Sturm ueber Thedra
fehlte.
Hatte Teri sich mit der Geschmeidigkeit der erfahrenen Kämpferin über den Mittelgang bewegt, ohne das geringste Geräusch zu verursachen, so war Lkeide ihr mit der Geschicklichkeit der Diebin gefolgt. Nur eine leichte Berührung am Ellbogen verriet Teri, dass Lkeide neben ihr war. Ein sacht tastendes Geräusch war zu vernehmen - Nicht lauter, als wenn ein Mäuschen über Holz huscht - dann zeichnete sich plötzlich ein etwas hellerer, schmaler Streifen in der Finsternis der fensterlosen Baracke ab. - Lkeide hatte mit Hilfe der Spange den außen angebrachten Riegel zurückgeschoben und die Tür ein Stück weit geöffnet.
Teri hielt den Atem an und horchte auf die Geräusche, die die schlafenden Frauen verursachten, aber bislang schien keine von ihnen etwas bemerkt zu haben. Jetzt kam es nur noch darauf an, nicht durch unbedachte Eile alles zu verderben. Die Tür war mit einem breiten, ausgeleierten Streifen schlecht gegerbten Leders am Rahmen befestigt und würde auf den Dielen entlangschleifen, wenn man sie aufschob. Teri kannte das Geräusch, das entstand, wenn mitten in der Nacht die Wachen kamen, um ihre Kontrollgänge zu machen. - Alle Frauen würden schlagartig wach sein, wenn sie Holz auf Holz schaben hörten! Teri ließ sich auf die Knie nieder, legte ihre Fingerkuppen unter den unteren Querbalken der Tür, hob sie etwas an und drückte sie gleichzeitig ein Stück weit auf. Aus den Augenwinkeln sah sie Lkeide durch den entstandenen Spalt schlüpfen, ließ vorsichtig los und stand auf. Schnell warf sie einen letzten Blick in die undurchdringliche Finsternis hinter sich und schob sich dann selbst nach draußen.
Lkeide hatte ihren Kittel bereits übergestreift und wedelte ungeduldig mit den Händen. Teri störte sich nicht daran, kniete sich wieder vor die Tür und schloß sie auf die gleiche Weise, wie sie sie aufgeschoben hatte. Diesmal mußte sie allerdings um das Türblatt herumgreifen, weil es außen keinen Querbalken gab. Vorsichtig zog sie ihren Arm aus dem Spalt und drückte die Tür langsam, unendlich langsam, wieder zu. Lautlos schob Lkeide den Riegel wieder vor, dann war auch Teri so weit, dass sie aufstehen und in ihren Kittel schlüpfen konnte.
Der Platz vor der Schlafbaracke war dunkel und leer. Der Mond stand als schmale Sichel über dem Lager und die meisten Sterne waren hinter einem Dunstschleier verborgen. Niemand sah Teri und Lkeide, die in ihren grauen Kitteln lautlos über den Weg zum Einweichtrog huschten. In einiger Entfernung brannte an der Grenze zum Männerlager ein kleines Feuer, und Teri konnte die Gestalten von vier Wächtern erkennen, die darum herumhockten und in die Glut blickten. Leise Stimmen klangen von dort herüber und ein Lachen zeigte an, dass man gerade in fröhlicher Unterhaltung zusammensaß. - Keine Gefahr!
Teri fand es nett von den Wachen, dass sie es so eingerichtet hatten, dass sie von ihr gut gesehen werden konnten, während sie selbst durch den Feuerschein geblendet wurden. Auch die halblaut geführte Unterhaltung kam Teri und Lkeide sehr zupaß, bedeutete das doch, dass die Ohren der Männer für feinere Geräusche zur Zeit nicht empfänglich waren. Lautlos huschten die beiden in einiger Entfernung an den Männern vorbei in Richtung Lagertor.
Direkt beim Tor gab es ein kleines Wachhaus, dessen Fenster und Türen alle geschlossen waren. Milder Lichtschein drang zwischen den Fugen der Bretter hervor, ein Zeichen dafür, dass jemand in der Hütte war. Verwundert sahen Teri und Lkeide sich kurz an. Sie hatten eigentlich damit gerechnet, dass das Tor scharf bewacht würde, und Lkeide hatte unterwegs schon einen faustgroßen Stein aufgehoben, um sich damit den Weg freikämpfen zu können, wenn sie entdeckt würden.
Groß und dunkel ragte die Mauer vor ihnen auf, mit der einstmals das Tal der Gerber von der restlichen Welt abgetrennt worden war. Keine Wache patrouillierte vor dem Tor, keine Feuer brannten entlang der Mauer und kein Geräusch im Dunkel ließ auf die Anwesenheit eines Wärters schließen.
Teri lächelte zufrieden. - Die Lagerwachen waren sich ihrer Sache so sicher, dass sie ihren Dienst vernachlässigten, und einzig das Kreuzgitter aus oben zugespitzten Hölzern hielt sie und ihre Freundin davon ab, sich gegenseitig auf die Mauer zu helfen und einfach in die Freiheit zu springen.
"Komm!", flüsterte Teri Lkeide zu und war schon im Schatten der Mauer verschwunden. Lautlos glitt sie, gefolgt von ihrer Freundin, vom Torhaus weg an der Mauer
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