Sturm und Drang
zur vorsintflutlichen Ethik der orkischen Kriegerklasse.
Ich bin kein großer Freund von solchen Diskussionen, fülle meinen Becher mit Abbot’s ausgezeichnetem Kleeh, leere ihn in einem Zug und gehe dann nach unten. Von mir aus kann das Kartenspiel beginnen.
19. KAPITEL
Ich sitze am größten Tisch in der Taverne. Der junge Ravenius sitzt mir zur Linken, General Akarius rechts von mir. Neben ihm sitzt Prätor Raffius und daneben Donax, der Unterhäuptling der Bruderschaft von Zwölf-Seen. Mir gegenüber sitzt Georgius Drachentöter. Neben ihm hockt der alte Grax, ein Weinhändler. Zwischen Grax und Ravenius ist ein Stuhl frei.
Die Tür der Taverne ist verschlossen. Bei diesem Spiel ist die Öffentlichkeit nicht zugelassen. Das hat Zitzerius entschieden, weil so viel auf dem Spiel steht, und da Harm ebenfalls hier sein wird, erschien es ihm besser, Zuschauer auszuschließen.
Die reichen Kartenspieler lassen es sich nicht anmerken, ob es sie befremdet, im armen ZwölfSeen zu spielen. Im Gegenteil, sie scheinen sogar dankbar zu sein, dass sie überhaupt spielen können. General Akarius bedankt sich fast überschwänglich. Seit Senator Kevarius wegen der Fieberepidemie sein Haus geschlossen hat, warteten sie auf ein gutes Spiel. Und dass sie es nur in einem armen Viertel der Stadt finden konnten, stört sie nicht sonderlich. Selbst Prätor Raffius benimmt sich nicht allzu dünkelhaft. Wie viele Mitglieder der Senatorenkaste legt er sehr viel Wert auf seinen Status, aber die Aussicht, einen schönen Spielabend erleben zu können, lässt ihn das vergessen. Und bei all den anderen illustren Gästen in der Taverne fallen Raffius, Akarius und Georgius auch gar nicht mehr so sehr aus dem Rahmen. Die meisten Anwesenden dürften ihnen sehr gut bekannt sein. Vizekonsul Zitzerius zum Beispiel, der den höchsten Rang von allen bekleidet, und Lisutaris, eine der berühmtesten Einwohnerinnen von Turai. Selbst Grax, der Weinhändler, ist als Mitglied des Ehrenwerten Vereins der Kaufmannschaft kein Unbekannter für die Aristokratie der Stadt. Er ist sehr wohlhabend und hat schon früher mit Akarius gespielt. Als die Spieler eintreffen, sind sie überrascht und begrüßen sich mit großem Hallo. Der Prätor wundert sich, was der Vizekonsul hier zu suchen hat, aber Zitzerius weicht der Frage geschickt aus.
Lisutaris, Chomeinus der Fleischwolf, Tinitis Schlangenstricker und Anemari Donnerschlag sind geblieben, um dem Spiel zuzusehen. Das ist keine Überraschung, angesichts dessen, wer noch daran teilnimmt. Sollte sich herausstellen, dass Harm der Mörderische böse und uns bis dato unbekannte Ränke schmiedet, sollten die vier turanischen Zauberer mit ihm fertig werden können. Die Rächende Axt ist zurzeit eines der bestbewachten Gebäude der Stadt. Das ganze Viertel von der Taverne bis zum Hafen wimmelt von Soldaten und Zauberern. Sollte Prinz Amrag auf die Idee kommen, heute Abend anzugreifen, wird er uns schwerlich überrumpeln können.
Hauptmann Rallig würde normalerweise ebenfalls mitspielen, aber ihm ist der Einsatz zu hoch. Er nimmt nur als Kiebitz teil. Der Hauptmann lässt es sich zwar nicht anmerken, aber ich weiß, dass er viel lieber mitspielen würde, als neben Moolifi zu sitzen und zusehen zu müssen, ganz gleich, wie gern er sie hat.
Conax baut sich hinter seinem Boss Donax auf, während Marihana und Sermonatius ruhig auf einer Bank an einer Wand des Schankraums Platz genommen haben, um das Spiel zu beobachten. Georgius begrüßt Lisutaris zwar höflich, aber seine Miene ist mürrisch wie immer, als er auf seinem Stuhl am Tisch Platz nimmt.
»Für wen ist denn der freie Stuhl reserviert?«, erkundigt er sich barsch.
Ich gehe zum Tresen und hole mir ein Bier. Makri sieht mich finster an, als ich mich ihr nähere.
»Du hast schon ganz schön viel Kleeh getrunken«, sagt sie. »Du musst auf deine Konzentration achten.«
»Ich hatte nur ein kleines Gläschen Kleeh«, widerspreche ich.
»Von wegen. Du hattest vier. Ich habe mitgezählt.«
»Haben wir geheiratet, ohne dass ich etwas davon gemerkt habe, Makri? Seit wann führst du Buch darüber, wie viel ich trinke?«
»Seit ich den Einsatz in deinem Kartenspiel darstelle«, erklärt sie.
Mir kommen plötzlich Zweifel.
»Willst du aussteigen? Es ist noch Zeit. Mir gefällt die ganze Sache nicht besonders.«
»In deinem Büro schienst du aber noch recht versessen daraufgewesen zu sein.«
»Ich habe mich hinreißen lassen, als Zitzerius mir mehr Geld angeboten
Weitere Kostenlose Bücher