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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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in der Festung gefragt, wann der Kampf beginnen würde. Jetzt lachten sie und klopften sich gegenseitig auf die Schultern.
    Ihr wisst nichts, dachte Gerit, gar nichts.
    »Ich reite sofort los, Schwarzklaue«, sagte er. Einer der Stalljungen legte einer kleinen braunen Stute bereits das Zaumzeug an. Gerit schwang sich auf ihren ungesattelten Rücken. Vor ihm stand das Tor weit offen. Die Wachen, die den Hengst inzwischen eingefangen hatten, beachteten ihn nicht.
    Er drehte sich nicht um, sah nicht zurück auf die Festung, die, seit er denken konnte, sein Zuhause gewesen war. Die Stute trabte über den Hof und auf das Tor zu. Gerit glaubte, Schwarzklaues Blicke im Rücken zu spüren. Bei jedem Atemzug erwartete er, zurückgerufen zu werden. Sein Herz hämmerte, seine Augen sahen nichts außer der wolkenverhangenen Landschaft jenseits des Tors.
    Und dann war er hindurch.

 
    Kapitel 23
     
    Bedenkt man, dass es ohne das Wasser des Großen Flusses keine Kultur, keinen Handel und keinen Wohlstand gäbe, so erscheint es nicht etwa seltsam, dass so viele Völker zu den Göttern des Großen Flusses beten, sondern dass es nicht alle tun.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
     
    »Gibt es Nachrichten vom Krieg? Gibt es Nachrichten aus Somerstorm?«
    Ana rief diese Fragen jedem Floß zu, das sie passierten, aber sie erhielt nie eine Antwort. Manchmal starrten die Händler und Matrosen an Deck sie an, meistens ignorierten sie Ana jedoch. Vielleicht sprachen sie nicht die gleiche Sprache, vielleicht schreckte sie auch der Käfig ab, in dem sie stand.
    Man hatte sie eingesperrt wie Vieh. Die Gaukler hockten auf dem Deck eines Floßes, das das letzte Glied einer Reihe aus insgesamt fünf Flößen bildete. Sie waren mit armdicken Seilen vertäut worden. Die Ausleger ragten weit in die Sümpfe hinein. Ihre breiten Holzfüße, die wie kleine Boote aussahen, kratzten über Baumstämme und Sträucher. Die nackt darauf balancierenden Ruderer trugen Stangen, mit denen sie sich vom Grund abstießen. Das Wasser war flach. Hin und wieder kratzte der Boden des Floßes über den Untergrund.
    Ana stand an den Baumstämmen, die seit fünf Tagen die Grenze ihrer Welt bildeten. Wie Gitterstäbe ragten sie in die Höhe. Die Zwischenräume waren so eng, dass nicht mehr als ein Männerarm hindurchpasste. Ein Dach gab es nicht. Alles war nass; Haare, Haut, Kleidung. Die meisten Gaukler hatten sich bis auf den Lendenschurz ausgezogen und ihre Kleider auf dem Boden verteilt. Die Stoffe sogen die Tropfen auf. Solange es regnete, gab es Trinkwasser.
    Und solange Jonan angelt, haben wir Nahrung, dachte Ana. Sie wandte den Blick vom monotonen Grün des Urwalds ab und sah zu Jonan, der an den Baumstämmen lehnte und eine Schnur ins Wasser hielt. Seit sie an Bord gekommen waren, hatte er fast ein Dutzend kleiner Fische und eine Wasserschlange gefangen. Ana sah ihm oft dabei zu, vor allem nachts, wenn sie auf den harten Bohlen lag und nicht schlafen konnte. Er wirkte ruhig, wenn er angelte, fast schon zufrieden.
    Die Matrosen ließen sie in Ruhe. Abgesehen von den Ruderern hielten sie sich auf dem ersten Floß auf. Sie gaben ihren Gefangenen weder Nahrung noch Wasser. Es schien sie nicht zu interessieren, ob sie lebten oder starben. Am ersten Tag hatte Daneel noch versucht, mit ihnen zu reden, doch sie schienen ihn nicht zu verstehen. Anscheinend funktionierte seine Magie nur, wenn man ihn verstand. Irgendwann hatte Daneel es aufgegeben, hockte seitdem stumm in einer Ecke des Käfigs. Nur wenn sie sich einem kleinen Dorf oder einem anderen Floß näherten, stand er auf und warf einen Blick darauf. Er schien auf etwas zu warten, so wie auch schon im Sumpfland.
    Die Gaukler hielten sich fern von ihm. Niemand sprach ihn an. Er versuchte nicht mehr, sie mit seiner Stimme zu beeinflussen; Ana wusste nicht, warum. Aber sie war froh darüber. Es war, als hätte jemand einen Vorhang aufgezogen, der sie von der Welt getrennt hatte. Zum ersten Mal, seit sie Braekor verlassen hatten, fühlte sie sich wieder als Herrin über ihre eigenen Gedanken.
    Ana und Jonan waren ebenso zu Außenseitern geworden wie Daneel. Die Gaukler hockten dicht nebeneinander wie Schafe, die sich in einem Sturm gegenseitig zu wärmen versuchten. Borrums Tod hatte sie alle tief getroffen, vor allem Fyramei. Wenn sie sich unbeobachtet fühlte, weinte sie. Am zweiten Tag war Qaru zu Ana gekommen. »Wir geben dir nicht die Schuld an dem, was geschehen

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