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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Braekor. Es gab nur einen einzigen Pass, der über die Berge führte. Ana hoffte, dass sie dort auf Wachpatrouillen Braekors stoßen würde. Es war möglich, dass sie noch nicht wussten, was geschehen war.
    Sie schloss die Augen und versuchte sich daran zu erinnern, wer beim Fest nicht an Fürst Karrais Tisch gesessen hatte. Fast alle seine Töchter waren anwesend gewesen, zwei seiner vier Frauen und seine beiden jüngsten Söhne, Karral IV und Karral V. Karral I und II regierten Braekor in Abwesenheit ihres Vaters, Karral III war bereits vor Jahren einem Orden von Erdmagiern beigetreten und nahm fast nie an Festlichkeiten teil. Ana hielt den Brauch, jedem Sohn den Namen des Vaters zu geben und einfach durchzuzählen, für seltsam. Aber es war Tradition in Braekor und hatte es Karral vermutlich erleichtert, die Namen seiner zahlreichen Kinder zu behalten. Töchter benannte man meistens nach Blumen oder Früchten. Eine Tochter Karrais hieß Apfel, eine andere Primel. Wahrscheinlich waren sie beide ebenso tot wie Karral, Karral IV und V und all die anderen, die im Bankettsaal gesessen hatten, als sich die Türen schlossen.
    Ana zog die Kapuze des Umhangs tief in ihr Gesicht. Ihr war auf einmal kalt.
    Über ihr zog sich der Himmel endgültig zu. Der Regen, der sich schon seit einem Tag angekündigt hatte, wehte über das Land hinweg und prasselte fast waagerecht gegen Anas Körper.
    Schnee und Hagel mischten sich darunter. Weit entfernt rollte Donner heran.
    Ich muss Schutz suchen. Ana dachte an die Weide, die sie einige Meilen zuvor gesehen hatte. Ziegen hatten neben einem Holzverschlag gegrast. Es behagte ihr nicht zurückzureiten, aber sie wusste nicht, ob sie weiter oben in den Hügeln noch eine andere Unterkunft finden würde. Bei ihren Reisen nach Braekor hatte sie auf so etwas nie geachtet.
    Zögernd wendete sie ihr Pferd und ritt den Pfad hinab. Der Wind drückte gegen ihren Rücken. Das Tageslicht verschwand hinter einer grauen Wand.
    Als Ana die Weide erreichte, klebten Umhang und Kleid bereits an ihrem Rücken. Ihre Finger waren beinahe taub. Sie zitterte vor Kälte. Der Verschlag war größer, als sie gedacht hatte. Jemand hatte Holzstämme halbiert und in den Boden gerammt. Die Zwischenräume waren mit Lehm und Stroh aufgefüllt worden. Es gab keine Tür, nur einen Vorhang aus Maka, dessen Enden mit Steinen beschwert waren, um zu verhindern, dass der Wind hindurchwehte.
    Ana stieg ab und schob den Vorhang zur Seite. Das Innere des Verschlags war dunkel. Sie wich angewidert zurück, als ihr der Gestank von Ziegenkot und kaltem Rauch entgegenschlug. Sogar die Stute scheute im ersten Moment, ließ sich dann jedoch bereitwillig ins Innere führen. Der Vorhang schlug hinter ihr zu.
    Es dauerte einen Moment, bis sich Anas Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann bemerkte sie, dass der Verschlag voller Ziegen war. Sie standen im Stroh, das den Lehmboden knöchelhoch bedeckte, und sahen Ana teilnahmslos an.
    Es gab eine Feuerstelle in dem Verschlag und einen Rauchabzug. Mehrere Töpfe standen auf dem Boden, eine Säge und eine Schaufel lehnten an der Wand. Getrockneter Ziegendung stapelte sich in einer Ecke. In einer Gegend, wo es nur wenige Bäume gab, war Holz zu kostbar, um es zu verbrennen.
    Zitternd zog Ana den durchnässten Umhang aus und begann sich mit Stroh abzureiben. Der Ziegengestank stach in ihrer Nase, und die Halme hinterließen rote Striemen auf ihrer Haut, aber es war die einzige Möglichkeit, sich zu wärmen. Ana hatte weder Feuerstein noch Zunder, und selbst wenn sie so etwas gefunden hätte, hätte sie nicht gewusst, wie man damit ein Feuer macht. In der Festung hatten Diener solche Aufgaben erledigt.
    Draußen prasselten Regen und Hagel auf die Landschaft nieder, im Inneren des Verschlags drangen jedoch nur ein paar Tropfen durch das Dach. Ana setzte sich zwischen einige Strohballen und bedeckte ihre Beine mit Stroh vom Boden. Ihr Kleid war schnell getrocknet, und mit dem Stroh kam auch endlich die Wärme. Sie hatte Hunger, aber selbst der kurze Weg zu ihrer Stute, die keine drei Schritte entfernt stand, erschien ihr zu weit.
    Erst wenn mir richtig warm ist, dachte Ana und schloss die Augen.
    Als sie die Augen wieder öffnete, war es ganz dunkel im Verschlag geworden. Das Gewitter war weitergezogen, der Regen hatte nachgelassen.
    Jemand hustete.
    Ana zuckte zusammen. Beinahe hätte sie aufgeschrien, biss sich aber im letzten Moment auf die Lippe.
    Zwei Silhouetten schälten sich aus der

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