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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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Teris Bauch immer runder geworden, und immer häufiger hatte sie Pausen einlegen müssen. Nur ungern gab sie es zu, aber sie kam kaum noch voran. Der Scharanzug, der ihr zuerst als ein wenig zu weit erschienen war, paßte ihr jetzt genau. Über kurz oder lang würde sie sich darüber Gedanken machen müssen, was sie während der letzten Schwangerschaftsmonate anziehen würde.
    Fakun war sehr besorgt um Teri. Auch er hatte ja noch nie eine Schwangerschaft bis zum Ende miterlebt und fragte Teri mindestens dreimal täglich, ob sie sich wohlfühle und ob die Reise denn nicht doch zu anstrengend für sie sei. Teri erklärte dann jedes Mal, dass sie ihren Zustand nicht als Belastung empfinde, wobei sie allerdings die ständigen Rückenschmerzen, die immer schlimmer wurden, verschwieg. Auch das Ziehen und Spannen in den sich stark vergrößernden Brüsten machte das Leben nicht gerade einfacher, und die Haut war sehr empfindlich geworden. Schon kleinere Druckstellen führten jetzt unvermeidlich zu Blutergüssen unter der Haut.
    Teri und Fakun hörten auf, miteinander zu schlafen, und wenn sie Zärtlichkeiten austauschen, dann nur noch mit größter Vorsicht. - Es ließ sich nicht leugnen, bald würde man sich nach einem Platz für die Geburt umsehen müssen.
    Überall auf ihrem Weg verbreiteten die beiden die Nachricht vom Fall Thedras. Da sie aber schon in der Nacht des dramilischen Angriffs aufgebrochen waren und die letzten Neuigkeiten in Moorstadt erfahren hatten, mußten sich die neugierigen Estadorianer mit einer recht dürftigen Botschaft von der Einnahme der Stadt zufriedengeben, die die Neugier in keiner Weise befriedigte.
    `Auf eine Wahrheit kommen tausend Gerüchte!' sagt man in Thedra. - Bald schon wurden Teri und Fakun von der eigenen Nachricht überholt und hörten mit Erstaunen von Ortschaft zu Ortschaft immer wilder ausgeschmückte Geschichten. So kam ihnen zum Beispiel die Kunde entgegen, dass Thedra nach dreimonatiger Belagerung gefallen sei. Andere erzählten, dass der Feind die Stadttore in Brand gesetzt habe, als in der Stadt schon lange furchtbarer Wassermangel herrschte, und wieder andere behaupteten, dass alle Häuser der Hauptstadt ein Raub der Flammen geworden seien.
    Teri und Fakun hörten sich die Gerüchte schweigend an und gingen weiter. Was hätte es für einen Sinn gehabt, den Leuten zu erklären, dass es in Thedra weder Stadtore noch Häuser gab, die brennen konnten? Man hätte nur Streit heraufbeschworen; und Streit war nun wirklich das Letzte, was die beiden auf ihrem Weg gebrauchen konnten.
    Seit der Nacht in der Höhle der Trugbilder waren Teri und Fakun inniger verbunden, als je zuvor. Sie hatten beide Angst gehabt, in ihren Träumen, aber es war nicht die Angst um sich selbst gewesen, die sie fast zum Wahnsinn getrieben hatte, sondern die Sorge um den anderen und die hilflose Panik, den geliebten Partner leiden zu sehen, ohne ihm helfen zu können. Stillschweigend waren sie übereingekommen, Gefahren zu meiden, wo immer es ging.
    Ab und zu fragten Teri und Fakun auf ihrem Weg nach dem Alten vom Berg, aber niemand hatte von einem Mann gehört der sich so nannte, auch war eine Stadt namens Wettergrube niemandem in dieser Gegend bekannt. Die ganze Wanderschaft kam Teri und Fakun immer sinnloser vor, wenn sie auch nicht darüber sprachen. Zwei Nischen entdeckte Teri noch, verbrannte die Kristalle und nahm die Bronzestücke an sich, aber hier war auch nichts Neues zu erfahren gewesen; nur das `Geh nach Osten!' wurde durch die Schriften immer neu bekräftigt.
    Im Flachland brannte die Sommersonne erbarmungslos auf die staubigen Wege nieder, so dass den Wanderern jeder Schritt, ja jede Bewegung, zur Last wurde. Teri rettete sich von Schattenplatz zu Schattenplatz, und Fakun kümmerte sich rührend um sie. Er nahm ihr ihre Verdrießlichkeit, mit der sie ihre eigene Trägheit bemäkelte, nicht übel, sondern wurde es nicht müde, ihr alle Zuwendung angedeihen zu lassen, derer sie jetzt so dringend bedurfte. Er stützte sie beim Gehen und trug ihr Bündel, suchte schattige Orte für sie und täuschte Erschöpfung vor, damit sie sich kleine Pausen gönnte, schleppte Wasser herbei und kochte für sie beide.
    Teri liebte Fakun in diesen Tagen mehr als je zuvor. Sie war übellaunig geworden; anfällig für Stimmungen aller Art, und sie ließ es ihn spüren. Nichts wünschte sie sich mehr, als diese endlose Suche ohne Ziel endlich abbrechen zu können und sich irgendwo auszuruhen. Mehr als fünfzig

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