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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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können, um Beutestücke nach Sordos zu bringen. Schon am zweiten Tag nach dem Fall der Stadt war die `Carneol' vor Thedra aufgetaucht und hatte die Hafeneinfahrt blockiert. Kurz darauf waren auch die schwarzen Segel der `Obsidian' am Horizont aufgetaucht, gefolgt vom strahlenden Weiß des königlichen Flaggschiffs `Diamant'. Von diesem Moment an hatte Kapitän Athan die Leitung der Blockadeeinheit übernommen, die bis in den Winter hinein ständig vor Thedra kreuzte.
    Der Winter war Sed eb Reas Hoffnung gewesen. Nie hatte man eines der Fliegenden Schiffe den schweren Nordstürmen und dem Eisgang trotzen sehen, dazu waren sie zu leicht gebaut. - Im Winter mußte es ein Leichtes sein, die Beutestücke mit normalen Frachtern nach Sordos zu bringen und von dort weitere Verstärkung heranzuführen!
    Noch viel früher als Sed eb Rea war es allerdings Athan klar gewesen, dass er nur mit den Schwalbenschiffen keine dauerhafte Lösung würde finden können. Daher hatte er Vorsorge getroffen und in Cebor, dem ersten Hafen südlich des Großen Gebirges, zwei große Erzfrachter gekauft, die er von seinen Leuten für eine Stationierung vor Thedra ausrüsten ließ.
    An einem diesigen Wintermorgen glaubten die dramilischen Soldaten auf dem ausgeglühten Wachfelsen ihren Augen nicht trauen zu können. - Vor der Hafeneinfahrt, knapp außer Reichweite ihrer stärksten Waffen, lagen zwei große Schiffe vor Anker, die das schmale Fahrwasser vollständig blockierten. Zur Warnung hatte die Besatzung eines der Schiffe einen gläsernen Pfeil auf den hohen Sims des Wachfelsens geschleudert, der dort in einem gewaltigen Feuerball zersplittert war. Vier Soldaten hatte Sed eb Rea bei diesem einen Schuß des Stahlfeuerbogens verloren, und von nun an ließ er neben seinen Leuten auch Thedraner zwangsweise auf dem Sims patrouillieren, die in ihrer typischen Kleidung die Besatzungen der Schiffe von weiteren Aktionen dieser Art abhalten sollten. Wenig später ging er dann allerdings lieber dazu über, einen Teil seiner eigenen Leute thedranisch zu kleiden. Das reichte für den gewünschten Zweck vollständig aus, und es bestand nicht die Gefahr, dass seine Leute auf dem Sims sich mit den Thedranern verbrüderten, oder dass die Geiseln zur Unzeit in einen eventuellen Kampf eingriffen.
    Der Lebensnerv Thedras, die Handelswege über See, waren durchschnitten. Sed eb Rea versuchte gar nicht erst, eines seiner Schiffe aus dem Hafen herauszubringen. Die Große Geliebte, die Kleine Komplizin und die anderen Frachter lagen fest vertäut am Kai, und es war sehr fraglich, wann sie je wieder auf große Fahrt gehen würden. Sed eb Reas letzte Hoffnung waren die kaiserlichen Schiffe gewesen, die, ebenfalls mit Beutegut beladen, im Hafen lagen. Sicher war der Kaiser nicht bereit, seinen Anteil an der Beute verloren zu geben und würde eine Streitmacht schicken. Dann konnte man versuchen, die zwei Frachter, die wie schwimmende Wachtürme in der Hafeneinfahrt lagen, von zwei Seiten anzugreifen. Aber die Kapitäne der beiden Blockadeschiffe hatten Weisung von Athan erhalten, die kaiserlichen Frachter ohne Kontrolle passieren zu lassen, und so sah der fassungslose Sed eb Rea den Tribut des Kaisers unter geblähten Segeln langsam am Horizont verschwinden, während seine eigene Beute in den Lagerhäusern und den Bäuchen seiner Schiffe langsam Grünspan und Schimmel ansetzte. Er wußte nun genau, dass er irgendwann mit den Belagerern in Verhandlungen würde treten müssen. Aber er versuchte, diesen Tag so weit wie möglich hinauszuzögern, denn sein König würde nicht sehr erfreut über die Entwicklung der Dinge sein. Sollte Sed eb Rea jemals wieder nach Sordos gelangen, war ihm sowieso einiges sicher - nur eine Belohnung, die würde bestimmt nicht dabei sein, das war klar.

    Die grau gekleidete Gestalt, die in den ruhigen Abendstunden allein aus dem Gewölbe der Hauptzisterne kam, fiel niemandem weiter auf. Die Dramilen, die auf der Straße Wache hielten, unterhielten sich leise weiter und schauten noch nicht einmal auf, als der Alte mit dem halbvollen Ledereimer an ihnen vorbei schlurfte.
    Als er außer Sichtweite war, straffte sich der Körper des Alten merklich. Eilig leerte er den Eimer in eine Rinne am Straßenrand und verbarg das leere Gefäß in einer Felsspalte. Dann ging er mit schnellen Schritten zum Hafen hinunter. Obwohl es Frühling wurde, war es jetzt am Abend kalt in Thedra, aber das störte den Mann nicht. Im Gegenteil, die Kälte erlaubte es ihm,

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