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Sturm über Sylt

Sturm über Sylt

Titel: Sturm über Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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zu warten. Schon nach wenigen Minuten erschien Jorits Gestalt auf der Plattform, eskortiert von dem Soldaten, der den Auftrag seines Schwiegervaters überbracht hatte. Mit einem Handzeichen verabschiedete sich Jorit von seinem Kameraden, dann bog er in die Friedrichstraße ein. Nach ein paar hundert Metern stellte Aletta sich ihm in den Weg. »Jorit!«
    Er blieb stehen wie vom Donner gerührt und starrte sie an. Seine Gestalt schwankte im Wind, er nahm die Uniformmütze vom Kopf, als wollte er sie vor dem Sturm schützen oder als wollte er ein Gebet sprechen. Vorsichtig kam er ein paar Schritte näher heran, als müsste er sich vergewissern, dass sie es wirklich war. Noch war keine Freude in seinem Blick, nur Vorwurf und Verständnislosigkeit. »Du bist zurückgekommen?«
    »Ich war nie weg.«
    Die Eile, die ihn gerade noch nach Hause getrieben hatte, fiel von ihm ab. »Du bist mit dem Dirigenten nach Hamburg gefahren. Obwohl du mir versprochen hattest ...«
    »Wer sagt das?« Sie wagte es nun, ganz nah zu ihm zu treten und seinen Arm zu berühren.
    Mit einer heftigen Bewegung entzog er sich ihr. »Der Oberst!«
    Aletta sah ihn ungläubig an. »Oberst von Rode? Warum sollte er dich belügen?«
    Jorits Blick saugte sich in ihren Augen fest. Sie konnte zusehen, wie aus seinen Gedanken Gefühle wurden, wie sich sein Blick veränderte, wie Enttäuschung, Abwehr und Staunen sich dort abwechselten. »Ich hab’s von meiner Schwiegermutter. Warum sollte sie mich belügen?«
    Aletta antwortete nicht, sah ihn nur unverwandt an. Was sie ihm sagen wollte, las er in ihren Augen.
    »Du meinst ...« Hilflos brach er ab.
    »Sie hat Angst, dass ich ihrer Tochter den Mann wegnehme, den sie so dringend braucht. Wusste sie, dass ich dich schon einmal sehr enttäuscht habe? Dass ich von Sylt geflohen bin, ohne dich mitzunehmen und ohne mich von dir zu verabschieden?«
    Jorit nickte. »Wo warst du?«
    »Im Gefängnis?«
    »Was?« Nun sah er so verwirrt aus, dass sie wusste, er brauchte nähere Erläuterungen, sonst würde er ihr nicht glauben können. »Lass uns gehen. Damit du schnell bei Tomma bist.«
    Während des Rückwegs berichtete sie von Anton Heussners Angebot, dass sie es aber abgelehnt und er es selbst zurückgezogen habe, als die Polizei bei ihr auftauchte. »Sie haben mich verhaftet wegen Mordes an Kalkhoff.«
    Jorit blieb wieder stehen. Er sah sie fassungslos an. »Aber du warst es nicht.«
    »Das glauben sie mir nicht, weil sie meinen Seidenschal bei dem Opfer gefunden haben«
    Jorit brauchte eine Weile, bis er sich klargemacht hatte, was das bedeutete. Dann endlich schien er glauben zu können, was Maike Peters getan hatte. »Warum hast du Insa nichts gesagt?«, fragte er flüsternd. »Sie macht sich große Sorgen!«
    »Ich konnte nicht. Insa war bei Sönke auf dem Speicher.«
    Jorit griff wieder nach ihrem Arm, eng aneinandergeschmiegtgingen sie weiter. »Aber nun bist du entlassen worden? Haben sie herausgefunden, dass du unschuldig bist?«
    »Ich bin geflohen.« Sie dachte kurz darüber nach, ob sie ihm von den Umständen ihrer Flucht erzählen sollte, hielt es aber für besser, Jorit zunächst nichts von Dirks Selbstmord zu sagen. Er hatte schon mehr als genug zu verkraften. Für alles andere war am nächsten Tag noch Zeit.
    »Das heißt ... sie suchen nach dir?«
    »Sicherlich haben sie es inzwischen gemerkt.«
    »Dann brauchst du ein gutes Versteck.«
    »Ich finde schon was.«
    »Komm in ein paar Stunden zurück. Dann bringe ich dich in meine Wohnung.«
    »Nein, unmöglich! Wer weiß, was mit Tomma heute Nacht geschieht.«
    Nun waren sie in der Nähe des »Hotels Lauritzen« angekommen. Jorit blickte nervös zur Haustür, dann zog er Aletta fest in seine Arme. »Kannst du dir meine Enttäuschung vorstellen?«, murmelte er in ihr Haar. »Insa sagte, einige Wäscheteile wären nicht mehr im Schrank und das Bild deiner Eltern fehlte.«
    »Also habt ihr geglaubt, dass ich mich wieder davongeschlichen habe? So wie damals?«
    Sein Schulterzucken war wie eine Entschuldigung. »Meine Schwiegermutter sagte, der Oberst hätte ihr verraten, dass du mit Anton Heussner nach Hamburg gegangen bist.«
    »Wenn Insa das auch glaubt, dann macht sie sich keine Sorgen um mich. Wütend wird sie auf mich sein, mich verachten und mich eine Verräterin nennen.«
    Er antwortete nicht, sondern küsste sie. Seine Arme schützten sie vor dem Wind, sein Körper wärmte sie, sein Kuss holte sie zu sich, obwohl die todkranke Tomma sie gleichzeitig

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