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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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Verkünder in der Stadt schon lange verklungen war, huschte ein dunkler Schatten über den Hauptweg zum Felssteig. Fakun hatte die Stadt für die Nacht zu verlassen.

    Llauk lag auf dem Boden seiner Höhle und krümmte sich wie ein Wurm. Plötzlich zog er seine rechte Hand unter dem Gewand empor und streckte sie in die Höhe. Metall blitzte im Schein der Öllampe auf. - Llauk übte.
    Llauk hatte panische Angst vor der Erfüllung seines Auftrags. Seit er den Dolch berührt hatte, wußte er genau, dass er es nicht schaffen würde, den Wächter mit einem einzigen Stich zu erledigen. Llauk war langsam. - So entsetzlich langsam!
    Entgeistert hatte er immer wieder seiner Hand nachgesehen, die unbeholfen den Dolch durch die Luft schob. - Der Wächter würde merken, was Llauk vorhatte, einfach einen Schritt zur Seite gehen und ihn mit seiner Pike ermorden!
    Szin kümmerte sich nicht weiter um Llauks Gehampel. Für ihn war das Töten ein Handwerk, das gelernt sein wollte. Er betrachtete Llauk wie ein Former sein Kind betrachtet hätte, das mit Tonbrocken hantiert. Der gute Wille mußte anerkannt werden, aber etwas Brauchbares würde wohl nicht dabei herauskommen. Szin wußte, dass er auf sich allein gestellt sein würde, aber das war ihm egal. Er war schon mit ganz anderen Situationen fertig geworden.
    Immer wieder sprang Llauk im Laufe des Abends vom Tisch auf und stach wild auf imaginäre Gegner ein. Torkelnd und unpräzise forkte der Dolch in der Luft herum.
    Szin blieb gelassen. Llauk war nicht der erste ungeschickte Trottel, mit dem er zusammenarbeiten mußte. Als die Zeit gekommen war, stand er auf, zog sich die dunkle Kapuze über den Kopf und bedeutete Llauk mitzukommen.
    Geschickt Mauernischen und Schatten ausnutzend, huschte Szin durch die Gassen zum Hafentor hinab. Llauk hatte es ihm zunächst gleichtun wollen, aber Szin war zurückgekehrt und hatte ihn mitten auf die Gasse in das Licht gestoßen.
    Da war es Llauk auch eingefallen, dass er ja Thedraner war und sich überhaupt nicht zu verstecken brauchte. - Er kam sich richtig dämlich vor.
    Viel zu schnell kam das Schutztor des Schneckenhafens in Sicht. Hoch über dem Straßenpflaster lehnten die beiden Wächter an der Brüstung des Laufgangs. Szin war nirgends zu entdecken.
    Unsicher stolperte Llauk auf den kleinen Vorplatz. Jetzt mußte er hinfallen! - Aber wie fällt man überzeugend hin? Wie fällt man so überzeugend hin, dass die Torwachen die Leiter herunterlassen und nachsehen kommen?
    Da kam Llauk, dieses eine, einzige Mal in seinem Leben, das Schicksal zu Hilfe. Llauk knickte um, verlor das Gleichgewicht und schlug, mit einem leisen Wehlaut, klatschend auf das Pflaster auf.
    "He, was ist da los?" Die Wache war aufmerksam geworden.
    Llauk stöhnte.
    "Wer da?"
    Llauk wand sich wie ein Wurm. Wand sich, wie sich noch nie ein Wurm gewunden hatte.
    "Der hat sich verletzt!", kam die Stimme halblaut vom Turm.
    Llauk stöhnte und keuchte und wand sich mit aller Kraft.
    "Ich sehe mal nach." Holz schabte auf Holz.
    Die Leiter! - Llauk wimmerte und quiekte leise.
    Schwere Schritte auf Stein. - Der Wächter! Llauk stöhnte und faßte den Dolch fester.
    "Na, Freund, hast du dir was gebrochen?"
    Ganz nah war das Gesicht des Wächters. Ganz nahe war das weiße Dreieck unter dem Kinn. - Die Kehle! - Das Ziel seines Dolches!
    Llauk konnte seine Hand nicht bewegen. Er hatte Angst! Er würde zu langsam sein! Der Wächter würde dem Angriff ausweichen und ihn töten! Llauk lag da und wand sich und stöhnte.
    "Ich glaube, den hat es bös erwischt!", rief der Wächter halblaut über die Schulter seinem Kameraden auf der Brüstung zu. Doch da war im Moment niemand zu sehen. Nur ein leises Poltern klang von dem Laufgang herab.
    "Soll ich dir aufhelfen?" Die Stimme des Mannes klang freundlich. Wieder war sein Gesicht ganz nah.
    Jetzt! Jetzt mußte Llauk ihn töten! Aber seine Hand verweigerte ihm den Dienst. Da erkannte Llauk, dass er versagen würde. Jetzt stöhnte er wirklich vor innerer Qual. Alles war verloren, weil er versagt hatte. Der Plan würde scheitern! Er würde nie Gouverneur werden!
    Plötzlich ging ein Ruck durch den Körper des Wächters. Hatte er etwas bemerkt? Llauk riß angstvoll die Augen auf - und sah direkt in die Augen von Szin eb Szin.
    "Ich, ich wollte gerade ... Ich hätte bestimmt noch ...", stammelte Llauk, aber der Dramile war schon wieder verschwunden.
    Der Wächter war leblos zur Seite gekippt. Mit zugekniffenen Augen robbte Llauk über das

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