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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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lügst.«
    »Ich werde nicht mit dir diskutieren. Bring mich zu eurem Lager und schicke einen Boten nach Bor. Dort wird jemand wissen, wer ich bin.«
    Die Arroganz, mit der sie auf den Offizier herabblickte, zeigte Wirkung. Er sah seine Männer zögernd an, dann nickte er. »Also gut, wir nehmen dich mit. Aber wenn du lügst, wirst du noch wünschen, der Schnee hätte dich verschluckt.«
    Ana ließ sich ihre Erleichterung nicht anmerken. Mit durchgedrücktem Rücken und erhobenem Kopf ging sie zurück zu der Vorderseite des Gasthauses. Die Soldaten hatten ihre Pferde neben der Stute angebunden. Als sie aufstiegen, sorgten sie dafür, dass Ana in ihrer Mitte ritt. Sie wies sie dafür nicht zurecht. Sie trug weder die Kleidung einer Fürstentochter, noch ritt sie ein Pferd, das ihrer Stellung angemessen gewesen wäre. Das Misstrauen der Soldaten war berechtigt.
    Es war fast dunkel, als sie das Lager erreichten. Ana sah drei einfache Hütten mit Strohdächern und einen Wachturm, der nicht besetzt war. Eine Fahne mit dem roten Wappen Braekors klebte nass an einem Fahnenmast auf dem Dach des Turms. In einem offenen Verschlag standen drei Pferde.
    »Kommandierst du diese Männer?«, fragte sie den Offizier.
    Er nickte. »Sechs Mann, sieben Pferde. Wir warten noch auf Verstärkung wegen der …« Er zögerte. »Wegen der Sache in Somerstorm.«
    »Ihr habt also davon gehört?« Ana richtete sich im Sattel auf. »Was genau wisst ihr?«
    Der Offizier hob die Schultern. Schnee lag glatt wie ein Brett darauf. »Wir wissen, dass der Fürst tot ist, deiner und unserer. Viele andere Leute sind auch tot. Karral I ist der neue Fürst. Er zieht seine Streitkräfte an der Grenze zusammen.«
    »Weißt du, wer in Somerstorm eingefallen ist?«, fragte Ana.
    »Nein, das hat man mir nicht gesagt.« Misstrauisch sah er sie an. »Wenn du dabei warst, solltest du wissen, wer es war.«
    Sie schwieg.
    Der Offizier fluchte. »Wieso steht keiner auf dem Wachturm? Ist das nicht Hoffs Wache?«
    »Keine Ahnung«, antwortete der Soldat, der hinter Ana ritt. »Ist aber auch verdammt kalt da oben.«
    »Na und? Was meint ihr wohl, was passiert, wenn der Leutnant aus Bor mit seinen Leuten eintrifft und einen unbesetzten Wachturm sieht? Dann kriegen wir alle die Peitsche, nicht nur Hoff.« Der Offizier spuckte aus. »So eine Scheiße.«
    »Reg dich nicht auf. Der Leutnant kommt nicht vor morgen.«
    Die Soldaten hatten einen laxen Umgangston, den der Offizier nicht hätte tolerieren dürfen. Ana wusste aus der Festung genug über militärische Dinge, um das zu erkennen. Der Offizier war ein schwacher Mensch. Seine Untergebenen nutzten das aus.
    Vor den Hütten stiegen sie ab. Einer der Soldaten führte die Pferde zum Stall, der Offizier und der zweite Soldat schlugen sich den Schnee aus der Kleidung und führten Ana zu der mittleren Hütte. Rauch stieg durch einen Abzug im Dach in den dunklen Himmel. Im Inneren lachte jemand rau und hustete.
    Der Offizier stieß die Tür mit dem Fuß auf. Die beiden Männer, die an einem langen Holztisch gesessen hatten, sprangen erschrocken auf. Kerzen flackerten und warfen lange Schatten an die Wände.
    »Wo ist Hoff?«, brüllte der Offizier.
    »Auf seinem Posten.« Ein junger Soldat mit zusammengewachsenen Augenbrauen und fliehendem Kinn gab die Antwort. Sein Blick zuckte nervös zwischen dem Offizier und Ana hin und her. »Ich wollte ihn gleich ablösen, Lazzu.«
    »Lös ihn jetzt ab. Der Turm ist unbesetzt. Wenn du ihn draußen siehst, schick ihn zu mir.«
    »Kann ich wenigstens noch aufessen?« Der Soldat zeigte auf einen halbvollen Teller Eintopf. Der ältere, der gleichzeitig mit ihm aufgesprungen war, setzte sich bereits wieder. »In dem Sturm sieht man von da oben sowieso nichts. Reine Zeitverschwendung.«
    Er sprach leise, aber laut genug, dass Lazzu ihn hören musste. Doch der Offizier schwieg.
    »Nein«, sagte er. »Schwing deinen Arsch die Leiter rauf. Sofort.«
    Der jüngere seufzte theatralisch, stand auf und nahm einen langen Fellmantel vom Haken. Betont langsam zog er ihn an, schlug die Kapuze hoch und nahm einen der Speere, die an der Wand lehnten. Schnee wurde ins Innere der Hütte geweht, als er nach draußen trat.
    Der ältere Soldat zog den Teller seines Kameraden heran und begann zu essen. Aus den Augenwinkeln betrachtete er Ana.
    »Wer ist das?«, fragte er kauend.
    Lazzu zog seinen schweren Mantel aus. »Sie sagt, sie ist Ana von Somerstorm.«
    »Tatsächlich?« Der ältere Mann legte den Löffel

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