Du … hast … den … bei allen Göttern verfluchten beschissenen Schlüssel!«
    »Du weißt doch, wie man ein Schloss knackt, oder? Ich habe dir ein paar Dietriche auf den Tisch gelegt. Wenn du deinen Wein zurückhaben willst, dann sieh zu, wie du die Tür aufkriegst.«
    »Du verdammter Hurensohn!«
    »Meine Mutter war eine Heilige«, stellte Jean richtig. »Das edelste Juwel, das Camorr je hervorgebracht hat. Diese durch und durch verderbte Stadt hatte sie gar nicht verdient.
    Ich kann nicht die ganze Nacht hier rumstehen und warten, weißt du. Es ist ganz einfach. Und vergiss nicht – ich befinde mich im Besitz deines Weines und deines Geldes.«
    »Gaaaaaaaaaaah!«
    Locke schnappte sich das kleine Lederpäckchen vom Tisch; er wackelte mit den Fingern seiner unversehrten rechten Hand und beäugte skeptisch die linke; das gebrochene Gelenk war so gut wie ausgeheilt, doch es schmerzte ständig.
    Er beugte sich über den Schließmechanismus der Tür, setzte eine finstere Miene auf und fing an zu arbeiten. Es war erstaunlich, wie schnell ihm in dieser unbequemen Stellung der Rücken wehtat. Rasch zog er sich einen Stuhl heran und fuhrwerkte im Sitzen weiter an dem Schloss herum.
    Während seine Dietriche in dem Metallmechanismus klapperten und er sich vor lauter Konzentration auf die Zunge biss, hörte er hinter der Tür ein lautes Knarren, wie wenn sich etwas Schweres bewegte, und eine Reihe von dumpfen, polternden Geräuschen.
    »Jean?«
    »Ich bin noch da, Locke!«, antwortete Jean, dessen Stimme einen munteren Klang angenommen hatte. »Bei den Göttern, du lässt dir aber viel Zeit. Oh, Entschuldigung - oder hast du vielleicht noch gar nicht angefangen?«
    »Sowie diese Tür aufgeht, bist du tot, Jean!«
    »Damit willst du mir Angst machen? Dass du mich umbringst, sobald du dieses Schloss geknackt hast? Nun, dann habe ich wohl noch etliche Jährchen vor mir!«
    Locke verdoppelte seine Anstrengungen und fiel in den Rhythmus zurück, den er als Junge durch stundenlanges, pedantisches Üben gelernt hatte – mit leichter Hand die Dietriche bewegen … ganz sachte … und auf jede Regung achten. Schon wieder ging im Korridor dieses Knarzen und das darauf folgende Krachen und Wummern los! Was stellte Jean jetzt an? Locke schloss die Augen und versuchte, die störenden Geräusche auszublenden … versuchte, seine Welt auf die Botschaft einzuengen, welche die Dietriche an seine Finger weitergaben …
    Mit einem Klicken öffnete sich das Schloss. Torkelnd stemmte sich Locke von seinem Stuhl hoch, triumphierend und wütend zugleich, und riss die Tür auf.
    Jean war verschwunden, und in dem schmalen Gang vor der Tür stapelten sich von einer Wand zur anderen Holzkisten und Fässer – eine undurchdringliche Barriere, keine drei Fuß vor Lockes Nasenspitze.
    »Jean, was zur Hölle hat das zu bedeuten?«
    »Tut mir leid, Locke.« Offensichtlich stand Jean direkt hinter seiner provisorischen Wand. »Ich habe mir ein paar Sachen aus der Vorratskammer des Wirtes geborgt, und ein paar Jungs, die du letzte Woche beim Kartenspielen beschissen hast, haben mir geholfen, den Krempel hier hochzuschleppen.«
    Locke stieß mit aller Kraft gegen die Barrikade, doch sie bewegte sich um keinen Zoll; vermutlich stemmte sich Jean mit seinem gesamten Körpergewicht dagegen. Von der anderen Seite ertönte leises, vielstimmiges Gelächter, wahrscheinlich waren es die Gäste, die sich unten im Gemeinschaftsraum aufhielten. Locke knirschte mit den Zähnen und klatschte mit der flachen Hand gegen ein Fass.
    »Was zur Hölle ist los mit dir, Jean? Mögen die Götter dich verfluchen, aber du machst einen Aufstand, der uns echt in Verlegenheit bringen

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