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Sturm über Sylt

Sturm über Sylt

Titel: Sturm über Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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erzählen. Aber dann unterließ sie es doch, weil sie Emme nicht das Glück einer anderen zumuten wollte.
    Emme verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß, den Aletta flüchtig erwiderte, dann blickte sie Dirk Stobarts Frau nachdenklich hinterher. Glück? Ja, sie hatte tatsächlich zum ersten Mal Glück empfunden, unvernünftiges, intuitives Glück, das sich von der Sorge um die Zukunft trennte und sich mit der Hoffnung verbündete, dass Ludwig ebenso empfinden würde, wenn er erfuhr, dass er Vater wurde.
    Sie ging zum Rathaus, um zu sehen, ob es schon wieder Tote zu beklagen gab. Aber zum Glück war es eine andere Mitteilung, die für die Menschentraube sorgte, die sich vor der Tafel mit den Bekanntmachungen gebildet hatte.
    »Eine Schande ist das!«, ereiferte sich ein Mann. »Hoffentlich sind unsere Jungs an der Front besser ausgerüstet.«
    Aletta trat näher heran und las die Bekanntmachung des Bürgermeisters nun auch.
    Die Inselwache Sylt wünscht acht Nachtgläser zu kaufen. In Betracht kommen Doppelfeldstecher mit geringer Vergrößerung und großer Lichtstärke. Nicht verwendbar sind Prismengläser und eigentliche Fernrohre. Meldungen sind an die Inselwache im »Hotel zum Deutschen Kaiser«, Zimmer Nr. 6, zu entrichten. Der Bürgermeister
    »Schön, dass ich Sie treffe, gnädige Frau«, raunte da eine Stimme hinter ihr.
    Aletta fuhr herum. Dirk Stobart stand vor ihr und grinste sie an. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie fürs Erste auf Sylt bleiben wollen.«
    Aletta ging die Friedrichstraße hinab und antwortete erst, als sie außer Hörweite der Sylter waren, die noch vor der Bekanntmachung standen: »Stört Sie das?«
    Dirk Stobart folgte ihr. »Nicht, wenn Sie sich an unsere Vereinbarung halten. Ich hoffe nicht, dass Sie glauben, eine berühmte Sängerin habe das nicht nötig.« Plötzlich wechselte er vom Sie zum Du, wahrscheinlich, um zu zeigen, dass sie keinen Deut besser sei als er. »Ich könnte dich immer noch in Schwierigkeiten bringen, wenn ich erzähle, was ich weiß.«
    »Sie würden vor allem sich selbst in Schwierigkeiten bringen«, entgegnete Aletta und dachte nicht daran, auf seinen vertraulichen Ton einzugehen. »Aber keine Sorge, mir liegt nichts daran, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Wem würde das helfen? Nicht einmal Emme. Ich glaube im Übrigen nicht, dass jemand schuldig ist, wenn er ... so ist wie Sie. Sie können nichts dafür.«
    »Dann sind wir uns ja einig. Niemand erfährt was. Dass Sie mal Geld gestohlen haben, wird unter uns bleiben, und dass Sie mir geholfen haben ...«
    Diesen Satz wollte Aletta unter keinen Umständen vollendet wissen. »Meine Schwester sagt übrigens, dass viele glauben, Sie hätten Ihren Bruder umgebracht. Um an die Zimmerei zu kommen!«
    Dirk sah auf seine Füße. »Das kann mir keiner nachweisen. Ich habe damals seine Sachen aus dem Haus geholt und ebenfalls verbuddelt. Damit es so aussah, als wäre er abgehauen.«
    »Und er hat sich nie wieder gemeldet?«, fragte Aletta höhnisch. »Merkwürdig, oder?« Sie blieb stehen, als sie die Maybachstraße überquert hatten. In die Stephanstraße sollte er sie nicht begleiten, sie wollte nicht, dass Insa sie mit Dirk zusammen sah. »Was ist mit Sönke? Haben Sie ihn gezwungen?«
    Dirk verneinte so erschrocken, dass Aletta geneigt war, ihm zu glauben.
    »Und Emme? Sie ahnt nichts?«
    Dirk stocherte mit der rechten Fußspitze im Erdreich der Straßeherum. »Ich musste heiraten, sonst wäre noch jemand der Wahrheit auf die Spur gekommen. Aber ich kann es ihr nicht sagen, weil ich nicht weiß, wie sie reagieren wird.« Nun blickte er auf. »Ich will nicht ins Gefängnis deswegen. Sie sagen zwar, ich kann nichts dafür, dass ich so bin, aber viele denken anders. Vor allem die Richter. Sie finden, ich mache mich strafbar. Es gibt sogar ein Gesetz, nach dem ich verurteilt und bestraft werden kann.«
    »Das weiß ich. Gefängnis und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte!« Aletta machte Anstalten, weiterzugehen, und zeigte mit einer abwehrenden Geste, dass sie nicht von Dirk begleitet werden wollte. »Sie hätten nicht heiraten dürfen. Emme musste unglücklich werden, damit ihr Mann ungeschoren davonkommt. Sie ahnt nicht mal, warum sie in ihrer Ehe unglücklich ist.«
    Eine junge hochschwangere Frau ging vorüber, die Aletta schüchtern zunickte. »Moin!«
    »Moin, Frau Mügge! Ist es bald so weit?«
    »Kann jeden Moment losgehen«, gab die junge Frau Mügge zurück und lief vor Freude rot an, weil eine

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