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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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gelebt. Es war hier immer friedlich, sogar im Krieg, aber jetzt …«
    Sie beendete den Satz nicht, sah stattdessen zu den Silhouetten auf den Matten. »Es tut mir leid, dass ich euch wach halte.«
    »Das macht nichts, wir brauchen nicht viel Schlaf.« Die Stimme kratzte wie mit Klauen über Anas Geist. Sie erkannte sie sofort.
    »Der Zwerg!«, schrie sie. Neben ihr sprang Jonan auf. Sie sah, wie er nach den Klingen in seinem Gürtel griff, Klingen, die er schon längst nicht mehr besaß. Mit einem Schritt stand er neben der alten Frau und riss ihr den langen Löffel aus der Hand. Sein Fuß trat der Stimme den Topf entgegen. Funken und Asche stoben auf. Die Frau schrie.
    Der Geruch nach Essig stand plötzlich im Raum. »Was habt ihr mit meinem Freund Daneel gemacht?«, fragte der Zwerg. Neben ihm erhoben sich andere Silhouetten. Feuerschein brach sich in gelben Augen.
    »Lauf!« Jonan warf sich den Nachtschatten entgegen, drängte sie gegen die Rückwand der Hütte. Ana stolperte, als die alte Frau sie zur Seite stieß und an ihr vorbei durch die Tür lief. Sie fiel auf die Knie. Der Essiggeruch versetzte sie zurück nach Somerstorm, lähmte sie in Todesangst.
    »Lauf!«
    Sie hob den Kopf. Draußen schrien Stimmen wild durcheinander. Jonan hielt den Tonkrug in einer Hand, schwang ihn am Henkel den Nachtschatten entgegen. Sie waren zu viert. Ana sah ihre Klauen und weit aufgerissenen Mäuler.
    »Lauf doch!«
    Stoff riss. Jonan schrie und ließ den Krug fallen. Der Zwerg, noch grotesker in seiner Nachtschattenform, sprang ihn an, warf ihn zu Boden. Jonan riss die Beine hoch, schleuderte ihn in die anderen beiden hinein. Funken stoben auf, als einer von ihnen mit dem Rücken ins Feuer fiel. Der Geruch nach verbranntem Fell mischte sich in den Essiggestank.
    Jonan drehte sich nach ihr um. Ana wusste, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte, und sie sah in seinem Blick, dass er es auch wusste. Er konnte sie nur aufhalten. Es lag an ihr, dafür zu sorgen, dass sein Opfer nicht vergeblich war.
    Der Gedanke trieb sie auf die Beine, brachte sie durch die Tür nach draußen. Sie dachte an das Pferd, dessen Schnauben sie gehört hatte. Es musste irgendwo hinter der Hütte stehen.
    Die alte Frau war auf die andere Seite des Platzes geflohen. Sie stützte sich auf einen älteren Mann. Eine Frau und ein anderer Mann zogen an dem Karren, unter dem sie wohl geschlafen hatten. Ana lief an ihnen vorbei, stoppte jedoch abrupt, als sie eine Axt zwischen Holzstämmen auf dem Karren liegen sah.
    Sie zog sie heraus. Die Schneide war rostig, aber so lang wie ihr Unterarm.
    Ana hörte das Brüllen der Nachtschatten. Jemand krachte von innen so heftig gegen die Hüttenwand, dass eines der Bretter herausbrach. Einen Moment zögerte sie. Ihr Herz schlug so heftig, dass ihr das Denken schwerfiel.
    Sie lief zurück.
    Die Menschen vor der Tür beachteten sie nicht. Sie sah in die Hütte hinein. Jonan stand aufrecht zwischen den Nachtschatten. Sie umkreisten ihn wie Wölfe.
    »Jonan!«, schrie sie. Er fuhr herum, sah zuerst sie, dann die Axt in ihrer Hand. Mit der Schulter rammte er einen Nachtschatten zur Seite, brach aus dem Kreis aus und warf sich ihr entgegen. Die Hand, mit der er nach der Axt griff, war blutig. In seiner Wange klaffte ein Schnitt.
    »Es tut mir leid«, sagte er, als er wieder hochkam.
    »Was …«, begann Ana, aber er wandte sich bereits wieder ab.
    Sein Körper begann zu zittern, schien wie ein Schatten zu zerfließen. Die Nachtschatten, die ihm gerade noch nachgesetzt hatten, stoppten, als er sich vor ihnen aufrichtete und ihnen seinen Hass entgegenbrüllte. Er legte den Kopf in den Nacken, atmete die Nachtluft ein wie ein Ertrinkender, dem Luft eine Ewigkeit lang versagt geblieben war. Seine Klauen umklammerten die Axt. Sein schwarzes Fell verschmolz mit der Dunkelheit.
    »Was für eine Überraschung«, sagte der Zwerg. Er klang nicht überrascht.
    Ana glaubte ins Nichts zu stürzen. Jonan konnte kein Nachtschatten sein, er hatte sie doch gerettet, sie hatte ihm vertraut, sogar mehr als das. Es konnte nicht sein.
    In der Hütte begann der, den sie als Jonan gekannt hatte, die Axt zu schwingen. Ana wich zurück, schluckte Wut und Tränen herunter. Im nächsten Moment saß sie bereits auf dem Pferd, ohne zu wissen, wie sie dorthin gelangt war. Sie trat ihm in die Flanken und ritt in die Dunkelheit hinein. Sie ritt, bis ihr Pferd sich weigerte weiterzugehen. Dann legte sie sich unter einen Baum und schlief.
    Sie erwachte im

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