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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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entlang. Je mehr sie sich der Talwand näherten, desto vorsichtiger wurde Teri. Trotzdem wäre sie fast gegen ein Balkengerüst gestoßen, das plötzlich in der Dunkelheit vor ihr aufragte.
    Mit nach hinten gestreckter Hand hielt Teri Lkeide auf und spähte mißtrauisch nach oben in die Dunkelheit. Nichts rührte sich auf der Wachplattform, die Teri schon am Tag ihrer Einlieferung bemerkt hatte. Damals war dies allerdings ein Punkt für sie gewesen, von dem sie sich im Fall einer Flucht fernzuhalten hätte. Von dieser überdachten Plattform aus war die Lagermauer in ihrer ganzen Länge zu übersehen, und Teri war davon ausgegangen, dass sie ständig besetzt war. - Jetzt schien es allerdings, als sei sie von den Wachen verlassen worden, die sich vielleicht lieber im Wachhaus oder sonst irgendwo aufhielten. Teri fand die Leiter die hinaufführte und setzte einen Fuß auf die erste Sprosse.

    Als der Morgen anbrach und die Sonne noch hinter den Gipfeln des Großen Gebirges verborgen war, schlug nahe der Bergstadt Stein auf einem Bauerngehöft einer der wenigen Hunde an, die es in dieser Gegend gab.
    Es war ein friedlicher Morgen. Die Vögel sangen schon seit geraumer Zeit das Lied der aufgehenden Sonne, und Tau lag in mattem Schimmer auf jedem Grashalm. Die grausilbernen Wiesen wirkten frisch und unberührt, leichter Dunst lag in den Senken und die Schafe, die die Nacht draußen verbracht hatten, lagen noch dichtgedrängt in einem dampfenden Gewirr von Leibern beieinander.
    Der Bauer, geweckt vom Gebell, kam halb angezogen vor die Tür und sah kurz über sein Land. Da er aber nicht entdecken konnte, wer oder was für die Störung des morgendlichen Friedens verantwortlich war, schüttelte er nach einer Weile den Kopf und ging wieder ins Haus. Der Hund lief noch eine Weile aufgeregt um die Herde und legte sich dann ebenfalls wieder hin, um ein wenig zu ruhen, bevor das Tagewerk begann.
    In einem Gebüsch, weit außerhalb der Reichweite seines Gehörs, raschelten ein paar Zweige. "Ich hasse diese Biester!", flüsterte Lkeide Teri zu. "Ein Tuchhändler hatte einmal so ein Vieh an seinen Wagen gebunden, als er in das Wirtshaus ging. Ich hab das Ungeheuer total übersehen, und es hat mich fast ein Stück meiner Wade gekostet, als ..."
    "Komm!" der Hund hatte sich beruhigt, und Teri huschte ein Stück weiter in den Wald hinein. Teri konnte sich nur dafür beglückwünschen, dass Lkeide und sie nicht näher an die Herde herangekommen waren, als sie die Wiese überquert hatten. Seit sie Fakuns Hund kannte, hätte sie keinem dieser Tiere etwas zuleide tun mögen.
    Schnell und geschickt glitten Teri und Lkeide durch das Unterholz, wobei allerdings Lkeide von gelegentlichem Aufklingen ihres Kupfer- und Bronzeschmucks begleitet wurde. Sie hatte sich herausgeputzt wie die Frau eines Kaufmannsfürsten, was Teri halb amüsiert, halb erzürnt zur Kenntnis genommen hatte, als ihre Freundin aus dem Haus des Richters von Stein gekommen war, wo, wie Teri ganz richtig vermutet hatte, ihre Scharsachen aufbewahrt worden waren.

    Die Flucht aus dem Lager war viel einfacher gewesen, als die Freundinnen es sich hatten vorstellen können. Das Gefährlichste daran war gewesen, von der tatsächlich unbemannten Wachplattform mehrere Mannslängen tief in die Freiheit zu springen, aber keine von ihnen hatte sich bei diesem Sprung ins Dunkel verletzt.
    Dann waren die beiden über den Hauptweg nach Stein geeilt, wo sie noch in tiefster Dunkelheit angekommen waren.
    Hier kam Teri nun ihr Wandererwissen sehr zunutze. Da sie schon einmal dort gewesen war, fand sie das Haus des Richters selbst in dieser stockfinsteren Nacht, ohne auch nur einmal überlegen zu müssen. Ihr ursprünglicher Plan war es gewesen, in das Haus einzudringen und den Richter zur Herausgabe ihrer Sachen zu zwingen, aber Lkeide hatte diesen Plan mit einer lustig-verächtlichen Handbewegung beiseite gewischt. "Lass mich nur machen!", hatte sie erklärt und war im Dunkel verschwunden, ohne Teri auch nur weiter anzuhören.
    Etwas beleidigt und sehr angespannt hatte Teri vor dem Haus gewartet, als plötzlich ein Bündel vor ihr auf den Boden geplumpst war. Erschreckt war sie zurückgefahren, als Lkeides Stimme dicht über ihr "Sieh nach!", geflüstert hatte. Teri hatte nachgesehen und zu ihrem Entzücken ihre komplette Ausrüstung in dem Bündel vorgefunden. In ihrer Begeisterung hatte sie sofort auf dem Richtplatz von Stein ihren Sklavenkittel abgestreift und war in den ihr so vertrauten

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