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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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linker Arm hing herab. Das Blut, das von seiner Klaue tropfte, stammte nicht von Gerit. Seine Ledersohlen schlitterten über die nassen Steine.
    Gerit wich zurück. Er kam auf die Knie. Die Küche begann sich vor seinen Augen zu drehen. Er hielt sich an einem Stuhl fest. Die Hitze in seinem Rücken wurde stärker.
    Horon zuckte. Gerit rollte sich zur Seite. Der Tritt, der auf sein Gesicht gerichtet war, ging ins Leere. Horon fluchte, als er das Gleichgewicht verlor. Er stolperte über Gerit hinweg, konnte sich mit seinem gebrochenen Arm nicht abstützen.
    Gerit kam hoch und stieß ihn nach vorn.
    Es war kein heftiger Stoß, gerade stark genug, um Horon einen weiteren Schritt nach vorne zu bringen. Er rutschte aus, schlug mit der Hüfte gegen die Kochstelle. Funken stoben hoch. Er versuchte sich mit einer Hand abzustützen und schrie, als seine Hand über glühend heiße Steine rutschte. Sein Oberkörper schwang in unendlicher Langsamkeit über das Feuer. Flammen leckten über sein Gesicht. Es begann zu stinken.
    Gerit stützte sich auf einen Stuhl. Horons Schreie bohrten sich in seinen Kopf wie Klingen. Verschwommen sah er, wie der Nachtschatten sich aufrichtete. Seine Haare brannten.
    Gerit schlug mit dem Stuhl zu, trieb ihn zurück ins Feuer. Einmal, zweimal, bis die Lehne sich rot färbte und Horon aufhörte zu schreien. Erst dann ließ er den Stuhl fallen.
    Er stand da und starrte auf die Feuerstelle. Horons Oberkörper lag im Feuer, seine Beine hingen über die Kochstelle hinaus. Gerit machte einen schlurfenden Schritt auf ihn zu. Dreimal musste er nach dem Stiefel greifen, bis seine Hände ihn endlich fanden. Mühsam zog er Horon die Stiefel aus.
    Dann drehte er sich um. Die Küchenhilfen und Köche standen in der Tür. Gerit hob die Stiefel hoch. »Die gehören mir.«
    Er war sich nicht sicher, ob er laut gesprochen hatte, konnte seine eigene Stimme nicht hören. »Mir«, wiederholte er.
    Die Welt wogte auf und ab wie ein Ozean. Er blieb stehen, hilflos in seiner Benommenheit. Niemand sagte etwas. Blut lief aus seiner Nase an seinem Kinn herunter und tropfte auf den Boden.
    Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Jry vortrat. Er hatte Gerits Hemd ausgezogen und reichte es ihm. »Das gehört auch dir«, sagte er.
    »Ja.« Gerit stützte sich an der Wand ab. Die Wogen der Welt glätteten sich ein wenig. »Macht hier sauber.«
    Die Nachtschatten nickten und begannen mit der Arbeit.

 
    Kapitel 12
     
    Ashanar ist ein Land der einfachen Freuden. Eine gute Mahlzeit und reines, klares Wasser darf der Reisende hier erwarten, in den Städten gelegentlich einmal einen Landsänger oder einen Gaukler. Wem der Sinn nach mehr steht, sollte auf der Hauptstraße bleiben, denn sie wird ihn schnell aus Ashanar herausbringen.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
     
    »Ich habe etwas mitzuteilen!«
    Soldaten, Händler und Bauern drehten sich zu Daneel um. Der Gaukler stand auf einer Holzbank und hatte die Arme erhoben.
    »Es wird eine Vorstellung geben!«, rief er. »Dichter, Artisten und Spielleute werden um Eure Gunst buhlen. Macht euch bereit, denn sobald die Sonne vollends gesunken ist, werdet ihr Dinge erblicken, die ihr nie für möglich gehalten hättet.«
    Jonan ließ seine Schwerter los. Ana bemerkte es aus den Augenwinkeln. Ihre Anspannung löste sich langsam. Daneel wandte sich von ihr ab, drehte sich, während er fortfuhr: »Und das Beste, meine Freunde: Ihr könnt selbst wählen, was ihr zu zahlen bereit seid, ob ein Kupfer« – er zeigte auf eine Bäuerin, die auf einem Karren saß und Garn auf einer Handspindel sponn – »oder ein paar Äpfel« – er nickte einem kleinen Jungen zu – »oder einen Kuss.« Tief verneigte er sich vor einer Frau mittleren Alters, die errötete und das Gesicht abwandte. Ana sah, dass sie lächelte.
    »Es liegt an euch!«, rief Daneel. »Nur den Soldaten werden wir diese Entscheidung nicht überlassen. Wir verbieten ihnen« – er machte eine Pause und salutierte übertrieben –, »überhaupt etwas zu bezahlen. Es ist uns eine Freude, euch einzuladen.«
    Der Kommandant schlug mit der flachen Klinge seines Schwertes gegen seinen Schild. »Und uns«, rief er laut, »wird es eine Freude sein anzunehmen.«
    Seine Männer hoben ihre Lanzen oder schlugen ebenfalls gegen ihre Schilde. Die Menschen, die sie eben noch bedroht hatten, begannen zu applaudieren. Ana war überrascht, wie schnell die Stimmung umschlug. An den Toten im

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