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Sturm über Sylt

Sturm über Sylt

Titel: Sturm über Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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hinter der es einen Waschraum gab, und rüttelte schließlich an der dritten Klinke. Sie schluchzte erleichtert auf, als auch diese Tür sich öffnete und sie in einen kleinen Windfang trat, vondem eine Tür nach draußen führte. Der kalte Wind jaulte unter der Tür hindurch, er fühlte sich an wie das Leben, das Aletta Lornsen zurückerwartete, und sein Heulen war wie eine freundliche Begrüßung. Sie riss die Tür auf, achtete nun nicht mehr darauf, so leise wie möglich zu sein, fühlte sich vom Wind willkommen geheißen und nannte ihn ihren Verbündeten, der mit seinem Tosen ihre Schritte übertönte. Sie drückte die Tür ins Schloss und begann zu laufen. Schnell und immer schneller! Wohin sie laufen wollte, wusste sie noch nicht. Nur weg! Vor dem Sturm her!

XVII.
    Erst als der Abstand zu dem Haus mit der Polizeistation und den Gefängniszellen groß genug war, blieb sie stehen, hielt sich die Seiten und zwang sich, ruhig zu atmen. Dann ging sie langsam weiter, denn hinter ihr blieb alles ruhig. Keine Verfolger, niemand, der schrie, man solle die Verbrecherin halten. Womöglich hatte Matta noch gar nicht bemerkt, dass ihr einziger weiblicher Häftling fehlte. Und von den Anwohnern wusste noch niemand, dass sie eine geflohene Gefangene war. Wer sie sah, würde keinen Verdacht hegen. Aber besser war es natürlich, sie würde niemandem auffallen, der später aussagen konnte, wohin Aletta Lornsen sich gewandt hatte. Oder war in Westerland bekannt, dass die einst berühmte Sängerin verhaftet worden war? Dass sie unter Mordverdacht stand? Dann musste sie aufpassen, dass niemand auf sie aufmerksam wurde. Sie musste sich so unauffällig wie möglich verhalten. Dazu gehörte auch, dass sie sich Kleidung verschaffte, mit der sie nicht auffiel. Der Wind war kalt. Über kurz oder lang würde sich jemand darüber wundern, dass sie draußen herumlief, ohne sich ein wollenes Tuch überzulegen oder einen Mantel anzuziehen.
    Doch zum Glück war es dunkel und kaum jemand auf der Straße. Wer ihr entgegenkam, musste sich gegen den Wind stemmen,hielt den Kopf gesenkt und kämpfte sich mühsam vorwärts. Da hatte niemand einen Blick für eine Frau, die den Weg entlangging, als habe sie einen Besuch gemacht und müsse nun sehen, dass sie schleunigst nach Hause kam.
    Allmählich kam sie zur Ruhe. Wohin konnte sie sich wenden? In der Stephanstraße würde sie nicht sicher sein. Oberkommissar Henksen würde als Erstes dort nach ihr suchen, wo sie verhaftet worden war. Hoffentlich glaubte er Insa, wenn sie ihm erklärte, dass ihre Schwester nicht bei ihr aufgetaucht war. Nicht auszudenken, wenn er das Haus durchsuchte und dabei auf Sönke stieß! Aber da er eine so hohe Meinung von Insa hatte, würde er ihr hoffentlich Glauben schenken.
    Je länger sie nachdachte, desto sicherer kam sie zu der Erkenntnis, dass es nur einen gab, bei dem sie Schutz suchen konnte. Jorit! Auch Reik würde ihr sicherlich helfen, aber der wohnte in einer Baracke im Klappholttal, viel zu weit draußen und natürlich nicht allein. Nur ... allein lebte auch Jorit nicht. Und wenn Aletta mit ihrer Vermutung recht hatte, dann war es Jorits Schwiegermutter gewesen, der sie ihre Verhaftung zu verdanken hatte. Sie musste den Schlüssel gefunden haben und hatte danach gewusst, dass Aletta ihrem Schwiegersohn heimlich einen Besuch gemacht hatte. Vermutlich wusste sie auch, dass sie das Aspirin und die Flasche mit dem Opium gestohlen hatte. Sicherlich hatte sie sich gefragt, für wen sie diese Schmerzmittel brauchte. Ob sie auf die Idee gekommen war, dass sie sie für einen Deserteur an sich genommen hatte? Dann musste Maike Peters auch mitbekommen haben, dass Jorit von Aletta in der Nacht aus dem Haus geholt worden war. Und diese Gelegenheit hatte sie beim Schopfe gepackt. Sie war ihnen gefolgt, hatte den Schlüssel ausprobiert und festgestellt, dass es tatsächlich Aletta Lornsens Schlüssel war. Und dann hatte sie beobachtet, dass eine Leiche aus dem Haus getragen worden war, und ihre Chance genutzt. Aletta anzuzeigen, das hätte sie sich nicht getraut, Jorit hätte ihr das nie verziehen und ihr Mann vermutlich auch nicht.Aber dann war ihr eine Idee gekommen, wie sie den Verdacht auf die Frau lenken konnte, die dabei war, ihrer Tochter den Mann zu nehmen. Der Seidenschal war schnell zu ergreifen und später an der Leiche unterzubringen. Sie hatten Schritte gehört, während sie Kalkhoff ablegten, das mussten Maike Peters’ Schritte gewesen sein. Also galt es, sich

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