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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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wirklich glaubt, er hätte eine Chance gegen mein Heer, soll er es ruhig ausprobieren.«
    Das riesige Weißauge drehte sich im Sattel und sah sie nun direkt an. »Ich habe acht Elite-Legionen in der Nähe, die jeden Angriff auf meine Person abwehren werden. Sie sind allesamt gelangweilt und brennen darauf, endlich an einem Kampf teilzunehmen.«
    Die junge Frau sank im Sattel zusammen und war sehr froh, als sie ihrem Pferd die Sporen geben und den Menin vorausreiten konnte.

    »Ich denke, sie wird sich an diese Nachricht sehr gut erinnern«, sagte Styrax lachend. »Oberst Bernstein? Bote Karapin?«
    »Ja, Herr«, antworteten sie zugleich. Bernstein musterte Karapin aus den Augenwinkeln und spürte einmal mehr seine Sympathie für diesen Mann. Er war ein humorloser Kerl von etwas mehr als vierzig Sommern, wovon er die Bronzearmschienen der Boten mindestens dreißig Sommer getragen hatte. Bernstein wusste nicht, ob es Karapin bewusst war, warum gerade er Kardinal Sourl die Nachricht überbringen sollte – und nicht ein Soldat von Bernsteins Statur. Leider war es bei den Geweihten üblich, Boten hinzurichten, die eine Drohung überbrachten. Da Sourl sich heutzutage eher auf seinen religiösen und nicht auf seinen militärischen Titel berief, war eine bedachte Reaktion vermutlich zu viel verlangt.
    »Überbringt Akell und Byora die gleiche Nachricht. Ich sehe euch morgen.«
    Die beiden salutierten und lösten sich von der kleinen Gruppe. Gemeinsam ritten sie schweigend nach Nordwesten, und das Klappern der Rüstungen blieb hinter ihnen zurück.
    Bernstein konnte die Augen nur mit Mühe auf der Straße halten. Je näher sie kamen, umso stärker bestimmte der Berg den Horizont und desto schwerer wurde es, nicht anzuhalten und den gewaltigen Klotz anzustarren.
    Es war offensichtlich, woher der Berg seinen Namen hatte. Schwarzzahn sah wie ein gewaltiger verfaulter, abgebrochener Zahn aus. Es war ein hässlicher Stumpf mit nur einem winzigen Gipfel, wenn man es überhaupt so nennen konnte, der hinter der Klippenwand aufragte, an die Ismess sich drängte. Der Rest des Berges bestand aus scharfkantigen Zacken, die so wenig Leben einen Platz boten, dass eine Wüste im Vergleich dazu geradezu übervölkert erschien.
    Nur hinter Ismess bot sich ein anderer Anblick als schwarzer,
toter Fels: eine einzelne schlanke Spitze, die man auf den ersten Blick für einen Turm von gewaltiger Größe halten konnte. Sie überragte das Tal, in dem sich die Bibliothek der Jahreszeiten befand. Bernstein wusste über die Bibliothek wenig, nur, dass sie angeblich eine Sammlung gelehrter Schriften enthielt, die im ganzen Land einzigartig war. Sie war zusammengetragen worden, als die Litse noch die vorherrschende Macht in dieser Gegend gewesen waren.
    »Karapin?«, fragte Bernstein und erschreckte den Heeresboten damit. »Habt Ihr die Truppen Lord Larims gesehen? Warum hat er wohl Regimenter der zehnten Arohat mitgebracht?«
    »Ich glaube nicht, dass es uns ansteht, Lord Styrax’ Befehle zu hinterfragen, Oberst«, antwortete Karapin ernst. Sein schwerer Akzent erinnerte an Lord Styrax. Sie stammten beide aus den äußeren Landstrichen, außerhalb des Feuerrings, der das Kernland der Menin umgab.
    Im Geiste entschuldigte sich Bernstein bei Karapin. Der Mann war kein Dummkopf, vermutlich wusste er auch, dass dies ein Selbstmordkommando war, aber er hatte die Aufgabe mit Freude übernommen – oder was bei ihm als Freude durchging. Denn die Männer aus Lord Styrax’ Heimat zeigten eine Treue, die nicht einmal der hingebungsvolle Oberst Bernstein gänzlich nachvollziehen konnte.
    »Ich wollte sie nicht infrage stellen«, sagte er versöhnlich. »Ich möchte nur verstehen, was sie von uns erwarten. Die Cheme-Legionen waren jahrelang seine Elite. Er hat uns stets seinen Schutz anvertraut. Ich habe nicht gehört, dass sich das geändert hätte.«
    »Was wollt Ihr damit sagen, Oberst?« Karapin hielt den Blick auf die Gebäude gerichtet, die vor ihnen lagen. Sie hatten den Grenzstein, der den Übergang von Ismessland nach Byora markierte, vor einigen Minuten passiert. Jetzt sahen sie Bauernhäuser, die um eine viereckige Festung verteilt lagen. Bisher waren
keine Soldaten in Sicht, aber sie wussten, dass sie bald gestellt werden würden.
    »Ich will damit sagen, dass unser Lord nichts ohne Grund tut«, sprach Bernstein seine Gedanken aus. »Es muss einen Grund dafür geben, dass er sich nicht von seinem besten Regiment in die Stadt begleiten

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